40. Kapitel- Darf ich?

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Mein Puls raste, als meine Schritte immer hastiger wurden und ich letztendlich am Geschäft ankam. Kaum noch, drang die Luft zu meinen Lungen hervor. Meine Kehle war trocken, mein Brustkorb hob und senkte sich viel zu rasch. Völlig aus der Puste blickte ich durch das strahlend saubere Schaufenster und vermochte kaum das Ziffernblatt der Uhr zu lesen, so düster war es, trotz der Morgensonne, in dem alten Gemäuer, dass ich liebevoll mein zweites Heim nannte. Ich stützte meine Hände an dem braun-spröden Rahmen der Tür ab und brauchte einen Moment, um wieder etwas zu Atem zu kommen. Außergewöhnlich sportlich war ich ja noch nie gewesen, doch dies hier war schon eine kleine Schande für sich. Von nun an, so schwor ich mir, würde ich morgens nie wieder so trödeln. Doch der Grund, ich hielt Inne, der war schon ein beträchtlicher. Immerhin hatte er sogar einen Namen mit Bedeutung. Kai, mein bester Freund. Er ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf, was ich auch tat, er blieb und verwirrte meine Sinne. „Darf ich?" Erschreckt fuhr ich zusammen und wand mich um. Alex stand vor mir, seine schwarzen Haare ordentlich zurechtgemacht, mit einem weißen Hemd bekleidet und einem Schlüsselbund in der Hand. Ich, mit meinen 'Haaren'- wenn man diesen Busch heute überhaupt so zu nennen vermochte- konnte da kaum mithalten. Fragend sah der Riese zu mir hinab und ich schluckte schwer. 'Darf ich?' hallte seine Frage in meinen Ohren. Was meinte er? Noch während ich mich das fragte, trat er einen weiteren Schritt auf mich zu und stand nun dicht an mir. „Darf ich nun bitte einmal?" Ich spürte, wie ich regelrecht erstarrte. Wollte er mich etwa küssen?! Mit glühend roten Wangen, blickte ich zu ihm hinauf und wagte es nicht, auch nur einen Ton von mir zu geben. Dabei dachte ich, das gestern war von ihm wirklich nur ein lieb gemeinter Aufmunterungsversuch gewesen, doch schien es ganz anders. Er wollte mich k...küssen? Hier auf offener Straße, wo uns jeder zusah? Nein, das wäre doch dann schlecht für den Ruf des Ladens, oder? Der Chef würde darunter leiden und die Verkaufszahlen erst recht. Man musste nicht gerade den Master-Abschluss haben, um zu wissen, dass so etwas wie Homosexualität in so einer Stadt, wie dieser, nicht gern gesehen war. Ich biss mir auf die Unterlippe. Homosexu...? Was dachte ich da überhaupt?! Ich war doch nicht schwul, oder? „Isaac?!", riss mich Alex zurück in die Realität und blickte Stirnrunzelnd zu mir hinab. „Darf ich jetzt bitte an die Tür? Wir öffnen gleich!" Meine Augen weiteten sich ein Stück. An die Tür? Es dauerte einen Moment, bis ich verstand. Ich musterte ihn- noch immer unter Schockstarre stehend- abermals und erkannte den Schlüssel seiner Hand als Gegenstück zu dem Schloss unserer Ladentür. Oh Gott, nein oder?! Dann wollte er mich gar nicht küssen, sondern einfach nur die Tür aufschließen?! Feuerrot im Gesicht, trat ich einen Schritt beiseite und senkte meinen Kopf vor Scham. Oh nein! Wie konnte ich nur so etwas Dummes denken?! Ein Glück, hatte Alex es nicht bemerkt, sonst wäre das ja wohl noch peinlicher gewesen!!
Nun war die Tür geöffnet und wir betraten den Laden. Rasch stellten wir die Aufsteller vor die Tür und bereiteten alles für die Kunden vor. Allmählich hatte ich sogar meine Fassung wieder erlangt und räumte nun neugierig die Neuerscheinungen in die Regale. Eine der Vorteile, in einem Buchladen zu arbeiten? Man wusste immer, welche Bücher neu erschienen waren und konnte schon einmal einen Blick hinein riskieren. So erfreute ich mich also an den neuen Bänden meiner Lieblings Autorin, während Alex seine Jacke an die Garderobe hängte. „Isaac, wie geht das mit der Kasse nochmal?" Ich sah auf und legte den Kopf schief. Was? Nickend erhob ich mich, lief auf ihn zu und begann damit, meinem neuen Kollegen die Technik der Kasse zu erklären „Dann drückst du einfach diesen Knopf.", meinte ich und wollte es gerade vorführen, da berührte mein Finger den von Alex. Er hatte im selben Moment auf die Taste gedrückt, sodass ich schnell meine Hand zurück zog und mich abwandte. „Ja, ehm, das war dann auch schon alles, was man über dieses Ding wissen muss. Ach so und weil der Chef am Wochenende kaum Zeit hat, werden die Einnahmen von Samstag, sowie Sonntag erst Montagabend ausgewertet und der Kasse entnommen." Ich betrachtete ihn nicht, doch spürte ich, wie Alex mich ansah. Sein Blick durch drang meinen gesamten Körper und sorgte dafür, dass mir warm wurde. Die Stimmung zwischen uns war seltsam angespannt und auch, wenn ich wusste, dass er das eben mit der Berührung nicht mit Absicht gemacht hatte, so war es doch unangenehm für mich. „Ich bin kurz im Bad.", meinte Alex und verschwand augenblicklich, ließ mich stehen. Oh Gott! Ich wischte mir mit dem Handrücken übers Gesicht. Was war nur mit mir los?! Da sprang plötzlich die Tür auf, so stark, das sogar die kleine Glocke abgerissen wurde und laut klirrend auf den Boden fiel. Ich zuckte zusammen und wollte schreien, doch es war zu spät. „Gib uns alles was du in der Kasse hast!", brüllten mir zwei riesige Männer, mit schwarzen Skimasken entgegen. In ihren Händen trugen sie Säcke und ein Messer. Ich erblasste und Tränen stiegen mir in die Augen. Mein Körper war erstarrt vor Angst und ich rang um Luft. „Na los, mach endlich!", schrien sie und der eine zückte eine Waffe. „Oder sollen wir es uns holen kommen?!", grinste er mir entgegen und schoss in eines der Bücherregale.
Abermals zuckte ich zusammen, biss mir auf die Unterlippe und merkte, wie die Tränen an meinen Wangen hinab liefen. Ich schielte zum Bad hinüber. Oh bitte, Alex, hilf mir! Ich will nicht sterben!

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt