Ich taumelte durch die menschenleeren Straßen. Ein Glück kannte ich den Weg zu seinem Haus so gut, dass ich ihn auch schlafend und mit vierzig Fieber hätte gehen können. Mein Körper zitterte so stark, dass ich nicht mal hätte ein Glas halten können. Die Temperaturen waren wirklich stark gesunken, scheiße war das, doch ich achtete nicht darauf. Die Wut trieb mich an. Ich selbst erkannte mich gar nicht wieder, doch auch das war mir egal. Alles war mir egal.
Ich blickte zum Nachthimmel hinauf. Sterne und der Mond, das übliche eben, nur diesmal konnte ich mich gar nicht recht dafür begeistern. Es nervte mich eher. Wie oft hatte ich mit Kai in den Sternhimmel geschaut? Dumme Sterne!
Ich übersah eine Bordsteinkante und stolperte prompt. Mit den Händen fing ich mich auf und meine Knie schlitterten über den Asphalt der Straße. Hatte ich ein Glück, dass gerade kein Auto kam.
Schnell wollte ich hoch stehen, doch von Eile konnte keine Rede sein, denn immer wieder fiel ich zurück. Aufstehen war wirklich schwer. Schließlich schaffte ich es und schleppte mich auf den Fußweg. Meine Hände bluteten nur ein wenig, doch meine aufgeschürften Knie ziemlich doll. Kein Wunder, ich trug ja nicht einmal eine Hose, die lang genug gewesen wäre, um die Knie zu schützen. Meine Beine brannten, doch ich lief einfach weiter. „Bald da!", sagte ich mir selbst immer wieder und biss die Zähne zusammen.
Allmählich wurde mir sogar übel, doch dafür hatte ich jetzt gar keinen Nerv. Ich ignorierte das komische Gefühl in meinem Bauch, sowie in meiner Kehle stur und kam bald darauf endlich an Kais Wohnung an. Ohne nachzudenken klingelte ich einmal überall und wartete darauf, dass mir geöffnet wurde. Viele sahen aus dem Fenster- alte Leute- und riefen herab, was ich mir dachte, um diese Uhrzeit noch zu klingeln. Ich zeigte ihnen nur den Mittelfinger und hoffte damit war dann Ruhe. Tja, falsch gedacht. Einer der bereits Halbtoten riss die Haustür auf und brüllte mich einfach an: „Verschwinde, sonst rufen wir das Polizei!" Der war anscheinend kein Deutscher oder so einer, der die Sprache nie richtig verstanden hatte. „Die!", schrie ich ihn an und stützte mich an der Hauswand ab. „Was?!" Sein Stimme versprühte Aggressionen, dabei hatte er doch gar keinen Grund! Ich half diesem armen fast-Zombie doch nur, ihm die deutsche Sprache nah zu bringen. „Lesen Sie 'mal ein Buch! Würde Ihren nicht vorhandenen Sprachkenntnissen sicher helfen!", keifte ich, da packte der Opi mich ja tatsächlich am Kragen. Was erlaubte der sich?!
„Sir, dieser Junge gehört zu mir. Bitte verzeihen Sie sein Auftreten. Er ist sonst nicht so. Bitte, ich kümmere mich um ihn.", sprach plötzlich eine Stimme, so ruhig und warm, dass meine Wut für einen Moment wie weggeblasen war. Kai trat zu dem Mann, schob ihn sanft von mir weg und nahm mich am Arm. „Unerhört!", meckerte dieser Fremde weiter und ich rollte genervt mit den Augen. „Verzeihen Sie.", nickte Kai nochmals und zog mich dann hinter sich her ins Haus. Ein Glück wohnte er im Erdgeschoss, sodass ich nur die drei Treppenstufen im Eingangsbereich steigen musste und kurz darauf in seiner Wohnung stand. „Was verdammt willst du um drei Uhr morgens vor meinem Haus?", fragte er seufzend und ließ sich auf sein Sofa fallen. Er hatte schon geschlafen? Pah! Konnte mir ja auch egal sein! Ich musste mich an den Grund für mein Erscheinen hier erinnern. Seine Frage war mir egal! Eine Antwort bekam dieser Typ ganz sicher nicht von mir!
Kai sah an mir hinab. „Bist du hingefallen? Komm, ich verbind dir das erstmal.", meinte er und hielt mir die Hand hin, doch ich schlug sie weg.
„Wieso lässt du mich allein?! Du bist so ein schlechter Freund! Gehst einfach ohne etwas zu sagen! Es tut so weh, aber das ist dir ja egal! Ich hasse dich!!", platze es einfach aus mir heraus und die Tränen begannen ungehindert an meinen Wangen hinabzulaufen. Geschockt starrte er mich an und war anscheinend nicht fähig, etwas zu entgegnen. Ich wusste, wie sehr ich ihn mit meinen Worten verletzt hatte, doch ich wollte ihm wehtun. Er hatte mir auch so verdammt weh getan. Ich wollte, ihn meinen Schmerz spüren und verstehen lassen, nur ein einziges Mal. „Isaac, es..." Ich sah zu ihm aufs Sofa hinab, konnte es kaum glauben. Er weinte?! Kai weinte! Noch nie hatte ich ihn so gesehen, egal was geschehen war. Er war immer der Starke gewesen, doch nun? Schlagartig tat es mir leid. „Entschuldige, ich hab's nicht so gemeint, wirklich!", schluchzte ich und merkte, wie mir schwindelig wurde. Das war alles zu viel. Dabei wollte ich ihm nur zeigen, wie sehr ich ihn doch brauchte. Ich wollte ihm zeigen, wie wütend ich war, wie verletzt, wie hilflos ohne ihn.
„Nein, mir tut es leid. Ich war egoistisch, wollte mich schützen. Dabei hab ich dich ganz vergessen, aber... ich konnte das einfach nicht mehr! Isaac, gerade weil du mir so wichtig bist! Ich hab es nicht mehr ausgehalten! Ich wollte nichts kaputt machen!"
Ich verstand seine Worte nicht, nicht einmal ansatzweise. Was wollte er denn damit sagen? Kai verwirrte mich!
Ich setzte zum Sprechen an. Wollte ihm sagen, dass er mir auch viel bedeutete, dass ich nicht ohne ihn sein wollte. Ich wollte ihn doch nur bei mir haben! Doch bevor ich auch nur ein Wort davon sagen konnte, zuckte ich schon zusammen. Mir wurde plötzlich so übel und ich konnte es nicht halten, erbrach vor meinem Freund, auf den Boden seines Wohnzimmers. Verdammt! Ich hielt mir den Bauch und fiel auf die Knie. Sofort sprang Kai auf und hielt mich an den Schultern fest. „Isaac! Isaac, hörst du mich?!" Doch ich konnte nichts antworten. Alles drehte sich um mich und mir wurde ganz schwarz vor Augen.
Ich verlor das Bewusstsein, doch seine starken, eiskalten Hände hielten mich fest.
Die wurden immer kalt, wenn er nervös war.
Die wurden immer kalt, wenn er mich berührte.
DU LIEST GERADE
Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡
RomanceIm Leben des jungen Isaac war nichts unvorhersehbar. Er war ein einfacher, doch glücklicher Mann, der seinen Traumberuf gefunden und gute Freunde an seiner Seite zu wissen, hatte. Eigentlich gab es nichts, was ihn in seiner Ruhe hätte stören können...