Ausgelaugt knalle ich die Akte auf meinen Schreibtisch und lasse mich im selben Moment auf meinen Schreibtischstuhl fallen. Ein genervtes Stöhnen kommt aus meinem Mund und ich wünschte, ich hätte bereits Feierabend.
"Na? Scheiß Tag?".
Ich fahre mit meinen Händen über mein Gesicht, bemerke dabei meinen, mittlerweile mehr, als Drei-Tage-Bart und sehe zu meinem Kollegen Liam. "Kannst du laut sagen".
Mein Blick gleitet zur Kaffeemaschine und wie als wenn Liam meine Gedanken lesen kann, steht er auf und macht uns zwei Tassen fertig. Dankend nehme ich die dampfende Flüssigkeit wenig später an und schließe genüsslich meine Augen, während ich den ersten Schluck nehme. Mein Überlebenselixier.
"Ich verstehe einfach nicht, wie man einen Ladendiebstahl abstreiten kann, obwohl die Kamera alles aufgenommen hat. Ich meine, der Depp hatte ja nicht mal eine Maske auf. Es ist klar und deutlich zu erkennen, wie er versucht den DVD-Player unter seiner Jacke zu verstecken. Aber nein! Er war es nicht."
Mein Kollege schmunzelt und nimmt ebenfalls einen Schluck Kaffee. "Manche Menschen glauben tatsächlich, dass, wenn sie immer bei einer Meinung bleiben, dass es dann auch so ist."
In diesem Fall sprechen aber alle Beweise gegen ihn.
"Er will jetzt auf einen Anwalt warten." Ich verdrehe meine Augen und gebe ein genervtes "Pff" von mir. "Soll er doch. Der Anwalt kann ihm auch nicht helfen."Nach meinem Kaffee nutze ich die Wartezeit und gebe einige Akten in die Datenbank ein. Ein Teil meines Jobs, den ich wirklich hasse. Schreibkram war noch nie wirklich meins. Viel lieber bin ich auf Streife, aber ab und an ist man halt an seinen Schreibtisch gefesselt.
"Ich werde es machen", höre ich Liam neben mir sagen und somit bekommt er wieder meine Aufmerksamkeit. "Hm?" - "Niall. Ich werde ihn fragen. Dieses Wochenende".
Schmunzelnd schüttele ich meinen Kopf. "So wie du es die letzten zwei Wochenenden machen wolltest?". Mein Kollege und mittlerweile bester Freund wird rot und senkt seinen Blick. "Es war eben nicht der richtige Moment".
Leise lache ich auf, sage aber weiter nichts dazu. So geht es nämlich schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Er möchte seinem Lebensgefährten einen Antrag machen, plant alles und am Ende zieht er es dann doch nicht durch. Dabei verstehe ich sein Problem nicht. Niall würde niemals nein sagen. Insgeheim wartet der Ire nur auf die Frage aller Fragen, doch mein bester Freund hat einfach nicht genug Eier in der Hose. Keine Ahnung, wovor er Angst hat, aber einen Korb kassiert er sicherlich nicht. Da würde ich meine Hand für ins Feuer legen.
Das Klingeln von meinem Telefon unterbricht unsere Unterhaltung und schnell nehme ich ab, werde von der Empfangsdame aufgeklärt, dass der Anwalt nun eingetroffen ist.
"Danke May".
Mein Blick geht zu Liam, als ich aufstehe und meine Akte an mich nehme. "Ich bin dann mal im Verhörraum".Stunden später habe ich endlich Feierabend. Es ist bereits nach 21 Uhr und ich habe mehr Überstunden gemacht, als geplant. Mein Rücken schmerzt und meine Laune ist definitiv im Keller.
Meinen Wagen steuere ich durch den Verkehr und merke gegen meine Erwartungen keinerlei Müdigkeit. Ich stehe unter Strom, bin noch viel zu wach, um mich jetzt auf mein Sofa zu hauen und schlafen zu gehen.
An einer roten Ampel fällt mir eine Bar ins Auge, die auf der anderen Straßenseite zu sehen ist und kurz überlege ich, parke dann meinen Wagen auf einem freien Parkplatz. Ein Absacker wird nicht schaden. Vielleicht hilft mir ein Bier dabei, endlich etwas herunterzukommen.In dieser Bar war ich noch nie. Normalerweise gehe ich in die Kneipe, die bei mir um die Ecke ist. Ich kenne den Besitzer und der Weg nach Hause ist nicht weit. In diese Ecke verschlägt es mich selten. Hier fahre ich eigentlich immer nur mit dem Auto durch, wenn ich zur Arbeit möchte, oder eben nach Hause. Wirklich angehalten habe ich hier noch nie. Dennoch muss ich feststellen, dass diese Bar um einiges schicker ist, als meine Stammkneipe. Alles ist in Schwarz und Gold gehalten, die Barhocker haben einen edlen Lederbezug und auf dem Tresen ist nicht ein Tropfen verschütteter Alkohol zu erkennen. Zudem ist die Musik in einer angenehmen Lautstärke. Nicht zu leise, aber auch nicht so laut, dass man sich nicht unterhalten kann. Die Preise hier sind sicherlich eine andere Hausnummer.
Ich setze mich auf einen Barhocker am Tresen, lasse meinen Blick kurz schweifen und entscheide mich dann gegen Bier. Irgendwie fühlt es sich falsch an und so wie der Laden hier aussieht, bekomme ich es eh nicht in einer Flasche. Und Bier aus Gläsern schmeckt in meinen Augen einfach nur ekelhaft.
"Was darf es sein?", möchte ein junger Mann von mir wissen und mustert mich. Er trägt eine schwarze Schürze mit dem goldenen Logo des Ladens. Neugierig mustert er mich, wartet auf eine Antwort. Meine Augen huschen über die Regale hinter ihm, die Logos der verschiedenen Flaschen kommen mir nicht alle bekannt vor. Sicherlich gibt es hier viele Sorten, die ich nicht kenne. Wobei ich mich da auch wirklich nicht gut auskenne. So oft trinke ich dann doch nicht und wenn, dann vorzugsweise Bier.
"Ich hätte gerne einen Scotch."
Nickend dreht der Typ sich um, deutet auf drei Flaschen und sieht mich fragend an. Unentschlossen zucke ich mit den Schultern, entscheide mich dann für den in der Mitte und hoffe einfach, das dieser schmeckt.
"Sie waren noch nie hier, oder?", möchte der Barmann wissen und schiebt mir mein Glas auf einer edlen Servierte vor die Nase. Dankend nehme ich es an, schüttele dann meinen Kopf. "Nein. Ich habe die Bar durch Zufall entdeckt."
Ich nehme einen Schluck und merke das angenehme Brennen in meinem Hals. Ein Drink ist jetzt wirklich genau das Richtige.
Mein Blick schweift einmal durch den Laden, dann sehe ich wieder auf mein Glas und gehe in Gedanken meinen heutigen Fall durch. Der verwöhnte, kleine Mistkerl hat natürlich von seinem Papi den Superanwalt bekommen. Und besagter Superanwalt möchte das Überwachungsvideo anzweifeln, aber das liegt nun nicht mehr in meiner Hand. Dieser Fall wird vor Gericht geklärt, ich bin damit raus."Was sagt ein Polizist zu seinem Sohn, wenn er ihn mit einem Löffel füttern will?".
Irritiert sehe ich zur Seite. Ein Mann hat sich neben mich gestellt und sieht mich belustigt und auffordernd an. Fragend ziehe ich meine Augenbrauen in die Höhe, als der Mann auch schon loslacht. "Aufmachen! Polizei!".
Der mir Fremde prustet los, lacht über seinen Witz so sehr, dass ihm die Tränen kommen und auch wenn dieser Witz überhaupt nicht lustig ist, ich ihn schon tausendmal gehört habe, legt sich ein kleines Schmunzeln auf meine Lippen.Dieses Lachen ist einfach ansteckend.
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Der Kunsthändler
FanfictionDie Polizei ist schon eine lange Zeit auf der Suche nach dem Kunstdieb "Picasso". Leider kann er jedes Mal aufs Neue unbemerkt vom Tatort verschwinden und hinterlässt eine exakte Kopie der Gemälde, die er an sich nimmt. Kunsthändler und Experte Har...