Die Erlösung ist hier, meine Kinder!

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Liam ist komplett begeistert von der Idee, gemeinsam einen Spieleabend zu machen. Ich weiß nicht, ob Niall ihn damit angesteckt hat, oder ob dieser ganze Kram auf seinem Mist gewachsen ist und er Niall lediglich vorschiebt.

Ich trinke gerade den letzten Schluck meines Kaffees, als die Tür zum Revier aufgeht und ein brünetter Ire hineinspaziert.
"Die Erlösung ist hier, meine Kinder!", ruft Niall freudestrahlend und stellt einen schweren Korb auf Liams Schreibtisch.
Das lockt nun auch Mike und Scott aus ihrer Ecke, die freudestrahlend das Mitbringsel anschauen und es anscheinend kaum erwarten können, den Inhalt zu erfahren.
"Da Liam so dumm war und heute euer Essen vergessen hat, musste ich es euch noch vorbeibringen. Ich kann ja nicht verantworten, dass ihr armen Leute verhungert."
"Kann ja mal passieren", brummt mein bester Freund beleidigt und zieht seinen Freund in seine Arme. "Ich war eben abgelenkt."

Niall grinst und öffnet dann den Korb, nachdem er sich aus Liams Klammergriff wieder befreit hat.
"Ich serviere: Rindergulasch mit Kartoffeln, als Nachspeise Vanillemuffins und gefüllte Schokoladentörtchen."
"Ohne Scheiß, Liam, dieser Mann ist das Beste, was dir in deinem Leben passieren konnte", nuschelt Mike und sieht die Vanillemuffins begierig an. Er liebt diese Dinger.
"Brauchst du mir nicht zu sagen."
Liebevoll lächelt mein bester Freund den Iren an, ehe er ihn sich einfach an sich heranzieht und ihm einen Kuss gibt.
"Ach, die Liebe", kichert May, zieht aber im selben Moment die Stirn kraus und drückt sich ihr Headset dichter an das Ohr. Sie verschwindet ans Telefon und lässt mich vermuten, dass wir mit dem Essen noch warten müssen.

Wir müssen warten.
Anscheinend hat Harry heute Nacht wieder Langeweile und tauscht fröhlich Bilder hin und her.
Als wir an der Galerie ankommen, werden wir bereits erwartet und als wir zwei exakt identische Gemälde sehen, sind wir mittlerweile nicht mal mehr überrascht.
Ich am wenigsten.

"Gut, nehmen wir sie beide mit. Styles kann dann in seiner Firma entscheiden, welches das Original und welches die Fälschung ist", beschließt Liam und wendet sich an den Galeristen.
Inzwischen rufen wir Harry nicht mehr bei jedem Tausch an. Sobald wir zwei Gemälde haben, nehmen wir sie mit und lassen sie am Folgetag abholen, damit die Firma sich drum kümmern kann.
Lediglich, wenn wir nur ein Gemälde haben, muss der Lockenkopf antanzen und entscheiden, ob es sich um eine Fälschung handelt.
Gott sei Dank hat das alles bald ein Ende.
Hoffe ich.

Gerade, als wir den Kofferraum schließen, meldet sich May erneut.
Ein weiterer Tausch hat stattgefunden und innerlich verdrehe ich meine Augen. Reicht ihm jetzt einer pro Nacht nicht mehr aus? Will er die letzten Tage vollkommen auskosten?

Kaum sind wir die wenigen Straßen weiter in dem Museum angekommen, steht bereits eine ganze Horde an Mitarbeitern bereit, die allesamt diskutieren, wie dieses Dilemma passieren konnte.
Es interessiert mich herzlich wenig und so überlasse ich Liam die Aufgabe, die Aussagen aufzunehmen und packe stattdessen gemeinsam mit dem Museumsleiter die Gemälde ein.
Wieder zwei Stück.
Den Post-it mit dem Smiley ignoriere ich.

Ich komme gerade mit den Gemälden im Schlepptau im Erdgeschoss an, da knackt mein Funkgerät und Mays Stimme erklingt erneut.
"Leute... heute will er es wissen", brummt sie und klingt alles andere als erfreut.
Ich kann ihre Laune verstehen. Wenn er gerade vor mir stehen würde, würde er sein blaues Wunder erleben.

Vier Blocks weiter, in der nächsten Galerie, stehen erneut zwei Gemälde.
Wenn ich nach Hause komme, kann er was erleben.
Oh.
Nach... Hause?
Ich schüttele meinen Kopf.
Harrys Villa.
Harrys Villa, Harrys Villa, Harrys Villa!

"Alles okay?"
Liam sieht mich skeptisch an, doch ich bin von meinen eigenen Gedanken vollkommen durcheinander.
Seit wann bezeichne ich Harrys Haus als mein Zuhause?
Habe ich das schon öfter getan?
Und wieso fühlt es sich so toll an?
Nein!
Ich bin sauer auf ihn.
S-A-U-E-R!
Verdammte Hormone.

"Lou?"
"Ja... ich... alles supi."
Liam glaubt mir nicht, aber wir werden Gott sei Dank von einem dicklichen Wachmann unterbrochen, der diese Gemälde so schnell wie möglich aus dem Gebäude haben will.
Bevor wir sie in die dafür vorgesehenen Kisten packen, entdecken wir erneut einen Post-it.
Mit einem Herz.
Einem Herz!!!!
"Was soll das denn jetzt?", möchte Liam verständlicherweise wissen und ich zucke lieber schnell meine Schultern.
Schnell beuge ich mich über die Transportkiste, damit Liam mein Lächeln nicht sieht.
Denn auch wenn ich sauer bin, bringt dieses beschissene Herz die Schmetterlinge in mir zum Fliegen.

Stunden später schließe ich die Eingangstür zu... Harrys Villa auf.
Harrys Villa!
Sein Zuhause.

"Oh, Louis, willkommen und guten Morgen", werde ich von Norma begrüßt, die mir meine Jacke abnimmt und mich in die Küche führt. "Harry lässt sich entschuldigen, aber er musste heute sehr früh raus, da er an einer Auktion teilnehmen muss. Der Arme hat schon die ganze Nacht gearbeitet und kam erst um halb vier nach Hause. Und jetzt musste er schon wieder los. Meine Güte, irgendwann arbeitet er sich noch zu Tode."
"Hoffen wir mal, dass es sich bald ändern wird", murre ich und schnappe mir die Schale mit Erdbeeren, die Norma mir auf den Tisch gestellt hat. Auf Kaffee verzichte ich lieber. Den hatte ich heute Nacht viel zu viel und ich möchte gleich gerne einige Stunden schlafen, ehe ich meinem Freund den Kopf abreiße, sobald er zu Hause ist.

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