Schwäche für Uniformen

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Der Fremde bekommt sich irgendwann wieder ein und mustert mich mit einem amüsierten Blick. 
"Also, was macht ein Officer in dieser Bar?", möchte er wissen und lässt mich überrascht schauen. Woher weiß er, dass ich Polizist bin? Meine Uniform habe ich bereits im Revier gegen meine Straßenkleidung getauscht.
Der mir Unbekannte scheint meinen überraschten Blick richtig zu ordnen und nimmt einen Schluck aus seinem Glas, ehe er beginnt zu erklären.
"Es ist offensichtlich. Alleine schon Ihre Körperhaltung. Zudem schauen Sie sich andauernd um und haben diesen wachsamen Blick. Also entweder sind sie Polizist, oder ein Verbrecher und wie Letzteres sehen Sie einfach nicht aus."
"Sie haben mich beobachtet?".
"Verübeln können Sie es mir nicht." Ein Grinsen huscht über seine Lippen, dann dreht er sich zum Barmann um und ordert ein neues Getränk. Ich nutze die Gunst der Stunde und ordere ebenfalls einen zweiten Scotch.
"Also...kommt ein Polizist in eine Schwulenbar...", beginnt er, bricht dann aber ab und lacht leise. "Tut mir leid, dazu kenne ich leider keinen Witz".
Schwulenbar?
"Ach kommen Sie, Officer. Haben Sie nicht bemerkt, in was für einer Bar wir uns hier befinden?".
Erneut huscht mein Blick durch den Laden und tatsächlich - der Männerüberschuss ist wirklich nicht zu leugnen.
Unsere Getränke werden vor uns abgestellt und dankend schiebe ich mein leeres Glas über den Tresen. Sofort greife ich nach dem vollen Scotch und trinke einen Schluck, während ich den Fremden mustere. Gut sieht er ja aus, auch wenn sein Kleidungsstil etwas gewöhnlich ist. Auffallend, schrill und extravagant, doch irgendwie steht es ihm und das macht vermutlich den Reiz an diesem Mann aus.
Ich trinke einen weiteren Schluck und lasse meinen Blick schweifen, als ich bei einem schwarzhaarigen Mann hängen bleibe, der mich so ansieht, als wenn er mir jeden Moment eine Kugel durch den Kopf jagen würde. Mein Körper spannt sich automatisch an und meine Hand gleitet wie gewohnt auf meine linke Seite, wo sich allerdings nicht meine Dienstwaffe befindet. Macht der Gewohnheit.
"Durch und durch Polizist, was?", möchte der Fremde wissen, lacht leise und sieht auf meine Hand, die noch immer auf der Stelle liegt, wo sich bei meiner Uniform das Holster befindet.
"Aber ich kann Entwarnung geben. Dieser Mann dort kann nicht mal eine Spinne töten." - "Ihr Freund?", möchte ich wissen und kann mir nicht erklären, warum der Schwarzhaarige uns so ansieht. Es sei denn, er ist der Lebensgefährte des Lockenkopfes neben mir und kocht innerlich gerade vor Eifersucht. Dann wiederum kann ich seinen Blick verstehen.
"Bester Freund mit einem enormen Beschützerinstinkt."
"Verstehe". Nickend nehme ich einen neuen Schluck und wende meinen Blick wieder zu dem Mann neben mir. "Außerdem hat er eine Abneigung gegen Polizisten."
Erneut hebe ich meine Augenbrauen, doch auf dem Gesicht des Lockenkopfes breitet sich nur ein süffisantes Grinsen aus. 
"Eine Abneigung, die ich nicht teile, Officer. Ich hätte bei aller Liebe nichts dagegen, wenn Sie mich in Handschellen legen." Schmunzelnd erwidere ich seinen Blick. Er will flirten? Gut, warum nicht. 
"Habe ich denn einen Grund, Sie in Handschellen zu legen?", möchte ich wissen und lasse meinen Blick noch einmal über seinen Körper gleiten. Er ist wirklich äußerst attraktiv.
Der Fremde tritt einen Schritt näher an mich heran. Ich rieche sein Parfum und in meinen Fingerspitzen beginnt es zu kribbeln. Vielleicht ist dieser Tag doch nicht so beschissen, wie bisher angenommen.
"Nun, wenn ich deswegen eine Straftat begehen muss, dann würde ich das in Kauf nehmen. Aber bevor Sie mich abführen, sollten Sie vielleicht eine Leibesvisitation durchnehmen."
Ich muss schlucken, als auch der Rest in meinem Körper beginnt zu kribbeln und ich diesem Mann in die Augen schaue. Sein Blick brennt sich in meinen und das heftige Knistern, welches binnen Sekunden entstanden ist, ist fast schon mit den Händen greifbar. Das war ja wohl gerade ein direktes Angebot, oder? Und ich meine, gegen ein bisschen Spaß ist ja auch nichts einzuwenden. Es ist eh schon eine Ewigkeit her, dass ich Sex hatte.

Wieso eigentlich nicht?

"Wissen Sie, Officer, ich werde jetzt auf die Toilette dort hinten gehen. Was Sie daraus machen, überlasse ich Ihnen."
Er zwinkert mir zu und geht dann eleganten Schrittes auf eine Tür im hinteren Teil der Bar zu.
Heilige Scheiße!
Werde ich hier gerade abgeschleppt? Sowas habe ich schon Ewigkeiten nicht mehr gemacht. Mein letzter One-Night-Stand liegt Jahre zurück. 
Kurz überlege ich, frage mich, was wirklich dagegen spricht und entscheide mich dann dazu, dem Fremden auf die Toilette zu folgen. 
Mein Körper kribbelt vor Aufregung, als ich die Tür hinter mir schließe und den Lockenkopf am Waschbecken finde. Er sieht mich an, grinst und in seinen Augen blitzt etwas auf. Er ist wirklich unverschämt attraktiv.
Langsamen Schrittes geht er auf mich zu, kesselt mich damit ein und eine Sekunde später merke ich die Tür an meinem Rücken. "Zu schade, dass Sie ihre Uniform nicht anhaben. Ich stehe auf Männer in Uniformen."
Er mustert mich, seine grünen Augen bohren sich in meinen Blick und das Kribbeln in mir wird immer stärker. 
Ich will diesen Mann!
Und dann scheint es, als wenn ein Schalter umgelegt wird, denn binnen eines Wimpernschlags liegen unsere Lippen hungrig und gierig aufeinander.

Meine Hände packen automatisch seine Schultern, ich drehe uns und somit landet der Lockenkopf mit dem Rücken an der Tür. Seine Hände schieben sich unter mein T-Shirt, während meine sich in seinen Haaren verfangen. 
"Louis", keuche ich atemlos, presse meinen Körper enger an diesen Mann und merke, dass es ihm genauso geht wie mir.
"Harry".

Unsere Lippen treffen erneut aufeinander, ausgehungert, voller Gier und Sehnsucht nach mehr. Doch unser Kuss wird unterbrochen. Der Lockenkopf schiebt mich ein Stück von sich, seine Augen triefen nur so vor Leidenschaft und jagen mir einen Schauer über den Rücken.

"Ich denke, wir sollten diese Bar verlassen."

Der Kunsthändler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt