Ich stehe auf Iren

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Der Sicherheitsmann beginnt mit Liam zu plaudern, während wir auf Harry warten. Ich hingegen betrachte das Bild, versuche irgendetwas zu erkennen, was auf eine Fälschung hinweisen kann, aber vergebens. Gut, ich kenne das Original auch nicht, daher würde mir vermutlich nicht mal auffallen, wenn irgendwelche Farben nicht stimmen würden.
Was der Dieb wohl mit den Gemälden macht?
Verkaufen jedenfalls nicht. Zumindest nicht auf dem Schwarzmarkt. Liam und ich haben in den vergangenen Wochen mehr als einmal das Darknet durchforstet und keines der geklauten Gemälde gefunden. Vielleicht verkauft der Dieb die Bilder aber auch privat. Dann ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dies herauszubekommen.

"So nachdenklich heute Nacht?".
Erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich um. Harry steht mit einem amüsierten Lächeln neben mir und sieht mich an. Irritiert mustere ich den hübschen Kunsthändler und stocke. Normalerweise kann man ihn hören, bevor er den Raum betritt. Seine Schuhe geben immer ein Klackern ab, aber heute scheint er lautlos den Raum betreten zu haben, was an seinem wirklich seltsamen Outfit liegen mag.
Anders als sonst steckt der Lockenkopf nämlich in einer schwarzen Hose, einem dunklem Poloshirt und trägt, komplett untypisch für ihn, schwarze Sneaker, die vermutlich trotzdem teurer sind, als mein komplettes Monatsgehalt.
Auch Liam wird auf Harry aufmerksam und mustert ihn verwundert.
"Gibt es ein Problem, Officers?", möchte Harry wissen und sieht erst mich, dann Liam fragend an.
"Naja", brummt Liam und kratzt sich mit seinem Kugelschreiber hinter dem Ohr.
"Nehmen Sie es mir nicht übel, aber Ihr Outfit heute ist so anders."
Der Kunsthändler lacht leise und zuckt mit den Schultern.
"Das ist wohl wahr. Ich war auf einer Trauerfeier und habe es noch nicht geschafft, mich umzuziehen."
Auf einer Trauerfeier?
Davon hat er mir heute Morgen gar nichts erzählt.
Mein Freund sieht meinen besorgten und irritierten Blick und lächelt sanft.
"Ein entfernter Bekannter der Familie. Ich persönlich kannte ihn nicht wirklich gut, aber es gehört zum guten Ton, anwesend zu sein". Ich nicke und lasse meinen Blick noch einmal über ihn gleiten.
Dieses Outfit steht ihm. Das Poloshirt schmiegt sich eng an seinen Oberkörper und präsentiert seinen gut trainierten Körper. Dennoch, seine sonst so schrillen und bunten Outfits stehen ihm einfach besser. Das hier ist einfach nicht mein Harry.
"Wie dem auch sei", unterbricht Liam die Stille und reicht Harry ein Tablett, welches er vom Sicherheitsmann hat. "Auf diesem Video kann man deutlich sehen, wie das Gemälde getauscht wird. Dennoch müssen wir es als Fälschung identifizieren".
Harry nickt und sieht sich das Video an, dann gleitet sein Blick auf das Gemälde.
"Ich schaue es mir mal an", murmelt er, reicht mit das Tablett und beginnt mit seiner Arbeit.

Es dauert eine Weile, bis Harry nickt und zu Liam und mir kommt.
"Eindeutig eine Fälschung", bestätigt er und sieht noch einmal zu dem Gemälde. "Wenn auch eine verdammt Gute".
Ich nicke und sehe den Sicherheitsmann an. "Können Sie uns etwas für den Transport besorgen?". Er nickt und deutet auf sein Handy, welches er in der Hand hält. "Der Boss wird gleich hier sein. Der wird sich darum kümmern".
"Gut, während wir warten, können wir schon einmal eine Kopie der Videoaufnahmen machen", beschließt Liam und geht gemeinsam mit dem Wachmann in Richtung des Serviceraumes, in dem die Monitore stehen.
Sobald die beiden außer Sichtweite sind, erscheint Harrys Grinsen vor mir.
"Wollen wir gemeinsam frühstücken, wenn du Feierabend hast?". Mein Blick gleitet auf meine Armbanduhr, dann zurück zu meinem Freund. "Aber dann bekommst du nur wenige Stunden Schlaf, Sun."
Wirklich, wir haben es mitten in der Nacht und er muss morgen sicherlich früh raus. Doch mein Freund kichert leise und das Grinsen in seinem Gesicht wird breiter. "Ich habe morgen frei. Ich kann also ungeniert auf meinen heißen Freund warten, mit ihm frühstücken und dann gemeinsam mit ihm ins Bett krabbeln und ausschlafen".
Der Gedanke daran ist wirklich sehr verlockend. Grinsend trete ich einen weiteren Schritt auf ihn zu, darauf bedacht, dass das hier nicht zu intim aussieht. Sicherlich kann Liam uns in dem Überwachungsraum sehen.
"Nur Schlafen?", hauche ich leise und sehe direkt in das bezaubernde Grün, welches frech auffunkelt.
"Oh bitte, Officer". Der Lockenkopf schmunzelt und lässt seinen Blick über mich gleiten. "Ich muss dir doch helfen, diese Uniform auszuziehen. Als wenn ich danach meine Hände bei mir lassen würde". Ich grinse, sehe aus dem Augenwinkel, wie Liam wieder zurückkommt und zwinkere meinem Freund unauffällig zu. "Ich kann es kaum erwarten."

"Seltsam ihn so zu sehen", stellt Liam fest, als wir auf dem Rückweg zum Revier sind. Ich nicke zustimmend. Wobei, wenn er wüsste, wie ich Harry schon gesehen habe - nein. Noch nicht. Erst, wenn der Dieb gefangen ist.
"Er steht auf dich". Verwundert schaue ich meinen besten Freund an, der den Wagen durch die leeren Straßen fährt. Ich lache auf und hoffe innerlich, dass Liam mein falsches Lachen nicht bemerkt.
"Fällt dir nicht auf, wie er dich immer ansieht?", möchte er wissen und sieht mich einen kurzen Moment schmunzelnd an. "Er reißt dir förmlich mit seinen Augen die Klamotten vom Leib".
Ja und? Warum sollte er es nicht machen? Andersherum mache ich es ja auch. Außerdem ist das eine reine Lüge. Zumindest, wenn ich meine Uniform anhabe. Aber das behalte ich lieber für mich.
"Du spinnst", erkläre ich, wenig überzeugend und schalte das Radio an.
"Ich wette, er hat heiße Träume von dir". Liam lacht und schüttelt seinen Kopf. "Und wenn er sich einen runterholt, dann stöhnt er deinen Namen", prustet er los und wirft seinen Kopf lachend in den Nacken. "Oh, Officer Tomlinson", äfft er Harry nach und hat gar keine Ahnung, wie nahe dran er damit ist. Ich grinse. "Neidisch?", will ich herausfordernd wissen und sehe meinen Kollegen grinsend an. Sofort verstummt das Lachen und Liam schüttelt den Kopf.
"Auf keinen Fall". Er sieht zu mir und grinst. "Ich stehe auf Iren".
"A pro Pros", fällt mir ein und ich verschränke meine Arme vor der Brust. "Was macht der Antrag?".
Liams Grinsen verstummt. "In Arbeit", brummt er und die gute Stimmung ist schlagartig verschwunden. Ich hingegen schmunzele weiter. "Lass mich raten - es gab nicht den perfekten Zeitpunkt?". Mein bester Freund nickt und fährt auf den Parkplatz des Reviers. "Es soll perfekt werden, Louis. Niall ist ein hoffnungsloser Romantiker und er verdient den besten Antrag der Welt. Es muss einfach alles stimmen." Verstehend nicke ich, während Liam den Motor abstellt und wir den Wagen verlassen. "Ich kann dich ja verstehen", gestehe ich, öffne den Kofferraum und hole das Gemälde heraus. "Aber wenn du noch zehn Jahre wartest, vergraulst du Niall vielleicht damit". Mein bester Freund seufzt. "Er weiß, dass ich ihn liebe". Ich nicke und sehe meinen besten Freund an. "Das schon und er weiß auch, dass du ihm irgendwann einen Antrag machen willst. Aber wenn du zu lange wartest, stellt Niall vielleicht alles in Frage".

Der Kunsthändler Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt