Ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Immer wieder gleiten meine Augen durch die große Empfangshalle. Überall hängen Gemälde, Große, Kleine, gepaart mit unzähligen Skulpturen und einem gigantischen Kronleuchter.
Natürlich hat er einen Kronleuchter.Mein Blick gleitet zu Harry, welcher etwas unbeholfen neben mir steht. Ich möchte gerade etwas sagen, als eine laute Stimme durch die Halle hallt und eine kleine, rundliche Frau durch eine Tür kommt.
"Harry, mein Lieber", ertönt ihre helle und freundliche Stimme, wobei sie mit schnellen Schritten die Eingangshalle durchquert und letztendlich vor uns stehen bleibt. "Ich habe heute nicht mit dir gerechnet", erklärt sie, lächelt ihn voller Wärme an, bis ihr Blick zu mir gleitet.
"Entschuldigen Sie meine Manieren. Herzlich willkommen, mein Name ist Norma. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?".
Verdattert schaue ich die ältere Dame an und schüttele meinen Kopf.
"Norma? Das ist Louis", erklärt mein Lockenkopf und schenkt mir ein vorsichtiges Lächeln. Die Augen der Dame weiten sich, dann beginnt sie noch mehr zu strahlen und nickt eifrig. "Ich habe ja schon so viel von Ihnen gehört. Schön, dass Sie endlich mal hier sind". Etwas unbehaglich kratze ich mir am Hinterkopf und sehe der Frau in die Augen. "Sie müssen mich nicht siezen. Louis reicht vollkommen aus". Schnell nickt sie und grinst dann. "Gut, dann sieze mich bitte auch nicht. Alle hier nennen mich Norma".
Ihr Blick gleitet wieder zu Harry, welcher irgendwie verloren aussieht. "Soll ich euch etwas zu Essen machen? Ihr habt doch sicherlich hunger". Der Kunsthändler zuckt mit den Schultern, sieht mich fragend an, doch da klatscht Norma schon in ihre Hände und eilt Richtung Tür. "Ich mache einfach eine Kleinigkeit."Kaum ist die Tür hinter ihr zugefallen, sehe ich Harry an.
"Ähm...also...das ist Norma" erklärt er unnötigerweise und schiebt seine Hände in seine Hosentaschen. "Sie ist meine Haushälterin".
Natürlich hat er auch eine Haushälterin.
"Was zum-", möchte ich wissen, werde dann aber von Harry an der Hand genommen und er zieht mich durch die große Eingangshalle.
Wir durchqueren eine weiße Flügeltür und befinden uns augenscheinlich in seinem Wohnzimmer.
Scheiße, das Ding ist so groß wie meine ganze Wohnung, wenn nicht sogar noch größer.
„Setzen wir uns doch", schlägt mein Freund vor und ich nicke, noch immer vollkommen erschlagen von dieser ganzen Situation.
"Also...naja, mein Haus ist vielleicht ein bisschen größer, als du erwartet hast."
"Ein bisschen?". Lachend schüttele ich meinen Kopf und inspiziere das luxuriöse Wohnzimmer. In der Ecke steht ein Flügel.
Natürlich.
"Nun, als ich ein Haus gesucht habe, wollte ich eigentlich nicht so ein Großes haben. Aber dann hat der Makler mir dieses Objekt gezeigt und ich habe mich sofort verliebt. Alles hier ist einfach wundervoll und so konnte ich nicht nein sagen."
Verstehend nicke ich, auch wenn ich noch immer irritiert bin.
"Norma hat hier schon immer gelebt. Sie wohnt in einer Einliegerwohnung im hinteren Teil des Hauses und ich habe sie einfach übernommen. Ich konnte sie schlecht herausschmeißen, auch wenn ich eigentlich keine Haushälterin haben wollte. Aber sie ist toll und sie kann unglaublich gut kochen".
"Ich...ich bin wirklich überrascht", gestehe ich und betrachte die unzähligen Gemälde. Dann schaue ich wieder zu meinem Freund, welcher noch immer unsicher zu sein scheint.
"Darf ich dich was fragen?", möchte ich wissen und bekomme ein Nicken als Antwort.
„Wie zum Teufel kannst du dir das hier leisten? Verdient man als Kunsthändler so gut? Ich meine...sei mir nicht böse, aber...scheiße, hier könnte Bruce Willis drin wohnen oder die Queen."
Bei meinem Vergleich muss Harry leicht schmunzeln, doch dann wird seine Miene wieder ernster und die Unsicherheit kehrt zurück.
"Ich verdiene wirklich gut, aber nein. Von meinem Gehalt alleine könnte ich mir das Haus hier niemals leisten." Er räuspert sich einmal, lässt seinen Blick schweifen und sieht dann wieder zu mir.
"Ich habe vor vielen Jahren geerbt und das nicht wenig und nebenbei handele ich privat auch ein bisschen mit Kunst. Nicht im großen Stil, aber ab und an verkaufe ich eines meiner Gemälde oder eine der Skulpturen und so sammelt sich irgendwie immer ein bisschen Geld an."
Ein bisschen. Ist klar.
"Louis, Darling?".
Seine Stimme ist leise und besorgt sehe ich ihn an. Sein Gesicht so voller Unsicherheit zu sehen, lässt die Alarmglocken in meinem Kopf schrillen. Ich rutsche ein wenig enger an ihn heran, greife seine Hände und schiebe meine Finger zwischen seine.
"Sieh...sieh mich bitte jetzt nicht in einem anderen Licht, ja? Nur weil ich dieses große Haus habe und auf diesen ganzen Kitsch irgendwie abfahre, heißt das nicht, dass ich ein anderer Mensch bin. Ich würde auch super in einer Ein-Zimmer-Wohnung klarkommen, aber ich habe mich damals für dieses Haus entschieden, was aber nicht bedeutet, dass ich ein abgehobener Schnösel bin."
Er seufzt einmal, betrachtet dann unsere Hände. "Mir ist bewusst, dass ich durch meine Kleidung auffalle und manchmal ist mein Verhalten vielleicht auch ein bisschen...seltsam. Überdreht, eigenartig, nenn es wie du willst, aber ich bin immer noch ich. Ich verstelle mich dir gegenüber nicht, falls du das denken solltest. Ich bin genau so, wie du mich kennengelernt hast".
Deswegen sieht er also die ganze Zeit so unsicher aus. Er hat Angst, dass ich jetzt anders von ihm denke.
"Oh, Sun", hauche ich leise, lege meine Hand auf seine Wange und lächele.
"Ich denke doch jetzt nicht anders über dich, nur weil du in einem Palast wohnst, in dem auch gut ein saudischer Prinz residieren würde. Du bist immer noch mein wundervoller, heißer Freund. Da ändert sich nichts dran."
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Der Kunsthändler
FanfictionDie Polizei ist schon eine lange Zeit auf der Suche nach dem Kunstdieb "Picasso". Leider kann er jedes Mal aufs Neue unbemerkt vom Tatort verschwinden und hinterlässt eine exakte Kopie der Gemälde, die er an sich nimmt. Kunsthändler und Experte Har...