Der Kuss bleibt sanft und unschuldig. Keiner von uns wagt es, weiterzugehen und das ist in diesem Moment genau richtig.
Wir wissen beide, dass die letzte Nacht nicht hätte passieren dürfen, wobei ich mir sicher bin, dass ich das mehr realisiere, als Harry.Als der Kuss ausklingt, sind Harrys Augen noch immer geschlossen, wobei ein liebliches Lächeln auf seinen Lippen liegt, welches mein Herz wie wild in meiner Brust schlagen lässt.
Hier mit ihm zu liegen, ihn anzuschauen und dieses wundervolle Kribbeln in meinem Bauch fühlt sich in diesem Augenblick vollkommen richtig an. Fast so, als wenn nichts anderes in meinem Leben Sinn ergeben würde. Als wenn ich nur für diesen Augenblick existieren würde.
Diese kleine, feine Stimme in meinem Kopf ist es dann aber, die meine wundervolle Blase zum Platzen bringt. Sie ist es, die mich daran erinnert, dass Harry mich belogen hat. Sie ist es, die mir ins Gewissen redet, mir verdeutlicht, dass ich hier mit einem Kriminellen in einem Bett liege.Ein ungewolltes Seufzen kommt über meine Lippen und veranlasst Harry dazu, seine Augen zu öffnen. Schwermütig sieht er mich an, seine Miene wechselt von einem lieblichen Lächeln zu einem bedauernden Blick.
"Ich hatte gehofft, dass wir uns noch ein wenig länger in diesem Traum befinden", haucht er leise, lächelt traurig, rückt aber keinen Millimeter von mir weg. Seine Arme sind noch immer um mich geschlungen, seine Augen noch immer voller Sehnsucht und Liebe.
"Harry, du...-"
"Ich weiß. Ich habe es vermasselt."
Seine Hand legt sich erneut auf mein Gesicht, seine Fingerspitzen fahren sanft und bedacht meine Konturen nach.
"Weißt du-", beginnt er und lächelt so sanft, dass mein Magen sich zusammenzieht.
"Ich zerbreche mir jede Sekunde den Kopf darüber, wie ich es wiedergutmachen kann. Wie ich dir beweisen kann, dass ich dich wirklich liebe und meine Gefühle für dich nicht gelogen waren. Aber mir fällt bei aller Liebe nichts mehr ein. Ich... ich weiß einfach nicht, was ich noch machen kann."
Schwere breitet sich in mir aus. Das bleierne Gefühl in meiner Brust wird stärker und die Sehnsucht nach ihm ist beinahe unerträglich."Ich glaube dir."
Das tue ich mittlerweile wirklich.
Es sind seine Blicke. Seine Blicke und die Gesten, die mir zeigen, dass es nicht gelogen ist. Ich kann förmlich das Kribbeln in ihm spüren, sobald ich ihn berühre. Zudem erkenne ich den Schmerz in seinen Augen. Es ist der Gleiche, den ich spüre.
"Du glaubst mir?"
Ich nicke, greife nach seiner Hand und verschränke unsere Finger miteinander. Ungläubig sieht er auf unsere Hände, seine Augen sind weit aufgerissen und seine Lippen öffnen sich einen Spaltbreit.
"Dann... heißt das.... gibst du mir noch eine Chance? Uns?"
Voller Hoffnung strahlen mich seine grünen Augen an und ich merke, wie diese Hoffnung auf mich übergeht.
"Es wäre falsch", gestehe ich und senke meinen Blick. Ich kann ihm nicht in die Augen schauen, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich dann noch die Kontrolle über mein Handeln haben werde. Es ist so schon schwer genug.
"Ich meine... ich bin Polizist und du hast diese Gemälde geklaut."
Zitternd atme ich ein, merke, wie der Druck unserer Finger stärker wird.
"Deinetwegen habe ich mich strafbar gemacht, indem ich dich habe laufenlassen. Zudem behindere ich die Ermittlungen, indem ich Hinweise bewusst zurückhalte."
Dabei habe ich mir damals auf der Akademie geschworen, niemals solch ein Polizist zu werden.Tja, Pustekuchen.
"Aber?", möchte Harry leise wissen und ich wage mich ihn wieder anzuschauen. Sein Blick ist mittlerweile wachsam und vorsichtig. Als würde er mit allem rechnen.
Unweigerlich entflieht mir ein weiteres Seufzen.
"Aber..."- hauche ich und merke, wie mein blödes Herz mir gleich aus meiner Brust springt. Dieses dumme Ding macht, was es will und verwirrt meine Gedanken.
"Ich liebe dich", gestehe ich und weiß nicht, was ich hier gerade tue.
Das Strahlen kehrt auf Harrys Gesicht zurück und er rückt noch enger an mich heran. Wobei das eigentlich kaum möglich ist. Zwischen uns passt jetzt schon kein Blatt mehr.
"Ich... ich weiß einfach nicht, was richtig und was falsch ist. Mein Kopf und mein Herz stehen im direkten Krieg und ich habe keine Ahnung, wie ich es schaffen soll, einen klaren Gedanken darüber zu haben."
Brummend schließe ich meine Augen und merke den Strudel an Emotionen in mir aufkochen.
Ich habe wirklich keine Ahnung, was ich machen soll.
Meiner Polizistenehre nachkommen und endlich mal meinen Job machen, oder auf mein Herz hören und bei dem Mann sein, den ich liebe.Pest oder Cholera.
"Aber ist richtig oder falsch überhaupt eine Lösung?", möchte Harry wissen und lässt mich zu ihm schauen. Er lächelt, sanft und bedacht, sein Blick intensiv, aber wachsam.
"Muss es immer die eine Seite geben? Kann es nicht die gesunde Mitte sein?"
Die gesunde Mitte?
"Es heißt ja nicht, dass du dich für eine Seite entscheiden musst. Nur weil du dich für uns entscheidest, musst du doch nicht deine Karriere auf Eis legen."
Schnaubend verdrehe ich meine Augen und will zurückweichen, doch Harrys Griff ist fest.
"Ich meine, dass du ja nicht zwingend irgendetwas mitbekommen musst. Wenn du uns eine Chance geben würdest, dann würdest du nicht bemerken, wie ich die Gemälde wieder austausche. Wie ich die Originale zurückbringe. Ich würde es nicht vor deinen Augen machen."
"Das wäre ja auch noch schöner", murre ich und lasse mich auf den Rücken fallen, den Blick an die Decke und keinen Deut schlauer.
"Ich verlange auch nicht von dir, dass du mich warnst, sobald ihr losfahrt. Ich verlange absolut gar nichts, außer, dass du mich liebst. Ich möchte nur, dass du mich in den Arm nimmst, mich küsst und es mir sagst. Mehr wünsche ich mir nicht."Mehr wünsche ich mir ja auch nicht.
Aber wäre es richtig?
Oder ist die goldene Mitte tatsächlich eine Option?
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Der Kunsthändler
FanficDie Polizei ist schon eine lange Zeit auf der Suche nach dem Kunstdieb "Picasso". Leider kann er jedes Mal aufs Neue unbemerkt vom Tatort verschwinden und hinterlässt eine exakte Kopie der Gemälde, die er an sich nimmt. Kunsthändler und Experte Har...