Knapp zwei Wochen später geht es für Chantal und mich wieder nach Wolfsburg. Für mich startet langsam schon die Saisonvorbereitung und Chantal beginnt ihren Umzug nach Köln. Die Mädels sind immer noch in Australien, was mehr als erfreulich ist. Mittlerweile stehen sie im Halbfinale und schon ist klar, dass sie sich für die Olympischen Spiele im nächsten Jahr qualifiziert haben. Unter den Top 4 Mannschaften sind Australien, England, Frankreich und eben Deutschland. Da die besten drei europäischen Teams sich für Olympia qualifizieren, sind das genau die drei Mannschaften. Australien hat seinen eigenen Qualifikationsweg. Schweden ist leider schon ausgeschieden, so dass Rebecka in ein paar Tagen wieder nach Wolfsburg ankommt. Dann bin ich zum Glück nicht lange alleine.
,,Hej", ruft Becks, als sie unser Stockwerk erreicht. Mittlerweile ist sie wieder da und natürlich haben wir uns sofort verabredet. Es ist auch praktisch, schließlich spielt die Natio heute ihr Spiel um Platz 3. Das Halbfinale haben sie unglücklich gegen Australien verloren, aber sie können noch dritte werden. Da Australien uns mehrere Stunden voraus ist, läuft das Spiel zu unserer Zeit vormittags, so dass Becks und ich uns zum brunchen verabredet haben. ,,Ich habe auch die Brötchen dabei", meint sie. ,,Sehr gut. Und ich habe hier Marmeladen, Honig und eine Nuss-nugat-creme", erwidere ich. Zusammen gehen wir uns Wohnzimmer, wo der Fernseher schon läuft. Der Vorbericht des ZDFs ist schon gestartet und da will man ja schon hören, was die so erzählen. ,,Das wird schon spannend werden", bemerkt Becks während sie ihr Brötchen aufschneidet. ,,Oh ja. Frankreich sind ja auch echt stark", stimme ich ihr zu. Dennoch glaube ich jetzt einfach an unsere Mädels. Jule steht sogar in der Startelf genauso wie Feli und Melly. Melanie Leupolz, die in den letzten anderthalb Jahren zu einem großen Idol für mich geworden ist. Natürlich habe ich sie auch davor schon sehr aktiv verfolgt, aber nachdem sie letzten Februar aufgrund einer Atemwegserkrankung durch eine etwas schwere Zeit gegangen ist, hat sie sich immer mehr zu einem Vorbild für mich entwickelt. Sie hat es geschafft wieder zurück zu kommen und das will ich jetzt auch.
,,Was ist dein Tipp für das Spiel?", frage ich. ,,Ich sag 1:0 für Deutschland", antwortet Becks. ,,Dann gehe ich auf ein 2:1", sage ich. Auch wenn das der Standardtipp schlecht hin ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass Frankreich kein Tor schießen werden. Aber am Ende sollen ja unsere deutschen Mädels gewinnen. Das Spiel beginnt und es ist schon lustig mit Becks zu schauen. Obwohl sie mittlerweile schon länger in Deutschland lebt und echt gut Deutsch spricht, kommt die nicht immer ganz mit, wenn die Kommentatorin etwas schneller redet. Und das passiert dann doch öfter. Von Beginn an geht es zur Sache. ,,Das Stadion sieht schon echt cool aus", bemerke ich. ,,Oh ja und das ist es auch. Wir hatten zwei unserer Gruppenspiele dort", meint Becks. ,,Richtig cool. Ich stelle mir das allgemein schon cool vor, bei solch einem Großereignis mitzuspielen", erwidere ich. ,,Ja definitiv. Wenn da 70.000 Menschen im Stadion Stimmung machen, ist das echt etwas besonderes", grinst sie. ,,Bisher habe ich so eine Stimmung nur bei dem Champions League Spiel gegen Manchester City vor fast zwei Jahren erlebt." ,,Na dann wird es ja Mal wieder Zeit. Mittlerweile ist ja auch bei unseren Liga Spielen eine echt gute Stimmung im Stadion", sagt Becks. Dann konzentrieren wir uns wieder auf das Spiel. Das ist auch definitiv von Vorteil, da es hin und her geht.
,,Der wird rein gehen", vermutet Becks. Die zweite Hälfte ist schon angebrochen und den Deutschen wurde gerade ein Freistoß aus sehr guter Position zugesprochen. Das wird eine Aufgabe für Feli werden. Aufgrund der guten Position kann der sogar direkt verwandelt werden. Becks behält Recht. Feli zirkelt den Ball wunderschön in den Winkel. ,,Yes", rufe ich und springe auf. Sowas sieht man doch mehr als gerne. Und was noch schöner ist, ist dass das Ergebnis bestehen bleibt. Die Mädels können das 1:0 über die Zeit bringen. Sie haben einfach Bronze geholt und das durch diesen genialen Freistoß meiner Schwester. Das klingt schon echt cool. ,,Tja, da habe ich wohl richtig getippt", grinst Becks. ,,Jap, aber das ist mir im Moment ziemlich egal", erwidere ich. Schnell schreibe ich Feli und auch Jule. ,,Wollen wir dann losgehen?", frage ich. Da es draußen extrem warm ist, wollen wir zusammen mit Cinni zum Allersee gehen. Die kleine Hündin ist auch wieder hier in Wolfsburg nachdem unsere Tante auf sie aufgepasst hat, während wir alle weg waren. ,,Klingt gut. Es ist echt viel zu heiß", meint Becks. ,,Das stimmt. Da tut eine kleine Abkühlung bestimmt gut", erwidere ich.
Schnell packen wir zwei Handtücher, eine Picknickdecke und etwas Obst zusammen und machen uns dann auf den Weg. Zum Glück liegt der Allersee nicht weit weg von der WG. ,,Freust du dich eigentlich wieder hoch in die erste Mannschaft zu kommen?", fragt Becks als wir unsere Picknicke ausbreiten. ,,Ja definitiv. Aber irgendwie habe ich auch etwas Schiss", antworte ich. ,,Ich will einfach nur noch Fußball spielen und mich nicht um meine Vergangenheit kümmern, aber ich weiß nicht, ob das die Medien auch so sehen." ,,Ja, das verstehe ich. Das wird schon. Und denk immer daran, wir als Team stehen immer hinter dir und du kannst dich wirklich immer an uns wenden. Du bist ja auch immer noch unsere Kleine", meint sie. ,,Dankeschön. Und ich glaube, es hilft auch Feli jetzt wirklich bei mir zu haben. Bei der U-20 WM war das, glaube ich, das schwierigste für mich", sage ich. ,,Das glaub ich dir. So schön, dass ihr jetzt endlich als Schwestern zusammen spielen könnt und vor allem mit dem gleichen Namen auf dem Trikot." Das ist noch etwas, was sich in den letzten anderthalb Jahren, oder besser gesagt vor kurzem, verändert hat. Ich habe meinen Nachnamen geändert und zwar in meinen eigentlichen Nachnamen Rauch. Ich habe immer noch ein gutes Verhältnis zu meinen Adoptiveltern, keine Frage. Und wenn ich durch mit der zweiten Mannschaft von Wolfsburg in der Nähe war, habe ich auch gerne einen Besuch abgestattet. Aber es hat sich nicht mehr richtig angefühlt ihren Namen zu tragen. Letztendlich bin ich kein leiblicher Teil dieser Familie. So trage ich jetzt wieder meinen richtigen Namen und das mit Stolz. Ich kann es echt kaum erwarten das neue Trikot mit der Beflockung L. Rauch zu tragen.
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Flowers need time to bloom
FanfictionEineinhalb Jahre später hat sich vieles für Lou verändert. Nachdem sie sich zurückgezogen hat und in aller Ruhe ihr Abitur gemacht hat, kommt sie wieder in die erste Mannschaft des VfL Wolfsburg und versucht einen Neustart. Rasant geht es aufwärts u...