Immerhin müssen wir für dieses zweite Gruppenspiel nicht woanders hinreisen. Und so fühle ich mich am Morgen wirklich ausgeschlafen. Hier in diesem Bett habe ich schon genügend Nächte verbracht und da wir recht früh ins Bett gegangen sind, habe ich wirklich viel Schlaf abbekommen. Und heute bin ich auch nicht mehr ganz so nervös. Zumindest jetzt noch nicht. Wir spielen am späten Nachmittag und haben heute viel Zeit um uns vorzubereiten. Gestern Abend haben wir wie immer schon die Aufstellung erfahren. Es ändert sich nichts daran. Ehrlich gesagt gibt es auch keinen Grund dazu. Es war von Anfang an klar kommuniziert, wer die Stammspielerinnen sein werden und da alle fit sind, braucht man auch nichts daran ändern. Mir ist das sowieso Recht. Mir reicht es voll und ganz in der zweiten Hälfte ein paar Spielminuten zu bekommen. Mehr will ich gar nicht. Zusammen gehen Jule und ich runter zum Frühstück. ,,Bereit fürs Spiel?“, fragt Feli, nachdem wir uns mit einem Müsli und Obst zu ihr und Svenni gesetzt haben. ,,Aber sowas von. Australien kann kommen“, grinst Jule. Ich mag diese Art von Selbstbewusstsein bei ihr. Sie weiß zwar immer noch nicht, was sie alles kann und wie gut sie ist, aber mittlerweile ist sie richtig selbstbewusst geworden. Das mag ich total an ihr. Sie darf es auch wirklich sein. ,,Das ist die richtige Einstellung“, lacht Svenni. ,,Nein, aber ganz ehrlich, wir waren nie bereiter als jetzt. Vor einem Jahr haben wir gegen sie verloren, aber in diesem Jahr haben wir alle nochmal einen riesen Schritt gemacht. Wenn wir sie jetzt nicht schlagen können, dann wahrscheinlich nie“, fügt sie hinzu. Man merkt einfach, dass sie unsere Kapitänin ist. Nach dem Rücktritt von Alex Popp hat sie dieses Amt übernommen und macht es einfach großartig. Wie Martina ist sie einfach ein Mensch, der im richtigen Moment die richtigen Worte findet. So auch jetzt beim Frühstück. ,,Wenn wir genauso als Team zusammen halten wie immer, dann kann das heute wirklich mehr als gut werden“, sagt Feli. Ich nicke zustimmend. Wir haben alle dieses bestimmte Gefühl, dass heute der Tag kommen könnte, dass Australien Mal wieder geschlagen wird. Hoffentlich täuscht dieses Gefühl uns nicht.
Schon als das Stadion in Sicht kommt, kribbelt es in meinem Bauch. Ich freue mich einfach so genau hier gehen so einen Gegner wie Australien zu spielen. Dieses Stadion ist gemacht für großartige Geschichten. Wir machen eine kurze Platzbegegnung und dann geht es auch schon ans Auswärmen. Hin und wieder werfe ich Mal einen Blick auf die Ränge und es sind schon einige Menschen da. Wenn ich richtig informiert bin, kommt Tabsi heute auch. Zurück in der Kabine wechsele ich mein Warm-up Shirt mit meinem Trikot. Hier bei der Nationalmannschaft habe ich bei diesem Turnier die 8. Irgendwie mag ich die Nummer. Wie auch beim ersten Spiel nehme ich mir ein Stück Tape, wickele das um mein Handgelenk und beschrifte es wieder. Ich merke, dass Feli mich dabei beobachtet. ,,Mir ist das vor vier Tagen schon aufgefallen. Ich find das echt eine tolle Aktion von dir“, meint sie. ,,Danke. Ich musste einfach etwas tun. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich für sie mitspielen werden und genau das will ich auch wirklich machen. Da wär das Tape eine simple Sache, um Tabsi bei mir auf dem Feld zu haben“, sage ich. ,,Das ist echt süß von dir. Wenn sie das nachher sieht, wird sie sich bestimmt freuen.“ ,,Ist sie wirklich da?“, frage ich. ,,Ja, Tabsi sitzt im Family und Friends Bereich und wird nachher auch zu uns runter kommen, hatte sie vorhin noch geschrieben“, antwortet Feli. ,,Ah, da war ich dann wohl schon nicht mehr am Handy. Aber total cool, da freue ich mich drauf.“ ,,Kommt ihr?“, ruft Svenni. ,,Klar!“ Mit den anderen Ersatzspielerinnen gehe ich schon raus ins Stadion zur Bank. Dann kommen die Startspielerinnen hinterher.
Die Stimmung ist gigantisch. Ich würde schätzen, dass es zu gut einem Drittel gefüllt ist. Die Nationalhymnen werden gespült und dann geht es auch schon los. Es ist ein umkämpftes Spiel mit wenig Chancen. Beide Teams stehen sehr stabil und lassen wenig zu. Und dann gibt es natürlich auch noch Merle. Das, was sie tun muss, löst sie mit Bravour. Allerdings ist es bei der australischen Torhüterin genauso. Und so steht es 0:0 zur Halbzeitpause. ,,Ihr spielt gut. Es ist nicht schlecht, was ihr macht. Aber Australien ist auch gut. Wir brauchen mehr Kreativität. Bringt Spielzüge ein, die die Australierinnen überraschen könnten. Kommt kurz runter und dann nochmal Vollgas!“, sagt Martina in der Kabine. ,,Lou, komm kurz her.“ Ich gehe mit Martina etwas abseits vom Rest der Mannschaft. ,,Ich will dich früh in der zweiten Hälfte bringen. Die Gegnerinnen kennen dich kaum und dein Spielstil kann uns jetzt echt helfen. Ich kann dir aber nicht garantieren, dass du für Lea kommst. Wahrscheinlich kommst du eher für Jule, aber auf dem linken Flügel kannst du ja genauso gut spielen“, meint sie. ,,Ja klar, kein Thema. Ich freu mich drauf“, sage ich.
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Flowers need time to bloom
FanfictionEineinhalb Jahre später hat sich vieles für Lou verändert. Nachdem sie sich zurückgezogen hat und in aller Ruhe ihr Abitur gemacht hat, kommt sie wieder in die erste Mannschaft des VfL Wolfsburg und versucht einen Neustart. Rasant geht es aufwärts u...