Wir beschließen das ganze erstmal für uns zu behalten. Nicht Mal unseren Familien wollen wir davon erzählen. Wir wollen erst schauen, wie sich alles entwickelt. Ich weiß, dass es mir ernst ist mit Jule und ich glaube, dass es ihr genauso geht, aber trotzdem gehen wir von Anfang an eine Fernbeziehung ein. Das ist nicht einfach. Vor allem wollen wir es aber aus der Öffentlichkeit raushalten. Wir sind beide nicht öffentlich geoutet und auch wenn die Gesellschaft sehr viel offener geworden ist, wollen wir erstmal nichts riskieren. Dafür stehen sportlich gesehen noch zu viele große Herausforderungen an. Da brauchen wir nicht unbedingt auch noch eine große Medienaufmerksamkeit. Es reichen die Gerüchte, die auf Instagram kursieren. Da brauche ich keine Klatschpresse. ,,Wann musst du los?“, frage ich Jule. ,,Um fünf sollte ich mich spätestens auf den Weg machen. Ich habe morgen wieder Training“, antwortet sie. Ich nicke. Das ist immerhin noch ein bisschen Zeit, wenn es auch trotzdem viel zu wenig ist. Aber damit werden wir klar kommen müssen. Wir werden jeden Moment auskosten. ,,Was machen wir wenn Feli und Pia nach Hause kommen?“ ,,Die sollten vor dreiviertel fünf auf keinen Fall da sein und ich glaube, die würden auch absichtlich noch länger weg bleiben. Das war doch vor dem Länderspiel in Braunschweig auch so“, sage ich. ,,Das stimmt.“ ,,Denkst du sie werden es bemerken, dass ich mit dir zusammen bin?“, frage ich. ,,Wie meinst du?“ ,,Naja, man sagt doch immer, dass man das jemanden ansieht, wenn er aufgrund von Liebe so glücklich ist“, erkläre ich. ,,Bei Feli ist es definitiv nicht auszuschließen. Vor allem, weil sie ja weiß, was du für mich empfindest“, meint Jule. ,,Das kann schon sein. Weißt du, ich glaube es ist gut, dass wir nicht schon vor zwei Jahren zusammen gekommen sind. Feli hätte das wahrscheinlich nicht verkraftet. Sie war ja immer skeptisch, wenn wir geschrieben haben und so“, werfe ich ein. ,,Ja. Ich bin echt froh, dass wir das klären konnten. Feli ist ja echt so ein lieber Mensch.“ ,,Oh ja. Sie würde sich bestimmt sehr für uns freuen. Aber ich erzähle ihr trotzdem erstmal nichts“, sage ich. ,,Wie du magst. Wenn du willst, dass Feli es weiß, kannst du es ihr erzählen“, erwidert Jule. ,,Nein, lass es uns erstmal wirklich für uns behalten. Es sei denn sie spricht mich darauf an. Dann werde ich es wahrscheinlich nicht leugnen können.“
Sie spricht mich nicht darauf an. Vielleicht hat sie es mir angesehen, aber über eine mögliche Beziehung zwischen Jule und mir fällt kein Wort. So geht es weiter. Mittlerweile ist es Mitte Dezember. Es steht noch ein letztes Liga Spiel für die Mädels an und dann ist Winterpause. Das Team hat es geschafft sich souverän für das Viertelfinale der Champions League zu qualifizieren und auch im DFB Pokal steht man dort. Jetzt gilt es die Hinrunde mit einem Sieg in Freiburg abzuschließen. Da Freiburg ziemlich weit weg ist, bleiben Becks und ich in Wolfsburg und schauen uns das Spiel von dort aus an. Unsere Reha läuft weiterhin sehr gut. Mittlerweile dürfen wir schon ziemlich lange auf dem Laufband laufen und allgemein werden unsere Einheiten immer umfangreicher. Wenn der Arzt nach Silvester das Go gibt, dürfen wir auch wieder auf Asphalt laufen und könnten somit bei Start der Rückrunde wieder mit Ball am Fuß trainieren. So ist zumindest der Plan. Ob das dann wirklich so funktioniert wird sich zeigen. Was aber definitiv funktioniert ist das zwischen Jule und mir. Zwar ist es hart sie nicht zu sehen, aber mittlerweile telefonieren wir fast täglich. Eigentlich ist es ein Wunder, dass wir von unseren Mitbewohnerinnen noch nicht darauf angesprochen worden sind. Vielleicht will man uns aber auch einfach den Raum geben uns selbst zu öffnen und es zu sagen. Wir haben öfter Mal darüber geredet, es jemand zu sagen, aber sind immer wieder zu dem Schluss gekommen, es nicht zu machen. Wir wollen es einfach noch für uns behalten. Es ist unsere kleine, aber so besondere Sache. Etwas, dass wir nur zwei mit uns selbst teilen wollen.
,,Wollen wir heute Abend auf den Weihnachtsmarkt gehen?“, schlägt Pia vor. Die Mädels sind wieder aus Freiburg zurück. Jetzt steht noch eine halbe Woche Training beziehungsweise Reha an und dann haben wir erstmal frei. ,,Können wir gerne machen“, stimme ich ihr zu und auch Feli ist dabei. So finden wir uns später am Abend zusammen mit Tabsi, Kathy, Becks und Pauli in der Autostadt wieder. Dort ist der Weihnachtsmarkt besonders schön. Auch wenn er immer ähnlich ist, ist es jedes Mal etwas besonderes hin zu gehen und einen Abend im Dezember hier zu verbringen. Wir holen uns erst etwas zu essen und stellen uns dann in die Nähe der Bühne, wo eine Band Weihnachtslieder spielt. Nachher wollen wir noch an den ganzen Ständen vorbei schländern. ,,Was macht ihr über die Feiertage?“, fragt Tabsi. ,,Ich fahre nach Schweden zu meiner Familie. Auch über Silvester“, antwortet Becks als erste. ,,Das ist schön. Du siehst sie ja schon relativ selten.“ ,,Ja, aber dafür ist es umso schöner jetzt an Weihnachten da zu sein und dann gleich für zwei Wochen“, meint Becks. Ich nicke. ,,Ich bleibe erstmal mit Feli hier in Wolfsburg und die zwei Feiertage sind wir dann bei unserem Bruder und unserer Tante. Und auch mit Jule treffe ich mich noch“, erzähle ich. ,,Ui mit Jule“, grinst Kathy. Ich verdrehe die Augen und muss aber gleichzeitig lachen. Solche Kommentare bekomme ich mittlerweile öfter zu hören. Ich könnte es ihnen ja erzählen, aber da ich es nicht mache, bin ich selbst Schuld. Also muss ich damit leben, was aber nicht schlimm ist. Es ist ja schon amüsant. ,,Bleibst du auch bei den beiden in Wolfsburg, Pia, oder bekommen die zwei Schwestern ein Weihnachten alleine?“, erkundigt sich Becks. ,,Die dürfen alleine feiern. Ich bin bei meiner Familie in Bremen. Das ist Tradition“, sagt sie. ,,Wir werden dich auch sehr bei uns vermissen“, wirft Feli gespielt traurig ein. ,,Werdet ihr gar nicht. Ich kenne euch doch“, lacht Pia. ,,Vielleicht. Nein, mit dir wäre es schon schöner“, sagt Feli. Sie hat Recht, aber trotzdem ist es auch schön nur mit Feli alleine zu sein.Wir stehen noch eine ganze Weile bei der Bühne, reden und hören der Band zu. Langsam wird es spät. ,,Wollen wir noch durch die Stände laufen?“, frage ich. Ich will noch etwas für Jule kaufen. Das kann ich so nicht sagen, aber die anderen sehen eher nicht danach aus, als hätten sie noch großes Interesse daran. ,,Eigentlich hat mir das schon gereicht, was wir am Anfang bei reinlaufen gesehen haben und ich brauche auch nicht wirklich etwas“, meint Kathy. ,,Ich komme mit dir mit“, meint Becks. Der Rest bleibt bei der Bühne und wir zwei laufen durch die schmalen Gassen. Es gibt wie immer fast alles. Aber ich brauche das perfekte eine Geschenk für Jule. Ich habe Becks nicht wirklich in das Eingeweiht, was ich suche. Nur, dass es für Jule sein wird. Letztendlich entdecke ich einen Stand mit schönem Schmuck. Es gibt einige Ketten, die alle ganz schön sind, aber nicht passend für Jule. Dann sehe ich sie. Ziemlich versteckt liegen ein paar Ketten mit einem Namen als Anhänger. Es gibt auch eine mit Jule als Namen. Die Kette ist perfekt. Sie ist silbern, nicht zu lang und genau richtig. Ich nehme die Kette und bezahle sie. Becks wirft mir einen vielsagend Blick zu. Ich reagiere nicht darauf. Soll sie denken, was sie will. Ich habe genau das gefunden, was ich wollte.
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Flowers need time to bloom
FanfictionEineinhalb Jahre später hat sich vieles für Lou verändert. Nachdem sie sich zurückgezogen hat und in aller Ruhe ihr Abitur gemacht hat, kommt sie wieder in die erste Mannschaft des VfL Wolfsburg und versucht einen Neustart. Rasant geht es aufwärts u...