40 | Comeback

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,,Jule! Ich bin im Kader!“, schreie ich in mein Handy. Es ist Donnerstag und wir hatten am Vormittag eine kleine Teambesprechung. Morgen ist unser Abschlusstraining bevor es dann nach Hoffenheim für das Spiel geht. ,,Wirklich? Das ist ja mega!“, ruft Jule. ,,Ich bin so happy. Ich darf einfach mein Comeback geben, wenn du dabei bist. Ich glaube, dass ich aktuell alles, was ich mir je erträumt hätte.“ ,,Ich bin jetzt schon so stolz auf dich. Und freue mich auch total dich morgen endlich wieder zusehen“, meint Jule. ,,Oh ja, ich mich auch. Es ist jetzt ja echt schon ewig her, dass wir uns gesehen haben“, sage ich. Durch unsere engen Trainings- und Spielpläne hatten wir keine weitere Möglichkeit und zu treffen. Wir hatten schon das Champions League Halbfinalhinspiel, dass wir am Dienstag in Paris gewonnen mit 2:0 haben. Da war ich, wenn auch als Zuschauerin, natürlich auch am Start. Und damit hat unser März jetzt begonnen. Es folgt nächste Woche noch das Rückspiel und das DFB-Pokal Halbfinale haben wir auch noch. Dazwischen sind eben Bundesliga Spielen. Ende des Monats ist dann die nächste Länderspielpause. Wie diese dann für mich aussieht, wird sich zeigen. Ich gebe jetzt erstmal mein Comeback und dann schaue ich weiter. Vieles habe ich ja sowieso nicht in meiner eigenen Hand. Jule und ich telefonieren noch eine Weile und dann gibt es bei mir aber irgendwann Mittagessen. ,,Da strahlt aber jemand“, bemerkt Feli lächelnd, als ich ins Esszimmer komme. ,,Ich freu mich einfach“, sage ich. ,,Das weiß ich. Ich find’s aber einfach toll dich so zu sehen.“ ,,Aber ich war doch in letzter Zeit allgemein wieder besser drauf“, entgegne ich. ,,Ja schon, aber so hast du wirklich schon lange nicht mehr gestrahlt und ich freu mich auch so für dich.“ ,,Ach du bist süß.“

Am nächsten Morgen haben wir dann in Wolfsburg noch unser Abschlusstraining. Auch hier laufe ich gefühlt nur mit einem Lächeln auf den Lippen durch die Gegend. Und ich bin nicht alleine, denn auch Becks darf morgen höchstwahrscheinlich ihr Comeback geben. ,,Wir haben es einfach geschafft“, sage ich zu ihr, als wir auf dem Weg zum Bus sind. Mit dem geht es jetzt nach Hoffenheim. Auf der Fahrt sitze ich neben Feli und gegenüber von uns sitzen Becks und Pia. Ganz realisieren kann ich es noch nicht. Becks und ich haben es geschafft. Wir sind so gut wie zurück. Wir sind den ganzen Reha Weg gegangen und sind endlich am Ziel. Endlich. Es waren jetzt wirklich gute fünf Monate, die es gedauert hat, aber das ist jetzt erstmal egal. Hauptsache wir dürfen wieder spielen. All dir ganzen Strapazen haben sich gelohnt. All die Übungen im Kraftraum. All die Läufe. Blut, Schweiß und vor allem auch Tränen, haben sich alles gelohnt. Ich darf wieder auf dem Fußballplatz stehen und spielen. Ich darf wieder dem Sport richtig nachgehen, der mir so viel bedeutet. Ich darf endlich wieder meine Leidenschaft ausleben. Und es ist so schön zu wissen, dass man genau diesen Moment mit jemanden teilen kann. Natürlich sind Jule und Feli da und ich bin auch so froh darüber, dass die beiden da sein werden, aber Becks hat eben fast das gleiche durchgemacht wie ich und wenn wirklich alles nach Plan läuft, dann geben wir gemeinsam unser Comeback. Das ist schon besonders. Während der Fahrt reden wir ziemlich viel. Irgendwann beginne ich zu gähnen. Schließlich schlafe ich angelehnt an Felis Schulter ein.

Am frühen Abend kommen wir in Hoffenheim. Nach einem kleinen Spaziergang, um die Muskulatur nochmal etwas zu lockern, treffen sich ein paar Wolfsburger Mädels, inklusive mir, mit einigen Spielerinnen von Hoffenheim. Viele kennen sich von der Nationalmannschaft und gerade Jule und ich wollen uns nicht nur morgen beim Spiel sehen, so dass wir heute Abend gemeinsam bei uns im Hotel essen. Endlich habe ich meine Jule wieder. Und vor allem sehen wir uns einen ganzen Abend lang. Natürlich sind auch noch die anderen da, aber das macht und beiden nichts aus. Hauptsache wir sitzen nebeneinander und können miteinander reden. Die meisten wissen ja sowieso über uns Bescheid. Irgendwann gehen wir dann aber doch hoch in Felis und mein Zimmer. Sobald die Tür hinter uns zufällt, fällt Jule über mich her. Ihre Lippen treffen auf meine. Hitze breitet sich in mir aus. Meine Hände krallen sich an ihren Schulter fest und ich ziehe sie zu meinem Bett. Dort liegen wir nun aneinander gekuschelt da. Ich will ihr einfach nur nah sein. Sie bei mir haben. Ihre zarten Berührungen spüren. Ihren Halt spüren. Sie ist meine Person und ich bin so dankbar dafür. ,,Ich bin so froh, dass ich dich habe“, flüstere ich. Ich weiß echt nicht, was ich in den letzten Monaten sonst gemacht hätte. ,,Oh ja, ich auch“, erwidert Jule ebenso leise und zieht mich noch enger an sich. Jule gibt mir das Gefühl, dass ich nicht die bin, um die man sich immer kümmern muss. Wir haben beide unsere Probleme, die wir zusammen lösen können. Die Situation mit Jules Eltern ist immer noch schwierig. Ich glaube mittlerweile sie sind auf dem Weg es zu akzeptieren. Aber es gab einige Abende, an denen sie deswegen geweint, als wir telefonierten. Ich verstehe sie voll und ganz. Ich würde es auch nicht wollen mich vor meinen Eltern verstecken zu müssen. Aber an diesen Abenden war ich für sie da. Ich habe ihr geholfen, ihr gut zugeredet und am liebsten hätte ich sie ganz fest in den Arm genommen, aber per Handy ist das etwas schwierig. Und genauso hat mir Jule in meiner ganzen Verletzungszeit geholfen.

Und dann ist der Moment da. Schon als ich vor dem Spiel zum Aufwärmen aufs Feld durfte, habe ich ein kleines Kribbeln gespürt. Jetzt sind fast 70 Minuten gespielt und ich stehe mit ein paar anderen Wolfsburgerinnen in unserem Aufwärmbereich, um uns endgültig warm zu machen. Es steht 2:2. Feli hat einen Freistoß direkt in den Winkel gezirkelt und auch Tabsi konnte ein Tor machen. Die Tore für Hoffenheim kommen beide von Jule. Natürlich finde ich das grundsätzlich nicht gut, dass Hoffenheim Tore erzielt hat, aber trotzdem habe ich mich auch ein kleines bisschen für Jule gefreut. ,,Becks! Lou! Kommt her!“, ruft Tommy von der Trainerbank zu uns rüber. Ich grinse Becks zu und wir laufen rüber, um uns vollends fertig für die Einwechslung zu machen. ,,Sorgt nochmal für neue Offensivpower. Ein Tor wär schon noch ganz gut“, gibt Tommy uns als letzte Anweisung mit. Dann wird der Ball ins Aus gespielt und die Schiedsrichterin gibt uns Zeit für den Wechsel. Tabsi und Svenni gehen raus. ,,Stolz auf euch“, meint Tabsi, als sie uns kurz umarmt. Dann darf ich auf den Rasen rennen. Ein tolles Gefühl. Ich gehe auf meine Position im Sturmzentrum, auf der Tommy mich heute einsetzen will. Eigentlich habe ich immer auf links gespielt, aber da soll erstmal Becks spielen. Allerdings hat er auch gesagt, dass wir beliebig wechseln können, um für Verwirrung zu sorgen. ,,Feli spiel!“, ruft Becks und verlangt nach dem Ball. Feli spielt die Linie entlang zu ihr und Becks kann den Ball sofort mitnehmen und rennt in Richtung Grundlinie. Dann flankt sie in den Strafraum. Ich blicke auf den Ball und springe dann ab. Mit dem Kopf gebe ich ihm die nötige Drehung in Richtung Tor und dann sehe ich ihn nur noch im Netz zappeln. ,,Ja!“, brülle ich und laufe auf Becks zu. Diese springt mir sofort in die Arme. Da sind wir gerade Mal seit drei Minuten auf dem Platz und schon bekommen wir einen Assist und ein Tor. Auch Feli schenkt mir eine feste Umarmung. ,,Ich würde Mal behaupten, da ist jemand wieder zurück“, strahlt sie. Ich nicke nur. Ich bin einfach nur glücklicher. Und noch glücklicher bin ich als endlich der Abpfiff ertönt. Durch mein Tor haben wir gewonnen. ,,Was ein Comeback“, meint Kathy. Oh ja. Das es direkt so gut verläuft, hätte ich nie gedacht. Ich gehe zu Becks. ,,Das haben wir super gemacht. Danke für die gegenseitige Unterstützung“, sage ich, während ich sie umarme. ,,Danke auch an dich. Buddys für immer“, erwidert sie. Nachdem Tommy noch eine kleine Ansprache gehalten hat und ich ein Interview für die Sportschau gegeben habe, kann ich endlich zu Jule gehen. ,,Ich bin so stolz auf dich“, sagt sie. ,,Danke dir. Und natürlich zwei tolle Tiere von dir.“ ,,Tja, hat nur leider trotzdem nicht gereicht. Aber egal, du hast den Sieg echt verdient. Sehen wir uns gleich hinten bei den Kabinen nochmal?“, fragt sie. ,,Klar, ich kann dich so ja noch nicht gehen lassen“, erwidere ich augenzwinkernd.




Schreibblockade (vorerst) überwunden! Wuhu!!

Flowers need time to bloomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt