28 | Schreibtisch

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,,Und wie war’s?“, fragt Becks, als wir zurück in der Kabine sind. ,,Richtig gut. Es ist einfach toll wieder etwas machen zu dürfen und vor allem jetzt dieses Ziel, wieder auf dem Rasen zu stehen, angehen zu können“, erzähle ich. ,,Das stimmt. Diese erste Phase, in der man absolut nichts machen kann, ist wirklich die schlimmste. Die nächste geht dann wieder, weil man wirklich Hoffnung sieht und auch weniger Zeit hat sich mit was-wäre-wenn-das-nicht-passiert-wäre-Gedanken auseinander zu setzen“, erwidert sie. ,,Oh ja definitiv. Man muss sich erstmal damit abfinden. Das ist echt nicht einfach.“ ,,Jap. Das ist jetzt deine erste größere Verletzung oder?“, erkundigt sich Becks. ,,Ja, genau. Davor hatte ich ja nur Mal diese eine Bänderüberdehnung und die Gehirnerschütterung, aber ansonsten nichts. Aber gut, es gibt ja immer ein erstes Mal“, antworte ich. ,,Dann bist du ja davor ganz gut weggekommen. Aber das ist jetzt ja sich egal. Hauptsache du findest den Weg zurück auf den Rasen.“ ,,Das werde ich definitiv.“ Und wenn ich das jetzt so sage, merke ich, dass ich es jetzt auch sagen kann. In den vergangenen Wochen habe ich es gesagt, weil ich es musste, aber nicht aus Überzeugung. Jetzt spüre ich, dass ich zurück auf den Platz will und dass ich es schaffen kann. Ich habe mich verändert. Ich merke, dass es meiner Psyche nicht so sehr schadet, wie gedacht. Ich bin frei von dem Gedanken, ob ich mich wirklich nochmals zurück kämpfen kann. Ich weiß, dass ich es kann. Ich habe mit der schweren Phasen in der Vergangenheit endlich abgeschlossen.

Zurück in der WG machen wir uns etwas zum Mittagessen. Da wir erst heim gekommen sind, vespern wir nur. Heute Abend wollen wir uns dann etwas warmes kochen. Vielleicht kommt auch noch die ein oder andere der Mädels zu uns. Davor setze ich mich aber erstmal an meinen Laptop. Die Uni wartet. Das war in den letzten Wochen meine einzige Ablenkung und ich habe wirklich Spaß daran gefunden. Germanistik ist schon ein schönes Studienfach und genau das, was ich so mag. ,,Schau Mal“, meint Feli und kommt zu mir an den Tisch. ,,Ich hab eventuell ein paar Bilder von dir gemacht“, fährt sie fort. ,,Die sind aber echt schön“, bemerke ich. ,,Ja, was denkst du denn.“ ,,Bei dir weiß man nie. Aber die sind wirklich echt gut.“ Letztendlich poste ich zwei der Bilder.


Lourauch3: Starting to work on the comeback #workhard

@jule_brand: My girl! <3

@tabea.wassmuth: Sieht gut aus :)

@sjo_nue: Endlich!!

@feli_rauch: Hallo!? Wer hat diese tollen Fotos gemacht? Werde ich nicht markiert?!

@rebeckaablomqvist: Kämpferin!


Danach widme ich mich wieder meinem Laptop. Zumindest kurz. Plötzlich klingelt mein Handy. Es ist Melly. Etwas zögerlich nehme ich ab. Seit meiner Verletzung hat sie nichts mehr von sich hören lassen und auch bei dem Länderspiel in Braunschweig haben wir uns nicht gesehen, da Melly aufgrund einer Erkältung gefehlt hatte. Es gab nur den Kommentar unter meinem Beitrag, den ich kurz nach der Verletzung gepostet hatte. ,,Hey“, begrüße ich sie. ,,Hello. Wie geht’s dir?“ ,,Gerade ganz gut und dir?“, antworte ich. ,,Mir auch. Ich hoffe, ich störe dich nicht“, meint sie. ,,Nein nein, alles gut. Ich mache nur ein bisschen was für die Uni. Da ist eine Pause auch Mal ganz gut.“ ,,Super. Ich wollte mich einfach Mal kurz melden nach der ganzen Zeit. Ich habe gerade deinen neuen Beitrag gesehen. Du scheinst ja wieder was machen zu dürfen.“ ,,Ja genau. Ich bin seit heute im Reha Prozess drin. Es hat jetzt doch etwas länger gedauert als geplant, aber jetzt geht es endlich los“, erwidere ich. ,,Das klingt doch gut. Ich weiß, ich hätte mich schon viel früher melden sollen, aber ich wollte dir dann doch noch sagen, dass es mir immer noch ziemlich Leid tut. Ich hätte nicht so hart einschreiten sollen“ meint Melly. ,,Alles gut. Wahrscheinlich wäre es so oder so passiert.“ ,,Naja, ich hätte die Situation auch ohne ein Foul lösen können. Ich wollte dir wirklich nicht weh tun. Ich hoffe, du hast das ganz gut weggesteckt.“ ,,Hm ja. Am Anfang war es schon ziemlich schwierig, aber mittlerweile habe ich mich wirklich damit abgefunden. Es ist also alles gut“, sage ich. ,,Trotzdem. Du hattest mir erzählt, was du durchmachen musstest und ich hab schon ein paar Sorgen über deinen mentalen Zustand gemacht. Bei der Natio hast du ja auch nicht immer so ganz sicher gewirkt.“ ,,Ja schon. Also mir ging es in den ersten Tagen wirklich nicht gut. Ich wusste echt nicht, ob ich mich nochmals zurückkämpfen kann und dazu hatte ich ja eigentlich noch Glück im Unglück. Aber ja mir hat das wirklich extrem zugesetzt“, gebe ich zu.

,,Das dachte ich mir irgendwie. Aber jetzt geht es wieder, oder? Es ist schon nicht mehr so schlimm, hoffe ich Mal. Oh man, ich hätte dir echt früher schreiben sollen. Tut mit echt Leid. Ich wusste nicht wie du reagieren würdest, wenn ich mich melden würde, weil letzten Endes habe ich dir ja diese Verletzung zugeführt“, erwidert Melly. ,,Hör auf dir Vorwürfe zu machen. Es ist jetzt passiert und gut so. Und ja mir geht es wirklich wieder gut. Jetzt, wo ich meinen Reha Plan habe, sehe ich die Hoffnung und ich weiß auch, dass ich es schaffen kann. Vor allem, weil es ja doch noch durchaus schlimmer hätte kommen können. Ich kann dir auch versichern, ich war in keiner Sekunde irgendwie böse auf dich. Außer vielleicht als ich erfahren habe, dass du das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hast“, grinse ich. ,,Lustig. Ihr habt ja am Ende gewonnen. Verdient muss man sagen und deine Tor war dazu ja auch noch mega. Aber ich bin wirklich erleichtert zu hören, dass es dir auch mental gut geht. Das hätte ich mir sonst echt nicht verziehen.“ ,,Es ist doch alles gut. Aber echt süß von dir. Hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder“, sage ich. ,,Ja, das wär echt schön. Bei der Natio wird es ja erstmal leider nicht passieren. Aber spätestens zum Rückspiel in der Champions League sehen wir uns. Ich vermute Mal, du reist mit nach London“, meint sie. ,,Ja definitiv. Das lasse ich mir nicht entgehen. Aber ja, das wird dann wohl das nächste Mal sein, dass wir uns sehen.“ ,,Ja genau. Irgendwie schade, aber ewig dauert das ja auch nicht mehr. Ich werde mich auf jeden Fall wieder öfter bei dir melden. Regelmäßiger Kontakt ist ja auch schon Mal etwas“, entgegnet Melly. ,,Ja genau. Und du musst dich deswegen wirklich nicht schlecht fühlen. Es ist alles gut. Aber trotzdem danke, dass du dich gemeldet hast.“

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