25 | Treffen

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Nach einer weiteren erfolgreichen Woche für den Verein, steht dann schon wieder eine Länderspielpause an. Das erste Spiel ist in Braunschweig gegen Österreich, das zweite dann in Nordirland. Auch wenn Braunschweig quasi direkt neben Wolfsburg liegt, bin ich wieder Mal eine Weile alleine. Sowohl Feli und Pia sind wieder nominiert und damit auch im Quartier der Natio in Braunschweig. Dabei hätte ich sie viel lieber bei mir. Mal abgesehen davon, dass ich mich mittlerweile fast nur noch langweile, geben mir die beiden gerade unglaublich viel. Aber auch Jule und die werde ich Heute endlich wieder sehen. Es ist Montag und damit Reisetag für die Mädels. Da das Training in der Natio aber erst morgen startet, hat Jule, in Absprache mit Martina, beschlossen den Tag bei mir zu verbringen. Abends reist sie dann weiter nach Braunschweig. ,,Wenn etwas ist, dann ruf bitte an, ja?“, meint Feli. ,,Mach ich“, sage ich. ,,Mach es auch wirklich. Denk nicht, dass du stark sein willst oder so. Es ist wirklich okay mich jederzeit anzurufen“, beteuert sie. Dann verlassen die beiden die Wohnung. Sie haben sich dafür entschieden schon direkt vormittags zur Natio zu fahren, um, wie sie meinen, die guten Regenerationsmaßnahmen zu nutzen. In Wirklichkeit wollen sie mir Zeit mit Jule alleine geben. Das haben sie mir zwar nie gesagt, aber ich weiß es. Vermutlich hätte jede das getan, da für gefühlt alle aus unseren Mannschaften Jule und ich das absolute Traumpaar sind. Aber was ist da wirklich? Diese Frage habe ich mir in der vergangenen Woche vermehrt gestellt. Klar ich habe in Jule einen ganz besonderen Menschen gefunden und ja, ich habe schon ewig Gefühle für sie. Bin ich gerade wirklich bereit für eine Beziehung? Und vor allem für eine Fernbeziehung? Zwischen Hoffenheim und Wolfsburg liegt eine sehr große Entfernung und da können wir uns kaum sehen, gerade wenn Jule auch noch Champions League spielt und damit eine englische Woche nach der anderen hat. Wir könnten uns echt kaum sehen. Kann ich das?

Am frühen Mittag klingelt es endlich. Das müsste jetzt Jule sein. Langsam humple ich zur Tür und betätige den Summer. Dann warte ich darauf, dass Jule hoch in den dritten Stock kommt. Endlich sehe ich sie am Ende der Treppe. Sofort kommt ein Strahlen bei mir auf. ,,Hey“, begrüße ich sie und drücke sie ganz fest an mich. Ich habe sie vermisst und zwar sehr. ,,Hi“, grinst Jule, als wir uns wieder voneinander lösen. ,,Komm rein.“ ,,Wie geht’s deinem Knie?“, fragt Jule während sie ihre Jacke auszieht. ,,Geht. Es ist jetzt ja erst knapp zwei Wochen her. Nächsten Mittwoch habe ich dann einen Termin im Krankenhaus, um zu schauen, ob ich nach diesen ersten drei Wochen mit der Reha anfangen darf“, antworte ich. ,,Dann drücke ich Mal die Daumen, dass das auch wirklich funktioniert. Du bist aber aktuell aber nicht wirklich mobil“, bemerkt sie während wir uns Wohnzimmer gehen. ,,Ja schon, aber lieber ne feste Schiene als eine OP. Sonst wäre ich noch länger raus.“ ,,Stimmt auch wieder.“ ,,Wie war deine Woche?“, frage ich sie. ,,Ich glaube, ich kann mich da echt nicht beschweren“, meint Jule grinsend. Unter der Woche hat Hoffenheim in der Champions League gegen Paris Saint-Germain gespielt und tatsächlich ein Unentschieden geholt. Dabei hat Jule das eine Tor geschossen und das andere vorbereitet. Und auch gestern im Ligaspiel war sie erfolgreich was Tore angeht. ,,Du kannst auch wirklich stolz auf dich sein. Dieses Spiel gegen PSG war einfach der Wahnsinn von dir“, sage ich. ,,Danke dir. Du bist so süß.“

Während wir uns weiter unterhalten, beginnen wir uns etwas zu kochen. Wir machen uns Kartoffeln mit Spinat. Sowohl eines meiner als auch eines von Jules Lieblingsgerichten. Das passt ja perfekt. Nach dem Essen gehen wir dann eine Runde mit Cinni raus. Ich mit meinen Krücken bin zwar langsam unterwegs, aber trotzdem tut es immer gut etwas rauszukommen und nicht nur in der Wohnung zu sitzen. Das habe ich mit Feli auch schon gemacht. ,,Wolfsburg ist schon echt ganz schön“, bemerkt Jule. Wir laufen eine kleine Runde am Allersee. Nicht zu lange, damit es für mich nicht zu anstrengend wird, aber trotzdem so, dass wir zumindest kurz am See langlaufen. ,,Ja, das ist wirklich so. Gerade hier der Allersee mit dem angrenzenden Waldstück ist echt schön, vor allem zum Spazieren gehen“, stimme ich ihr zu. ,,Oh ja. Mir ist das bisher irgendwie noch nie so wirklich aufgefallen.“ ,,Schaust du etwa gerade mit anderen Augen auf die Stadt?“, frage ich. ,,Vielleicht“, antwortet Jule. ,,Hast du schon eine Tendenz?“ Jules Vertrag läuft im Sommer aus, so dass sie aktuell schon ein paar Angebote hat. Mittlerweile ist sie eine der begehrtesten Spielerinnen. ,,Ehrlich gesagt nicht wirklich. Es gibt einige echt tolle Angebote, sowohl im Inland mit Wolfsburg und auch Bayern als auch im Ausland, was mich auch total reizen würde. Aber es dauert noch eine Weile bis ich mich da wirklich entscheiden kann“, meint sie. ,,Wobei Wolfsburg hier ja echt schön ist vor allem mit dir“, fügt sie noch hinzu. Ich muss lächeln. ,,Wenn du das so siehst.“

Zurück in der Wohnung machen wir es uns im Wohnzimmer gemütlich. Jule muss bald los und ich will jede Sekunde mit ihr noch voll auskosten. ,,Ich würde so gerne mit dir mitkommen“, flüstere ich. ,,Das glaube ich dir. Aber das wird schon. Und wer weiß, vielleicht hast du ja einen extrem schnellen Heilungsverlauf und darfst im April sogar wieder mit zur Natio“, erwidert Jule und verstärkt ihre Umarmung. ,,Ich glaube ja ehrlich gesagt nicht daran.“ ,,Mag sein, aber abwarten.“ Stille Nacht sich zwischen uns breit. Irgendwie ist es angenehm, aber anderseits auch etwas bedrückend. ,,Ich muss dir noch etwas sagen“, bricht Jule dann schließlich das Schweigen. ,,Dann schieß los.“ ,,Ich ähm….“, beginnt Jule. ,,Also ich glaube, wir haben beide schon gemerkt, dass da mehr zwischen uns ist und ja…“ Ich nicke. Jule beugt sich zu mir rüber, obwohl das fast gar nicht mehr möglich ist, so eng liegen wir schon nebeneinander, und küsst mich. Ich erwidere den Kuss. Es fühlt sich gut an und auch irgendwie richtig, aber in Windeseile kommen bei mir wieder die Zweifel hoch. Vorsichtig löse ich mich wieder von ihr. ,,Ich liebe dich Louisa“, sagt Jule leise. Sofort fühle ich mich schlecht. ,,Ich liebe dich auch Jule. Aber es tut mir Leid. Ich…. Ich glaube, ich bin gerade nicht bereit für eine Beziehung. Es liegt nicht an dir, wirklich. Ich habe seit zwei Jahren Gefühle für dich. Es liegt an mir. Ich kann das gerade nicht. Ich muss erstmal wieder mit dem allem klar kommen und darf vor allem nicht wieder abrutschen. Ich will dir dann nicht noch mehr Probleme machen“, gestehe ich. ,,Du würdest mir nie Probleme machen Lou.“ ,,Du musstest schon so viel mit mir durch machen und ich will dir gerade nicht noch mehr Verantwortung geben, als du dir selbst mir gegenüber schon gibst. Ich muss erst mit mir klar kommen und dann. Aber es liegt wirklich nicht an dir. Du bist mir zu wichtig, um da etwas zu überstürzen“, fahre ich fort. ,,Ich verstehe dich. Aber ich kann diese Ungewissheit, was da zwischen uns ist langsam nicht mehr ertragen“, wirft Jule ein. ,,Da ist etwas zwischen uns. Das wissen wir beide und das ist auch gut so, aber für eine Frage Beziehung bin ich gerade einfach nicht bereit.“ ,,Dann respektiere ich das. Aber du kannst weiterhin mit wirklich allem zu mir kommen“, meint Jule und drückt mich nochmal fest an sich. Ich erwidere die Umarmung. Hoffentlich habe ich gerade das richtige getan.

Flowers need time to bloomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt