Trauma

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Ariana

„So ich denke mal wir haben jetzt alles was Hope brauchen könnte!", sagte Damon als er unser Schlafzimmer betrat.
„Das ist gut, kannst du auf Hope aufpassen? Ich muss duschen..."
Er sah mich an.
„Schließ bitte nicht ab in Ordnung?"
Ich nickte und sagte dazu nichts weiter.
Hope lag in der Wiege die ich vor Monaten gekauft hatte und schlief seelenruhig. Ich liebte diesen Ausdruck von Ruhe und Frieden auf ihrem Gesicht. Das war reinste Herzensfreude für mich.
„Geht's dir gut? Brauchst irgendwas?", fragte Damon mich ernst. Ich schluckte.
Ich hatte Angst...
Der tatsächliche Missbrauch, den ich erlitten hatte, hatte mich nicht verändert. Es ging darum, wie ich mich danach fühlte, darum wie ich befürchtete, dass meine Familie mich sehen würde. Tyler sah mich an, als wäre ich irreparabel geschädigt, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass Damon mich mit der Lust betrachtete, wie er es einst getan hatte. Ich hatte Angst, dass er nicht mehr dasselbe für mich empfand ... dass sich alles verändert hatte.
„Behandle mich nicht wie ein Opfer ok?", ich sah ihn leidend an und er seufzte.
„Precious du bist kein Opfer. Du bist eine Überlebende."
Ich sah ihn an und nickte.

Damon

Meine Hand umklammerte mein Telefon und ich wartete auf Informationen von meinen Männern. Sie verfolgten jede mögliche Spur, folterten jeden Mann, der möglicherweise wusste, wo Dr. Birla sein könnte, aber jeder Anruf den ich erhalten hatte, führte in eine Sackgasse.
Das Ereignis hing wie eine dunkle Wolke über unseren Köpfen. Es war etwas, worüber wir alle sprachen, aber niemand erwähnte Einzelheiten. Wir waren alle zu verstört, um darüber zu reden. Precious hat mir gegenüber nichts erwähnt, aber ich hatte auch nie gefragt. Ich war ein zu großer Feigling, um die Last ihrer Geschichte ertragen zu können. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, mir vorzustellen, was passiert war, genau zu wissen, was er ihr angetan hatte.
Leano kam auf mich zu und klopfte mir auch die Schulter.
„Ariana redet mit niemanden darüber. Ich weiß auch, dass sie nicht zu einem Therapeuten gehen will. Ich glaube, du bist die einzige Person, die mit ihr reden kann. Ich kenne meine Tochter, sie trägt diese Last mit sich herum, weil sie denkt, dass sie allein damit fertig wird, aber das wird nicht einfach verschwinden, wenn wir es ignorieren. Bitte rede mit ihr, Damon!"
Leano sollte mich nicht extra darum bitten müssen. Das war mein Job, aber ich hatte Ariana etwas abgeschirmt. Wenn wir erst darüber geredet hätten, wäre es wirklich real.
„Das werde ich", versprach ich.
Leano legte seine Hand auf meinen Arm.
„Ich danke dir. Du warst immer gut zu ihr und ich weiß das zu schätzen."

~

Als ich nach Hause kam, saß sie im Sessel am Feuer, ein offenes Buch in den Händen. Sie trug ein lockeres T-Shirt und eine Jogginghose. Vielleicht trug sie die dicke Kleidung, weil es Winter war, oder vielleicht trug sie sie, damit ich sie nicht sehen konnte. Die Frau, die ich früher gekannt hatte, war lieber nackt gewesen, weil ich sie warmhalten konnte. Hope lag in der Wiege und schlief tief und fest.
Sie sah auf, als sie mich bemerkte.
„Du bist zurück. Wie war die Arbeit?"
„Gut."
„Ich bin froh, dass du mal aus dem Haus gegangen bist. Du musst dich hier drin eingesperrt fühlen."
Ich war nur drei Tage mit ihr hier alleine gewesen, in der unsere Familie ein und ausgegangen war. Wir hatten kaum Zeit alleine und wir hielten uns auf abstand. Wir wussten beide nicht, was wir tun sollen.
Es würde mir nie zu viel werden, den ganzen Tag mit ihr im Schlafzimmer eingesperrt zu sein, aber unsere Distanz erstickte mich.
„Wir müssen uns unterhalten."
Ich nahm das Buch und zog es ihr aus den Händen. Ich fürchtete mich mit jedem Schlag meines Herzens davor. Ich fürchtete mich davor, weil ich ein Feigling war. Ich fürchtete mich davor, denn sobald ihr die Tränen kämen, würde auch ich weinen.
Sie stand auf und verspannte sich merklich, verschränkte die Arme vor der Brust. Sie sah nicht aus wie die starke Frau, die ich früher gekannt hatte, nun war sie klein und verängstigt, nicht mehr furchtlos. Wahrscheinlich wusste sie genau, was als Nächstes kommen würde und sie fürchtete sich davor genauso sehr wie ich.
Früher fühlte ich mich immer wohl in meinem Körper und meine Hände wussten immer, wo sie ruhen konnten, aber jetzt wusste ich nicht mehr, wohin ich sie legen sollte. Ich wusste nicht, ob ich sie aneinanderlegen oder in den Hosentaschen lassen sollte. Ich wusste nicht, ob ich ihr in die Augen schauen oder auf den Boden starren sollte. Als ich zugestimmt hatte, sie zu heiraten, hatte ich den glücklichen Aspekten der Ehe zugestimmt, der Phase der Frischvermählten, aber ich war noch nicht bereit für die harten Zeiten, die Momente, die uns für immer zerbrechen könnten.
Sie blieb still, als wüsste sie nicht, was sie sagen sollte.
Das bedeutete, dass ich das Pflaster abreißen musste.
„Wir müssen darüber reden, was passiert ist."
Sie ließ ihre Blicke auf dem Boden. „Das will ich nicht. Lass es einfach sein..."
„Ich kann es nicht sein lassen. Du willst nicht mit deiner Familie darüber reden, aber das macht nichts. Du solltest mit mir reden, ich bin dein Mann, ich sollte das tun. Es ist meine Aufgabe... dir da durch zuhelfen."
Sie blieb ruhig, aber ihre Atmung wurde immer schneller. Offensichtlich versuchte sie, ihre Emotionen zurückzuhalten, versuchte, so zu tun, als ginge es ihr gut.
Ich wollte sterben.
„Ich werde dich zu nichts zwingen, was du nicht tun willst. Wenn du nicht bereit bist zu reden, musst du es nicht, aber ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht ihn sehe, wenn ich dich ansehe, dass ich dich als die gleiche Frau sehe, die du immer warst. Ich will dich, wann immer du mich willst und mein Verlangen nach dir ist nach all dem noch gewachsen. Du gehörst noch immer mir... und ich gehöre immer noch dir."
Endlich hob sie ihren Blick, um mich anzuschauen, Tropfen von Feuchtigkeit auf den Wimpern. Sie schniefte leicht, aber die Tränen fielen nicht.
„Ich möchte nicht, dass wir Auseinanderdriften. Wenn du so distanziert bleibst, könnte es von Tag zu Tag schlimmer werden. Wir können nicht zulassen, dass uns das trennt. Das wäre genau das, was er will. Bitte schiebe mich nicht weg. Du ziehst dich im Badezimmer an, damit ich dich nicht anschauen kann. Du willst nicht, dass ich dich im Bett berühre, wenn unsere Umarmung nicht völlig unschuldig ist. Du wolltest mich küssen und ich dachte, es wäre alles in Ordnung, aber das ist es nicht, dass wissen wir beide."
Meine Augen bewegten sich hin und her, während ich sie ansah, in der Hoffnung, dass sie irgendwelche Gefühle verriet.
„Ich werde dich nie unter Druck setzen. Ich werde dich nie um etwas bitten, das du nicht bereit bist zu geben. Ich kann so lange warten, wie du es willst, denn ich will keine außer dir, aber stoße mich nicht weg."
Sie nickte ein wenig und schniefte wieder.
Ich trat näher an sie heran, denn es schien in Ordnung zu sein.
„Es tut mir so leid..." Ich holte tief Luft, denn ich fühlte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Nichts hatte mich jemals so weit bringen können, in Tränen auszubrechen ... außer dieser einen Frau. Ich fühlte ihren Schmerz wie meinen eigenen. Sie dachte, sie wäre alleine damit, aber sie war nie allein. Jeden Tag, an dem sie weg war, war ich bei ihr gewesen ... und hatte gelitten. Ich beruhigte meine Gefühle, damit mir die Tränen nicht über die Wangen liefen, aber in meinen Augen waren sie zu sehen.
„Es ist meine Schuld, dass dir das passiert ist und ich werde mir nie verzeihen. Ich hatte die Verantwortung für eure Sicherheit und ich habe versagt..."
„Nein... das stimmt nicht."
„Doch, es ist so. Nur wegen mir ist das passiert ist und ich hätte dich früher rausholen sollen, diese drei Tage waren die schlimmsten meines Lebens. Zu wissen, dass du da unten irgendwo mit diesem Psycho festsitzt und dass er...", ich brach ab. Mehr konnte ich nicht sagen.
„Hör auf." Sie machte einen Schritt auf mich zu und legte ihre Handflächen auf meine Brust.
„Es ist niemandes Schuld. Es ist passiert und wir werden es durchstehen." Ihre Hände legten sich an meine Wangen, als sie mein Gesicht nah an das ihre brachte. Ihre nassen Augen spiegelten meine eigenen wider.
„Das werden wir", flüsterte ich.
„Und ich werde jeden töten, der da mit drin gesteckt hat. Alle die noch leben, das verspreche ich dir."
Sie legte ihre Stirn an meine.
„Das weiß ich und ich liebe dich."
„Ich liebe dich auch Precious."
„Aber ich brauche etwas Zeit", flüsterte sie. Ich nickte verständnisvoll.
„Ich muss das verarbeiten. Das ist schwer, wahrscheinlich wird es besser, wenn diese Verletzungen verschwinden", sagte sie und zeigte ihre Handgelenke. Sie waren stark gereizt gewesen, er hatte sie gefesselt, dass war offensichtlich. Ich hasste es, dass ich sie nicht davon bewahren konnte, aber wir beide waren froh, dass es Hope gut ging.
„Was ist mit Jasmin eigentlich?", fragte sie leise. Das war das erste mal das sie Jasmin erwähnte.
„Sie hatte einige Prellungen, weswegen wir sie ins Krankenhaus eingewiesen haben. Marc passt auf sie auf, ihr passiert nichts mehr", versprach ich ihr.
„Ich habe fürchterliche Angst mit jemandem darüber zu sprechen was in den drei Tagen passiert ist. Sie war da sechs Monate..."
„Ihr geht es gut", versicherte ich ihr.
„Sie will sogar eine Therapie machen", fügte ich hinzu.
Ari atmete erleichtert aus.
„Das ist gut. Ich bin so unendlich dankbar, dass ich lebe und das es meiner Tochter gut geht. Das ich hier bei dir bin..."
„Das ist keine Sache, für die du Dankbar sein solltest. Das sind Dinge auf die du ein Recht hast, er hat dir das Recht genommen und das war falsch", sagte ich ernst.
Sie schaute weg und ich hoffte, dass sie irgendwann bereit war sich zu öffnen.

TTD, A Dark Mafia Romance Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt