K A P I T E L ❤ 05
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„Anja! Beruhige dich, was ist denn passiert?", rief ich mit ins Telefon. Eine Weile hörte ich schweigend Anjas Bericht an, während ich nervös den Löffel in meiner Teetasse hin und her schwank.
„Das hat sie nicht gesagt!", fragte ich entgeistert „Diese Bitch!"
Anja lachte auf der anderen Seite der Leitung nervös auf.
„Mach dir keinen Kopf. Das schadet uns nicht, das zeigt nur das sie Angst vor uns hat. Das sie um ihre Zahlen fürchtet. Schick mir den Artikel bitte zu!"
Ich schob meine Teetasse zur Seite und öffnete den Browser meines Laptops. Ich wollte den Artikel lesen von dem Anja sprach. Die gute Julia hatte doch alles Ernstes, in einem Interview meine Rede schlecht gemacht und dann davon gesprochen, dass ich kein faires Spiel spiele. Das ich als Jungunternehmerin doch keine Ahnung von dem hätte, wovon ich spreche.
Meine Mutter schaute mit neugierigen Ohren und Augen aus der Küche in meine Richtung. Mit Handbewegung und fragendem Gesichtsausdruck versuchte sie herauszufinden, was passiert war.
„Jetzt nicht", formte ich die Worte mit den Lippen.
„Nein, wir brauchen keine PR-Agentur. Sie hat nicht explizit unseren Namen genannt. Ansonsten hätt' ich ihr einen Anwalt auf den Hals gejagt!", sagte ich und bemerkte wie sich mein Puls beruhigte.
Ein Klingeln an der Tür unterbrach meine Gedanken.
„Es ist bestimmt nur die Post, gehst du bitte Ellis, ich hab' hier die Hände vom Backen schmutzig", hörte ich meine Mutter aus der Küche rufen. „Und Jetzt hör auch auf zu arbeiten, es ist Weihnachten!"
„MOM!", formte ich mit den Lippen in ihre Richtung.
Mom hielt ihre Hände nur entschuldigend in die Höhe.
Mit Teetasse in der Hand und Handy zwischen Schulter und Wange lief ich zur Haustür.
„Wie sind denn die Nutzerzahlen nach der Konferenz? Große Änderungen habe ich mir jetzt nicht erwartet", fragte ich und öffnete die Tür.
„Hallo Ellis."
Das war eindeutig nicht der Postbote.
Ich zog die Tür auf und blickte in Williams Gesicht.
„Nein das hab' ich mir gedacht. Was ist mit der Marketingkampagne? Gibt es da schon Daten?", fragte ich Anja und blickte William entschuldigend an.
„Meine Schwester ist oben", raunte ich ihm zu und drehte mich um. Ich hielt kurz inne und rief über die Schulter zurück: „Meine Mutter in der Küche. Je nachdem, wen du suchst."
Ich marschierte unbeeindruckt von Williams Erscheinung zurück ins Wohnzimmer.
„Ich suche eigentlich dich, Ellis", kam es aus dem Flur zurück.
Ich stöhnte leise auf.
„Anja, ich ruf dich zurück. Schick mir bitte die Daten die Tage zu, dann kann ich sie auswerten, bis ich zurück bin!", rief ich ins Telefon, bevor ich auflegte. Aus dem Augenwinkel sah ich wie sich auf dem Gesicht meiner Mom ein Grinsen breit machte.
Ich lief zurück zur Haustür. Ich hatte ihn nicht so blöd anfahren wollen, doch konnte ich nicht widerstehen.
„Es hat sich rausgestellt, dass deine Schwester keineswegs Interesse daran hat, nach der Geschichte mit ihrem Jean-Pierre Baguette, mit mir auszugehen. Doch habe ich zwei Einladungen für eine sehr exklusive Silvester-Party in London und es wäre schade sie verfallen zu lassen."
„Sind da nur so Staubsaugervertreter eingeladen?", fragte ich mit breitem Grinsen auf den Lippen. "Außerdem war er Spanier, kein Franzose."
„Ja und so Möchtegern-Businessfrauen wie dich", fügte er mit kurz hochgezogener, provokanter Augenbraue hinzu. "Mir egal, aus welchem Land er kam."
„Touché", gab ich zurück.
Es war nicht so, dass ich keine Einladungen zu Silvester-Parties erhalten hätte. Doch war Silvester keine Festivität, die ich groß feiern wollte. Sie brachte zu viele Erinnerungen mit sich.
„Ellis, was steht ihr denn da so an der Tür. Wo sind deine Manieren? William, wollen Sie zu einem Tee reinkommen?", hörte ich Mom aus der Küche schreien.
„Ja Ellis, wo sind denn deine Manieren?"
Ich schüttelte fassungslos den Kopf, doch ein Lachen konnte ich mir schwer verkneifen.
„Es ist kein Date, falls du davor Angst hast. Sie es als Möglichkeit deinen Horizont zu erweitern. Ich kenn nicht ganz uneinflussreiche Menschen, wenn es das ist, was dich interessieren könnte."
Elliots Gesicht erschien vor meinem inneren Auge.
„Auf sowas bin ich nicht aus." Zumindest nicht um mein Business anzukurbeln. Nächtliche Rendezvous in Hotelzimmer waren ein anderes Thema.
„Warum willst du mich denn unbedingt mitnehmen?", fragte ich ihn. „Es gäbe doch tausende Frauen, die mit dir auf eine solche Party gehen würden."
„Aber keine ist wie du."
"Charmant", sagte ich kopfschüttelnd.
William lachte auf. Dann öffnete er seinen Mantel, aus dem er zwei Tickets herausholte.
„Ich würde morgen Abend hinfliegen und dann in London bleiben."
„Hinfliegen?", fragte ich irritiert. „Vom international Airport Little Win?"
„Mit meinem Helikopter, Ellis."
Ich glaube ich gab dem Begriff „einem fällt die Kinnlade herunter" eine ganz neue Bedeutung. Was zur Hölle war das denn für einer?
„Das war ein Scherz. Ich fahr mit dem Auto. Überleg dir, ob du Lust hast. Würde mich freuen, wenn du mich begleitest."
William drückte mir eins der Tickets in die Hand, zwinkerte mir zu und drehte sich um. Über die Schulter rief er: „Es riecht köstlich, Mrs. Shepherd!"
„Ellis wurde von William eingeladen", erzählte meine Mutter ganz aus dem Häuschen beim Abendessen.
Mein Vater schaute verwundert von seinem Teller auf. „Eingeladen? Wohin?"
„Ja, richtig eingeladen. Auf einen Abend in London. Er stand sogar vor der Tür, um sie zu fragen, so wie du damals, als du mich zu dem Uniball einladen wolltest. Weißt du noch, wie du da standest, in Hemd und Krawatte?"
Erica biss sich auf die Lippe, um nicht zu Lachen.
„Und gehst du hin?", fragte Erica. „Ist ja auch jetzt etwas länger her, dass du auf einem Date warst."
„Es ist kein Date", presste ich heraus. Es wurde dringend Zeit, dass ich wieder nach London fuhr. Jedes Mal wenn ich die Tür zum Haus meiner Eltern betrat, fühlte ich mich zehn Jahre in der Zeit versetzt.
Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Für meine Eltern war ich noch immer die Tochter, die Tee trinkend und Bücher lesend im Wohnzimmer saß, um mich vom Herzschmerz abzulenken, nachdem Justin aus der Parallelklasse mir einen Korb gegeben hatte. In ihren Augen war ich noch Fünfzehn.
„Ja William ist ja auch ausgesprochen intelligent und gut aussehend. Ich bin mir sicher ihr werdet euch amüsieren", stellte meine Mutter klar. „Magst du noch Suppe, Ellis?"
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Zimmer mit Aussicht (I + II)
RomanceEllis hält nicht viel von Beziehungen, einem nine-to-five Job und der immergleichen Aussicht aus dem Schlafzimmerfenster. Stattdessen gehören Konferenzen, Hotelbars und attraktive Businessmänner zwischen ihren Laken zu ihrem Daily Business. Zu Missg...