Kapitel 12 | 3 | Edited

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K A P I T E L 12

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"Ich glaube ich werde nie wieder gebratenen Reis essen können. Das hier war wahnsinnig gut", stellte ich fest und lehnte mich zufrieden zurück.

"Ich hoffe doch", antwortete Elliot und zog einen Mundwinkel hoch. "Ich bin Ende des Monats noch einmal in Shanghai. Wir sollten uns da treffen. Dann zeig ich dir einige der besten Restaurants der Welt."

"Ich glaube, dass sind mir zu viele Emissionen für ein Wochenendtrip ans andere Ende der Welt", gab ich zurück.

"Wann hast du das letzte Mal Urlaub gemacht?"

"Elliot, du weißt besser als alle anderen, dass Menschen wie wir keinen Urlaub machen", antwortete ich. Vor mir tauchten Bilder von Lissabon auf. Wieder sah ich den Markt über den ich geschlendert war. Hatte die Gerüche in der Nase. Die Szene wechselte nach Berlin. Auf den Vintageflohmarkt. Fast schon befreit von meinen Sorgen und ewigen Gedanken hatte ich mich durch die Vielzahl an Kleidungsstücken gearbeitet. Sasha und ich wollten eigentlich seit langem einen Urlaub unternehmen. Hatten uns vorgenommen New York zu sehen. Aber umgesetzt hatten wir es nie. Es schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein. Ich hatte viele Reisen unternommen, viele Städte gesehen, in viele Zimmern mit Aussichten geschlafen. Doch mit Urlaub hatten die Reisen wenig zu tun.

"Als ich in Italien auf diesem Weingut war, habe ich zum ersten Mal seit Jahren festgestellt, wie schnelllebig mein Leben war. Ich war diesen konstanten Stress gewöhnt. Es war wie eine Sucht. In den ersten Tagen konnte ich nicht herunterkommen. Habe ständig mein Telefon geprüft, am Laptop gesessen, telefoniert. Ich hatte Angst, das alles schief gehen würde, was schief gehen könnte. Aber um ehrlich zu sein, war es da so oder so schon zu spät. Alles was hätte schief gehen können, war schon schief gegangen. Trotzdem steh ich heute hier. Trotz der ganzen Scheiße mit meinem Firmenpartner und meiner Exfrau."

"Das ist echt eine harte Geschichte. Wie hast du herausgefunden, dass deine Ex-Frau den Komplott mit deinem Partner geplant hat?"

Ich bemerkte, wie sich Elliots Gesichtszüge verhärteten. Die Gedanken an die Geschichte, schienen ihn noch immer stark zu belasten.

"Weißt du noch, als ich dir erzählte, dass ich eine Abneigung zu Rotwein habe?"
"Ja, weil er Spuren auf dem Eichentisch hinterlässt."

"Wir waren auf einem Weingut in Frankreich gewesen. Wir hatten dort einige Kisten Merlot gekauft. Einige Wochen später war ich für einige Tage in Boston. Als ich wiederkam stellte ich fest, dass unser Eichentisch in der Küche zwei Runde Rotweinflecken hatte. Einen auf meiner Seite des Tisches, einen auf ihrer Seite des Tisches. Sie hatte sichtlich versucht sie zu entfernen. Vergeblich. Als ich sie fragte, woher die stammten, hatte sie gelogen. Wenn sie lügt, wird ihre Nasenspitze rot. Also hatte sie gestammelt und gesagt eine Freundin war Abends zu Besuch da. Ich hatte es ihr abgekauft, ich war zu müde und zu unaufmerksam, um es zu bemerken.

Zwei Wochen später, war ich mit meinem Firmenpartner auf einem Dinner eingeladen. Ich bat ihn zwei Flaschen guten Wein zu besorgen. Er schien nicht nachgedacht zu haben, denn er hatte zwei Flaschen unseres Merlots dabei. Und tatsächlich, mehrere Flaschen fehlten in unseren Weinkisten. So hab ich eins zu eins zusammengezählt. Er hatte vermutlich keine Zeit gehabt Wein zu besorgen und hat einfach die zwei nächstbesten Flaschen aus seinem Weinkeller mitgenommen. Schon blöd, das es meine waren."

"Wie hat sie reagiert?"

"Sie meinte, mein Firmenpartner hätte sich die Flaschen selber gekauft. Ihre Nasenspitze war rot."

"Wie heißt deine Tochter?"

"Elisa"

Ich hätte nach einem Foto fragen können. Wollte mehr wissen über ihn und sein Leben, aber aus Elliots Gesicht konnte ich lesen, dass es ihm schwerfiel darüber zu reden.

Zimmer mit Aussicht (I + II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt