Kapitel 05 | 04

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K A P I T E L 05

4

Es waren nicht Elliots Finger, die über meine nackte Haut strichen, die mich weckten, auch nicht die ersten Sonnenstrahlen die durch das hohe Fenster herein strahlten. Es war das laute Summen meines Telefons auf dem Nachttisch.

"Wer hat in herrgottsfrühe am Sonntag nichts besseres zu tun, als mich jetzt anzurufen", schnaufte ich ins Kissen hinein. Ich streckte meinen Arm nach dem Handy aus und drückte es an mein Ohr.

"Ich geh uns einen Kaffee machen", hörte ich Elliot sagen, bevor die hysterische Stimme meiner Mutter mich endgültig weckte. Elliot zog seinen Arm unter meinem Kopf hervor.

"Schwarz bitte", hauchte ich in seine Richtung und setze mich auf.

"Ich versuche sie seit Freitag zu erreichen! Sie hätte heute morgen zum Frühstück bei Granny erscheinen sollen."

"Guten Morgen, Mom", sagte ich ins Telefon und blickte auf die Uhr auf dem Nachttisch. Neun Uhr Fünfunddreißig. Ich wusste gar nicht, wann ich das letzte Mal so lange geschlafen hatte.

"Wir telefonieren jeden Tag, Erica und ich. Seit drei Tagen höre ich nichts von ihr."

"Mutter, es ist ihr sicherlich nichts schlimmes vorgefallen", sagte ich.

"Ich habe ihr so eine SMS geschickt. Da hat sie zumindest geantwortet."

Ich sah vor Augen, wie meine Mutter im Bademantel in der Küche stand und auf und ab lief. Stellte mir vor, wie Dad in seinem üblichen Ohrensessel saß und seelenruhig seinen Kaffee trank und die Zeitung las.

"Was hat sie denn geschrieben?", fragte ich und zog die Decke ans Kinn hoch. Elliot hatte die Klimaanlage über Nacht laufen lassen. Die kühle Luft ließ mich frösteln.

"Sie hat geschrieben: Mach dir keine Sorgen Mutter. Ich meld mich die Tage."

"Siehst du. Alles in Ordnung." Ich rieb mir das Gesicht und blickte zur Kücheninsel an dem Elliot stand und eine Bialetti auf den Herd stellte.

"Sie meldet sich die Tage? Das hat sie noch nie gesagt", rief Mutter. "Oder Schatz? Das hat Erica noch nie gesagt."

Im Hintergrund hörte ich meinen Vater irgendwas rufen.

Ich schlug die Decke zurück und stieg aus dem Bett aus. Nur mit Elliots Shirt bekleidet lief ich durchs Wohnzimmer in Richtung Küche. Während meine Mutter ohne Punkt und Komma sämtliche Theorien zum Verbleib meiner Schwester laut aussprach, hievte ich mich neben dem Herd auf die Marmorplatte. Ich riss die Augen vielsagend auf und schüttelte den Kopf. Elliot verstand mich, ohne dass ich etwas hätte sagen müssen.

"Mutter, nein, sie ist sicherlich nicht den Zeugen Jehovas beigetreten." Keine Ahnung, wie sie da nun drauf kam. Elliot schmunzelte und öffnete einen der Schränke. Während er sich streckte, um zwei Tassen herauszuholen, fiel mein Blick auf seinen sportlichen Oberkörper. Während Mutter mir erzählte wie irgendeine Jacklyn, die Tochter der Neffens von sonstirgendwem, neulich den Zeugen Jehovas beigetreten war und nun keinen Kontakt zu ihrer Familie mehr pflegen durfte, stellte ich mir vor, was Elliot alles mit mir hier am Küchentresen machen konnte.

"Wir haben euch zum christlichen Glauben erzogen. Wenn du mir irgendwann mit so was ankommst, enterben wir dich, dass kann ich dir schon jetzt sagen", rief Mutter echauffiert. Ich legte das Telefon neben mich und zog Elliot am Hosenbund zu mir. Er stellte die beiden Tassen neben dem Herd ab und stellte sich zwischen meine Beine zu mir an den Tresen. Während Mutter mir von der Sonntagsmesse erzählte, die neulich so gut war, weil es einen neuen Orgelspieler gibt, der anscheinend unchristlich hübsch aussieht, fuhr Elliot mit seinen Händen unter mein T-Shirt. Ich musste mir ein Kichern unterdrücken.

"Wusstest du Ellis, neulich hab ich beim Friseur gehört, dass dieser Elliot mit dem du jetzt zusammen bist, so ein Atheist ist."

Elliot zog die Augenbrauen hoch. Ich drückte ihm meinen Zeigefinger auf die Lippen.

"Ein Ungläubiger!"

"Was? Wirklich?", rief ich. Was ihr reichte, um die kommenden fünf Minuten zu nutzen, um ihre Unzufriedenheit auszudrücken. Elliot fummelte mittlerweile an meinen Brüsten herum. Ich versuchte seine Hand aus meinem Shirt zu ziehen, da ich nicht wusste, wie lange ich noch still und leise hier sitzen konnte ohne loszulachen. Als Mutter anfing zu erzählen, dass William mit in die Weihnachtsmesse gegangen ist, hatte Elliot seine andere Hand schon zwischen meinen Beinen.

"Du Mutter, ich muss jetzt auflegen", rief ich und versuchte Elliots Hand beiseite zu schieben.

"Jetzt schon? Wir haben noch gar nicht besprochen, was wir jetzt wegen Erica tun sollen?"

Elliot begann meinen Hals zu küssen.

"Nichts tun wir. Wir warten ab."

Langsam zog er mein Shirt aus. 

"Eine Sache noch-"

"Nein Mom, ich muss jetzt auflegen!" Ehe sie noch etwas sagen konnte, drückte ich sie weg.

"Du bist ausgesprochen unanständig. Unchristlich. Richtig unchristlich!"

Elliot entkam ein leises Lachen. Ich lehnte meinen Kopf in den Nacken, betrachtete die hohe Deckenlampe über mir, während er mit seinen Fingern an mir herumspielte.

Oh, Lord erlöse mich, von diesen Qualen.

❤️

Zwei Kaffeetassen später lagen Elliot und ich wieder auf den Liegen in seinem Garten. Ich hatte meinen Kopf in seinen Schoss gelegt und starrte in den blauen Himmel. Beobachtete die Wolken die langsam vorbeizogen. Elliot zwirbelte an einer meiner Haarsträhnen herum.

Im Hintergrund liefen die Rolling Stones.

Das Leben war schön.

Wären da nicht diese Gedanken, die permanent ihre Aufmerksamkeit suchten. Ich dachte an Jonas Worte.

"Ich glaube Jonas hat recht."

"Das würde mich wundern."

"Du weißt doch gar nicht worum es geht!", sagte ich und drehte meinen Kopf zur Seite. Von hier aus konnte ich Elliots Nasenlöcher sehen. Keine besonders angenehme Position, um mit ihm über unsere Nicht-Beziehung zu sprechen.

Ich setzt mich auf.

"Du sagtest, du seist kein Verfechter von Monogamie und doch soll ich das mit William beenden."

Elliot schloss einen Moment die Augen. "Meinst du nicht, die Presse würde sich das Maul zerreissen, wenn sie wüsste, dass du mit mir und William schläfst?"

"Das heißt es geht dir nur darum, was die Medien über uns sagen könnten? Aber unabhängig davon, wäre es dir egal, wenn ich etwas mit anderen Männern habe?"

Elliot öffnete die Augen und ich meinte ein leichtes Grinsen auf seinen Lippen zu entdecken. "Würde es dich stören, wenn ich etwas mit anderen Frauen hätte?"

Nadias Gesicht tauchte vor meinen Augen auf. Wäre es mir egal, wenn sie sich mit Elliot auf einen One-Night-Stand im Hotel treffen würden? Es ärgerte mich ja schon, wenn sie zusammen frühstücken gingen.

"Ich seh das so", begann er ohne auf eine Antwort zu warten, "egal was wir uns vornehmen, es ist nicht realistisch, dass wir uns immer treu bleiben werden. Da sind wir beide nicht der Typ für. Das Leben ist zu lang und wir zu unkonventionell dafür. Wir leben im hier und jetzt. Ich werde dir nichts versprechen und du solltest es mir ebenfalls nicht. Aber wir können es versuchen."

Ich schaute in Elliots Augen und ich wusste, dass er der einzige Mensch in meinem Leben war, der mich wirklich verstand. Wir spielten nach unseren eigenen Regeln. 

Zimmer mit Aussicht (I + II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt