Zimmer mit Aussicht (I + II)

Kapitel 12 | 2 | Edited

K A P I T E L ❤ 12

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Als ich aus der Eingangstür trat, stand Elliot Price mit verschränken Armen und kaum merklichem Grinsen auf den Lippen an einem alten Mustang gelehnt. Er trug einen drunkelgrünen Parker, enge Jeans und dazu passende Chelsea Boots. Seine wilden Haare hatte er zur Seite gestylt. Er sah aus wie aus einem Männermagazin entsprungen. Mit geneigtem Kopf starrte er mich an.

„Du bist spät", rief er mir zur Begrüßung zu und öffnete mir die Beifahrertür. Die Erklärung, dass ich mir meine Fingernägel mehrmals neu lackieren musste, da ich keine Geduld hatte, zu warten bis sie getrocknet waren, ließ ich aus.

„Wir werden schon pünktlich sein", gab ich amüsiert zurück und öffnete die Beifahrertür. Der Geruch von altem Leder, Haarwachs und Duftbaum stieg mir in die Nase, als ich mich in den Sitz gleiten ließ. Aus der Musikanlage des Wagens hörte ich leise die Stimme John Lennons.

Elliot öffnete die Fahrertür und setzte sich vors Lenkrad.

„Schön dich zu sehen, Ellis." Elliot schaute mich eine Weile an, bevor er den Schlüssel in die Zündung steckte.

„Danke, auch schön dich zu sehen", gab ich zurück und lächelte ihn an. "Ungewöhnlich dass du selber fährst."

Elliot wand den Blick ab und startete den Motor.

"Eine der wenigen Freiheiten, die ich mir nicht nehmen lassen werde."

„Was hast du dir für heute Abend ausgesucht?", fragte ich.

„Asian Fusion. Verschiedene Küchen aus Japan, China und Süd-Ost Asien."

„Hast du vorher angerufen und gefragt, ob Sushi auf ihrer Speisekarte steht?!"

„Du kannst gleich aussteigen", antwortete er und grinste. „Es gibt eine Geschichte zu diesem Restaurant. Deshalb habe ich es ausgesucht. Nein, sie servieren kein Sushi, übrigens."

„Ich wusste doch, dass Elliot Price nicht einfach irgendetwas aussucht."

"Der Besitzer hat vor dreißig Jahren in Shanghai ein kleines Restaurant geführt. Seine Mutter war Japanerin, sein Vater Vietnamese. So kam er auf die Idee die Gerichte, die er aus seiner Kindheit kannte, miteinander zu verbinden."

Einen kurzen Moment hielt Elliot inne. Dann setzte er den Blinker und bog in eine Straße ab.

"Meine Mutter machte nach ihrem Studium ein Praktikum in Shanghai. Sie lernte meinen Vater kennen. Geschäftsmann. Eines Abends, wollten sie sich ein Taxi holen, um Essen zu gehen. Der Taxifahrer hatte zwei Straßennamen verwechselt und setzte meine Eltern im falschen Viertel aus. So suchten sie vergeblich nach dem richtigen Restaurant. Fanden stattdessen ein anderes. Du kannst raten welches. Sie waren die einzigen Ausländer an dem Abend dort. Mein Vater schaffte es blind irgendetwas zu bestellen. Sie saßen bis spät in der Nacht dort, redeten von ihren Leben und fanden Gefallen an ihrem Gegenüber."
Elliot hupte einen Autofahrer an, der ohne Blinker auf unsere Spur gewechselt hatte. Fluchend stieg Elliot auf die Bremsen.
"Sie fliegen einmal im Jahr zur selben Zeit nach Shanghai. Ein Besuch in dieses Restaurant unvermeidlich. Nun ist es so, dass meine Familie nicht gerade uneinflussreich ist. Das unbekannte Restaurant an der Straßenecke erhielt so immer mehr Aufmerksamkeit in den letzten Jahren. Vor allem, weil auch ich dort hingehe, wenn ich da bin. Und wir wissen alle, dass mich leider jeder kennt. Was dazu führte, dass fast dreißig Jahre nach der Eröffnung der jetzige Besitzer, der Sohn, eine englische Sterneköchin kennenlernte, die sein Restaurant aufgrund von Empfehlungen besucht hatte. Die beiden zogen vor einigen Monaten nach London und eröffneten jetzt, vor wenigen Wochen ein Restaurant im Secret Garden. Deswegen habe ich es ausgesucht."
„Warst du als Kind in Shanghai?"
„Ja. Ich ging zwischenzeitlich auf eine Boarding School, um Mandarin zu lernen. Mein Vater war damals der Meinung, dass Chinas Wirtschaft so wachsen würde, dass es keinen Weg mehr daran vorbeiführen würde, die Sprache zu lernen."
"William hat mir erzählt, dass eure Eltern selten da waren."