Kapitel 13 | 4 | Edited

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K A P I T E L 13

4

Es war schließlich zehn Uhr als wir zahlten. William bestand darauf mich einzuladen. Ich wehrte ab. Es endete in einem kleinen Machtkampf bei dem William und ich versuchten Pietro als schnellstes die Scheine in die Hand zu drücken.

"Ruhig, ihr beiden, das hier kein Stripclub ist", antwortete Pietro lachend und nahm schließlich das Geld von uns beiden entgegen.

"Wenn ihr euch nicht einig werdet, behalt Ichs einfach. Trinkgeld heute eh nicht gut gewesen", antwortete er schulterzuckend und holte eine Flasche Hochprozentigen hervor. "Geht aufs Haus." Es folgten drei Schnapsgläser.

"Wenn du Ellis nen zwanziger zurückgibst, dann passt es", sagte William. Pietro zwinkerte ihm zu und schob mir einen meiner Scheine über den Tresen zurück. Männer und ihrer Ehre. Wie tief es noch in den Köpfen der Menschen verankert war, dachte ich mir, dass der Mann die Frau einzuladen hat. Was hatten Frauen früher auch für eine andere Wahl, sie hatten meist kein eigenes Geld. Auch wenn es heute anders war, fühlte es sich seltsam an, wenn William oder ein andere Mann versuchte mich einzuladen. Denn ich war nicht bedürftig, nicht darauf angewiesen, dass er zahlte. Doch schien es klar zu sein, dass er - Gentleman William - zahlen würde. Was mir auch bewusst wurde war: William und ich befanden uns nicht in der all-bekannten Friendzone. Denn den Aufwand hätte er sich definitiv gespart, bei einer Frau, die er nicht ins Bett kriegen wollte.

"Prost!", sagte ich und hob mein Schnapsglas.

"Cheers!", antwortete William.

"Salute!", kam es von Pietro.

❤ 

Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass wir vollkommen nüchtern waren, als wir Pietros Pizzeria verließen. Es wäre auch gelogen zu behaupten, wir wären danach nicht wie zwei Schnapsdrosseln eingeharkt durch London stolziert. Es wäre nicht gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich keine Ahnung hatte, wie es dazu kam, dass William und ich heftig in einer kleinen Seitengasse rummachten, wie zwei sechszehnjährige ohne Anstand. Seine Hände hatte er unter meinen Pullover geschoben, seine Zunge erforschten meinen Mund. Er schmeckte nach Tiramisu und falschen Entscheidungen. Seinen Körper presste er an den meinen. Seine Hand stemmte er gegen die Wand an die er mich drückte. Sein Atem ging schnell, seine Lust konnte ich an meinem Bein spüren. Ich fragte mich, wie ich in diese missliche Situation gekommen war und dann sah ich die halbleere Flasche Nussschnaps auf dem Tresen stehen und Pietros Grinsen, das er zu uns zuwarf, während er die letzten Gäste kassierte.

Was zur Hölle tat ich hier eigentlich?, dachte ich mir als William mit seiner Hand unter meinen BH griff. Das war nicht die Art von Friendzone die ich mir vorstellte. Hatte er nicht selber davon geredet, dass er mich als Freundin kennenlernen wollte? Wenn er mit all seinen sogenannten platonischen Freundinnen vorab in Seitengassen herummachte, dann herzlichen Glückwunsch, dieser Mann hatte alles im Leben erreicht.

"Was machen wir da?", hauchte ich außer Atem in Williams Richtung.

"Ich kann hier und jetzt aufhören", antwortete er mit leichtem Lallen in der Stimme. "Du musst es mir nur sagen."

"Bitte hör nicht auf", rutschte es mir heraus. Oh Ellis, was tust du nur? Dann zog ich ihn am Jackenkragen enger zu mir, drückte meinen Körper an seinen und führte den ekstatisch feuchten Zungenkuss fort.

"Schön, dass wir Freunde sind", presste William zwischendurch hervor.

Ich lachte unbeholfen.

Oh Gott, war das überhaupt noch einvernehmlich hier.

Zimmer mit Aussicht (I + II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt