Kapitel 01| 01

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K A P I T E L 01

1

London, vor vier Monaten


Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander. Mit zusammengepressten Lippen starrte Elliot nach vorne. Sein linkes Bein wippte nervös auf und ab. Ich rutschte tiefer in den Beifahrersitz, schaute auf den Duftbaum der hinundherbaumelte. Dieses Mal liefen weder die Rolling Stones noch die Beatles im Hintergrund. Elliot Price hatte die Fähigkeit den Eindruck eines desinteressierten und arroganten Arschlochs zu vermitteln. Doch Elliot Price war einfach meist maßlos überfordert mit Menschen, gesellschaftlichen Normen und der Wahl richtiger Worte zum richtigen Zeitpunkt. So war es nicht verwunderlich, dass er neben mir saß und nicht wusste was er sagen sollte. Ich schielte auf meine Armbanduhr hinab. Seit fünfzehn Minuten nun standen wir in einer Parklücke zwei Straßen entfernt von meiner Wohnung.

"Ich parke vor diesem Italiener bei dir um die Ecke", hatte er geschrieben. Daraufhin hatte ich mir Jeansjacke und Haustürschlüssel geschnappt und die Wohnung verlassen. Pietro war zu beschäftigt, bekam nicht mit dass E. Price vor seinem Lokal stand. Ich hatte kurz gezögert, bevor ich die Beifahrertür öffnete. 

"Erinnerst du dich an die Pizzen, die ich in der Silvesternacht mitgebracht habe?", unterbrach ich schließlich das Schweigen. Ich nahm den Blick vom Duftbaum und starrte durch das Fenster hinaus zum Lokal. Es war warm geworden in den letzten Wochen. Auch am heutigen Abend saßen noch einige Menschen vor dem Lokal. Eine Freundesgruppe hatte direkt am Eingang Platz auf den roten Stühlen genommen und teilte sich drei Pizzen. Das Lachen schallte zu uns herüber.

Elliot schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

"Die habe ich-" ich malte Gänsefüßchen in die Luft "-von diesem Italiener."

"Ellis, hast du mit irgendwem gesprochen?"

Ich schloss die Augen. Atmete langsam aus.

"Nein Elliot. Natürlich nicht. Es sind einige Artikel über mich - uns - erschienen. Ja, und? Die Zeitungen drucken ständig irgendetwas Neues von dir oder anderen vermeintlich very important people. Als du mit dieser Nadia irgendwer zusammen warst, waren die ganzen Zeitschriften voll mit deinem Gesicht."

...und ihrem Hintern.

"Das ist etwas anderes."

"Warum? Ist es dir unangenehm, dass wir zusammen abgedruckt wurden? Warum tangiert dich das so?"

Elliot zwirbelte die Bänder seines Hoodies zwischen den Fingern hin und her. Das Wippen hatte aufgehört.

"Nein. Jedoch hasse ich diese mediale Aufmerksamkeit. Ich versuche mein Privatleben bestmöglich für mich zu behalten. Du solltest deins auch für dich behalten", begann er. "Weißt du was das angenehme an unseren Rendezvous war? Das sie so intim, so echt waren. Es ging nur uns etwas an. Es hatte seinen Reiz. Es hat mir das Gefühl gegeben, dass wir etwas hatten, was wir nicht mit der Welt teilen mussten."

Wer hätte es gedacht, dass Elliot Price in der Lage war solch fast schon romantische Worte von sich zu geben.

"Das hast du irgendwie süß gesagt."

"Wenn du meinst."

"Elliot, ich bin grundsätzlich sehr unkompliziert. Mach dir nicht so viele Gedanken."

Elliot schnaufte. Das Wippen begann erneut. Ich legte meine Hand auf seinen Oberschenkel. Zum ersten Mal seitdem ich in sein Auto gestiegen war, schaute er mich wirklich an. Unzählige Male hatte ich seinen Blick auf mir gespürt. Hatte in seine hellen Augen geschaut. Die langen Wimpern bewundert.

Zimmer mit Aussicht (I + II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt