K A P I T E L ❤ 09
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Während Anja und ich uns für das Dinner fertig machten, gingen wir Plan A noch einmal im Detail durch. Sie trug einen Rock mit schicker Bluse, ich einen Hosenanzug mit hohen Schuhen. Wir würden maximal zwei Gläser Wein bestellen, keine Spirituosen und keine Cocktails. Wenn eine von uns beiden auf die Toilette ging, dann nur um in einer heiklen Phase einen kurzen Rat per SMS mitzuteilen. Zwei Frauen mit Plan, dachte ich mir schmunzelnd, während ich mir vor dem Spiegel Maskara und Eyeliner auftrug. Mein Handy lag neben mir auf dem Marmorwaschbecken. Die zwei neuen Nachrichten die eingetroffen waren, hatte ich noch nicht gelesen. Allein das Kürzel verriet mir, wer geschrieben hatte. Ich wartete bis Anja schließlich aus dem Badezimmer kam, bis ich neugierig über den Screen wischte.
Gesicht nicht erkannt, sagte das Handy. Ich schnaufte und beugte mich über den Screen. "Sag nochmal, dass du mein Gesicht nicht erkennst!"
Gesicht nicht erkannt, wiederholte es.
"Hallo? Willst du mich verarschen!", rief ich ins Telefon und legte Maskara und Eyeliner zur Seite, um es auf die Hand zu nehmen.
"Entschuldigung, das habe ich nicht verstanden"
Ich starrte fassungslos ins Handy hinein. Nach dem dritten, dein Gesicht wurde nicht erkannt, tippte ich schließlich schnaufend den Code ein. Eine Weile starrte ich in den Screen. Mit breitem Grinsen las ich, was Elliot Price mir geschrieben hatte.
Miss Shepherd, ich kann ihnen die von innen reinigende Gurken-Jogurth-Guaven Kur empfehlen. Die würde hervorragend in ihr Spa-Programm passen. Soll ich Ihnen vielleicht noch einen frischen mineralisierenden Zitronensaft bringen lassen, damit ihre Haut wieder ihren natürlichen "Glow" erlangt?
Ich kam nicht dazu, seine zweite Nachricht zu lesen, denn Anja kam wieder ins Badezimmer gestürmt. Ich sperrte mein Handy und hoffte sie würde mein breites Grinsen nicht sehen. So oder so hätte sie nicht lesen können was E.fucking.P, wie ich Price in meinem Handy gespeichert hatte, geschrieben hatte.
"Was brauchst du denn so lange?", fragte sie und starrte mich mit geneigtem Kopf an. Ich schaute in den Spiegel und stellte fest, dass ich nur ein Auge geschminkt hatte.
"Bin gleich soweit", antwortete ich geistesabwesend und hob den Eyeliner an.
Anja sprühte sich noch Parfum auf. "Auch was?", fragte sie und hielt mir ungefragt das kleine Fläschchen ins Dekolotée. Ich rümpfte die Nase.
"Anja, willst du die Deutschen mit einer Wolke aus Blumenmeer und Einhornkotze ersticken?!"
"Hey, das ist der Trendduft des Jahres", protestierte sie gespielt pikiert und marschierte wieder aus dem Badezimmer.
"Das hast du bestimmt nur aus einem anderem Hotelzimmer mitgehen lassen."
"Gegebenenfalls."
Ich nahm mein Handy wieder auf die Hand.
416, stand dort nur.
Ich grinste in mich hinein. Wusste, dass ich heute Nacht noch einen Abstecher zwischen Elliots Laken machen würde. Innerlich dankte ich seiner Assistentin dafür, dass sie seine Kundentermine in Berlin rein zufällig auf denselben Abend gelegt hatte.
❤
Eilig liefen wir zum Aufzug. Die Türen waren gerade dabei sich zu schließen. Anja preschte vor, wollte ihre Hand dazwischen halten, doch kam ihr jemand zuvor.
Es war der Penis mit seinem Kompagnon. Seinen Birth-Suite hatte er mit einem Anzug ausgetauscht. Eine Wolke Aftershave kam uns entgegen. Schweigend stellten wir uns in die kleine Kabine.
"Die Damen", sagte der Kompagnon. Ronald, oder wie auch immer er hieß.
"Die Herren", gab Anja zurück und presste dann die Lippen zu einer geraden Linie zusammen. Mehr hatte sie nicht zu sagen.
"Eine schicke Aufmachung, für einen Jungesellenabschied."
"Niveaulose Feierei ist nicht unser Stil", sagte ich versucht gelassen und zwinkerte. Dann drückte ich zum wiederholten Male auf den Aufzugknopfs. Als ob uns dies schneller in Richtung Lobby befördern würde.
Die Kabine verfiel wieder in ein Schweigen.
Ich schaute auf mein Handy hinab. Anja studierte gespielt interessiert das Poster, das am Spiegel hing.
Die beiden Männer sprachen mit gesenktem Ton über ihr Abendprogramm.
"Ich sags dir Ronald, der wird am Ende selber nicht mehr wissen was Wahrheit, was Lüge ist."
"Oh, das wird ihn in den Abgrund reißen. So oder so ein Scheißkerl. Geld wie Heu. Arrogantes Arschloch. Da werden wir was gutes draus drehen können. Vor allem, ist der Prozess noch immer am Laufen. Dazu später mehr."
Erneut hüllte ein Schweigen die Kabine. Ich war auch dazu übergegangen das Poster am Spiegel zu betrachten. Versuchte die deutschen Worte zu entziffern.
"Vielleicht trifft man Sie ja in der Hotelbar wieder", so der Penis mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen, als wir das Erdgeschoss erreichten.
"Ich denke nicht", gab Anja zurück.
Der Penis hob nur die linke Augenbraue. Hatte vermutlich den Wink mit dem Zaunpfahl endlich verstanden.
Als wir ausstiegen hörte ich den Penis noch ein "Immer diese Wannabe-Alphafrauen" sagen.
"Arschloch", brummte ich unisono mit Anja in die Lobby hinein.
❤
Das Abendessen lief gut. Ausgesprochen gut. Besser als erwartet. Wir blieben bei zwei Gläser Wein und einem Champagner, lehnten die Spirituosen ab und mussten während des fast vierstündigen Abendessens auch nur zwei Mal auf die Toilette verschwinden. Einmal verschwand Anja bei der Verhandlung zur Investitionssumme. Das andere Mal weil sie sich unsicher war, ob einer der Gründer sie den ganzen Abend angrub. (Er grub sie den ganzen Abend an.) Es hätte mich gewundert, wenn er unter dem Tisch nicht versucht hätte mit ihr zu Füßeln. Der CEO war ein schmaler Mann, mitte Vierzig mit Ohrpiercing und perfekt gezupften Augenbrauen. Er nutzte den selben Badezimmer-Trick den wir nutzten, oder hatte lediglich eine inkontinente Blase. Die beiden anderen, hielten sich eher im Hintergrund.
Wir bestellten Rehrücken und Rotwein. Diskutierten über Julias Strategie während wir Schokoladensouflé und Champagner tranken. Verhandelten über Investitionssumme und Bedingungen bei Espresso und Absacker. Schüttelten Hände, betonten die Vorteile die beide Parteien durch eine solche Abmachung erhalten würden und beschlossen die Verträge durch unsere Anwälte aufsetzen zu lassen. Es war gewagt. Es war riskant. Ihre Zahlen waren nicht gut. Wir waren skeptisch. Aber ihr Businessplan war durchdacht und vielversprechend. Wenn sie sich an unsere Bedingungen hielten, könnte es - laut E.P - die beste Investition sein, die wir je gemacht hatten. Es kam zu einem mündlichen Deal. Hände wurden geschüttelt. Den Abend für beendet erklärt.
Als wir das Restaurant schließlich verließen, wusste ich, dass es der richtige Schritt war. Ich wusste es, denn Elaine hatte sich zu keinem Zeitpunkt zu Wort gemeldet. Sie war zufrieden. (Und ich anscheinend total bekloppt im Kopf.)
"Wollen wir in eine Kneipe gehen? Ich brauch nen Drink", sagte Anja. Sie sah müde aus. Einen kurzen Moment dachte ich an Price. Dann schaute ich auf meine Armbanduhr. Es war fast Mitternacht.
"Ich bin raus für heute. Lass uns zurück fahren", sagte ich. Fühlte mich schlecht, weil ich sie für einen Booty Call im Stich ließ. Aber jetzt wollte ich tatsächlich lieber Elliot Price in seinem Hotelzimmer vögeln, als mit Anja mir die Birne nebelig zu trinken.
Die Taxifahrt verlief ruhig. Gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster. Kurz verfielen wir in ein Lachen, nachdem Anja festgestellt hatte, dass der Mitgründer nichts hat anbrennen lassen: wir waren nicht einmal ins Taxi gestiegen, da hatte er ihr schon eine LinkedOut Anfrage geschickt.
Ich hoffte Anja würde schnell einschlafen, sobald wir zurück waren. Nach vier Seiten meines E-Book Readers hörte ich sie leise schnarchen. Es war so weit, dachte ich mir und fühlte mich wie mit siebzehn, als ich mich aus dem Fenster geschlichen hatte, um mit Sasha um die Häuser zu ziehen.
Leise zog ich die Zimmertür zu. Bekleidet nur mit schwarzer Unterwäsche unter meinem beigen Trenchcoat schlich ich mich den Flur entlang zum Aufzug.
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Zimmer mit Aussicht (I + II)
عاطفيةEllis hält nicht viel von Beziehungen, einem nine-to-five Job und der immergleichen Aussicht aus dem Schlafzimmerfenster. Stattdessen gehören Konferenzen, Hotelbars und attraktive Businessmänner zwischen ihren Laken zu ihrem Daily Business. Zu Missg...