K A P I T E L ❤ 07
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„Und das soll japanisches Eis sein?", fragte ich skeptisch und schaute hinab auf die bunten kleinen kloßähnlichen Bällchen, die auf einem Teller in der Tischmitte lagen. Mit meinen Stäbchen klemmte ich einen von ihnen ein und betrachtete ihn näher.
„Ja, nennt sich Mochi. Eis im Reisteigmantel."
„Wie soll man das denn essen?"
Ich ließ den Eiskloß wieder auf den Teller plumpsen.
„Soll ich es dir vormachen?", fragte William amüsiert.
William schnappte sich ein grünes Mochi-Bällchen und hielt ihn mir hin. „Die sind lecker. Etwas kalt, aber verdammt gut."
„Welche Sorte hast du denn?"
„Matcha."
„Speziell."
William lachte und wedelte mit seinen Stäbchen vor meiner Nase hin und her.
„Ist gut", gab ich mich amüsiert geschlagen. „Aber essen kann ich gerade noch selber."
William drehte die Augen gen Decke.
„Du wehrst dich auch gegen alles, oder?"
„Ist ja gut", gab ich amüsiert zurück und biss auf den Mochi-Eisball, den er mir ins Gesicht hielt.
„Und?", fragte William und schob sich selber ein Minzfarbendes-Matcha-Mochi zwischen die Lippen.
„Kalt?!", antwortete ich nur und verzog mein Gesicht gequält zusammen. Auf der Zunge der Geschmack von kaltem Matcha und Reue.
„Ich dachte du bist härter im Nehmen", sagte er und schaute mich fast schon enttäuscht an.
„Ich werde mir die folgenden Worte jetzt sparen!", neckte ich ihn.
Eine Weile schwiegen wir. Williams Blick bohrte sich in den meinen. Es schien als brauchten wir keine Worte, um zu kommunizieren. Doch wollte ich nicht dass er mich sah. Das er mich verstand. Ich verstand mich doch meist selber nicht. So senkte ich den Blick.
„Du bist eine harte Nuss, oder?", fragte William und etwas Weiches hatte sich in seine Stimme gelegt. Ich blickte nachdenklich hinab. Schaute auf meine Hände, die unruhig eine Serviette zerfranste.
Williams Hand legte sich im nächsten Moment auf die meine. Brachte sie zur Ruhe. Ich entspannte meine Finger und ließ die Serviette los. Seine fühlten sich ungewöhnlich auf meiner Haut an. Ein Gefühl, das ich lange nicht gespürt hatte. Elliots Finger hatten sich in meinem Haar vergraben und voller Lust in meinen Rücken gebohrt. Doch hatte ich sie nie, fast schon sanft, auf meiner Hand gespürt. Williams Berührung war eine andere.
„Ich muss zugeben, du bist verdammt interessant", sagte William. Ein kleines, neckisches Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Komm, ich kenn noch eine gute Bar um die Ecke. Ein letzter Drink?"
Ich zögerte.
„Ich geh kurz ins Bad.", entschuldigte ich mich und stand auf.
Ich atmete laut aus starrte in den Spiegel an. Meine Hände stützten sich auf das edel wirkende Marmorwaschbecken. Mein Herz pochte ungewöhnlich laut. Als wäre ich einen hundert Meter Sprint gerannt. In meinen Ohren rauschte es fast schon.
Es war ein Fehler gewesen mit William auf dieses Date zu gehen, schoss es mir durch den Kopf. Ich wusste was als nächstes passieren würde. Ich würde ihm zustimmen. Wir würden in eine Bar gehen. Ich würde einen, zwei, vielleicht drei Drinks zu mir nehmen. Meine Hand würde irgendwann auf seinem Oberarm liegen. Seine Augen würden mit meinen flirten. Wir würden uns ein Taxi rufen und zu ihm fahren. Eng würden wir auf der Rückbank zusammensitzen. Bei ihm zu Hause würden wir uns schon im Flur und die Kleidung ungeschickt vom Körper ziehen nur um dann eilig in seine Laken zu fallen.
Alles nichts neues. Alles ein Spiel, das ich nur zu gerne spielte. Keins, das ich mit William spielen konnte. Oder sollte ich sagen, wollte?
Ich raufte mir durch die Haare und wand mich vom Spiegel ab. Musste eine Ausrede finden. Wo lag das Problem, fragte eine Stimme in meinem Kopf. Nicht die Elaines. Sie war ausnahmsweise erstaunlich ruhig. William und ich wussten beide, dass die Bar nur das Mittel zum Zweck war. Warum nicht gleich ein Taxi zu ihm nehmen?
Ich konnte mir nicht erklären, warum ich im Badezimmer des Restaurants stand und Panik schob. Hatte ich etwa Angst? Gott war ich verkorkst. So sehr, sogar dass ich wieder einmal Gott mit ins Spiel holte.
Ich musste eine Entscheidung treffen. Was hatte ich zu verlieren? Meinen Ruf in Little Win? Ich lachte amüsiert auf.
Nein, denn nicht. Da war sie wieder. Ihre Stimme. Wie immer mit Sarkasmus versehrt.
„Was dann?", flüsterte ich. Doch die Antwort brauchte ich gar nicht zu hören. Ich wusste sie. Natürlich wusste ich sie.
„Alles okay bei dir?", fragte mich William als ich mich gespielt gelassen in den Stuhl sinken ließ.
„Alles bestens", antwortete ich und lächelte ihm zuversichtlich zu. Ich betrachtete seine weichen Gesichtszüge. Seine linke Augenbraue die er immer etwas in die Höhe zog. Die kleinen Fältchen, die sich um seine Augen abgezeichnet hatten.
„Ich muss morgen früh raus, William."
„Verstehe", sagte er.
„William, willst du mich kennenlernen oder ins Bett kriegen?", fragte ich schließlich geradewegs heraus. Was sollte ich auch um den heißen Brei reden.
William starrte mich einen Augenblick an. Fragte sich vermutlich, ob er sich verhört hatte.
„Beides?", antwortete er mit unschuldiger Stimme und fing an zu lachen.
Auch ich konnte nicht anders und stimmte mit ein. Meine Panik hatte sich wieder gelegt. Die Stimmung wieder entspannt. Und dennoch entschied ich, heute nicht mit ihm heimzugehen. Auch wenn ich es ungern zugab, ich war froh, mit William ausgegangen zu sein.
Vielleicht, auch nur ganz vielleicht, stellte ich mir auf dem Rückweg, während mir mein Uber-Driver seine gesamte Lebensgeschichte erzählte, vor, wie es wäre, würde er nackt in meiner Küche stehen. William, nicht der Uber-Driver.
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Zimmer mit Aussicht (I + II)
RomanceEllis hält nicht viel von Beziehungen, einem nine-to-five Job und der immergleichen Aussicht aus dem Schlafzimmerfenster. Stattdessen gehören Konferenzen, Hotelbars und attraktive Businessmänner zwischen ihren Laken zu ihrem Daily Business. Zu Missg...