Kapitel 08 | 1 | Edited

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K A P I T E L 08

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„Buchen Sie Anja und mir bitte einen Flug nach Berlin. Nächste Woche Montag bis Freitag", rief ich ins Telefon, während ich den Zucker in den Cappuchino einrührte.

„Wobei – Anja?"

Ich drehte mich zu Anja. Die saß in ihren Laptop versunken auf der anderen Seite des Meetingraums. Sie blickte mit hochgezogenen Brauen in meine Richtung.

„Willst du nach unserem Termin Freitag zurück oder bleiben wir das Wochenende in Berlin?"

Anja schüttelte den Kopf.

„Kann nicht", rief sie und senkte den Blick wieder auf den Bildschirm.

„Gut, Erikson, ich bleib bis Samstagabend. Suchen sie mir bitte ein Hotel im Geschäftsviertel aus. Vielleicht mit Spa."

Ich legte den Löffel zur Seite und nippte an meinem Capucchino. Im Hintergrund hörte ich Erikson schon in seine Tastatur tippen.

„Achja, Erikson, ich brauche für Mittwochabend einen Tisch in einem verdammt guten Restaurant für ein Geschäftsessen. Wir sind zu sechst. Bitte kein Sushi. Schicken Sie mir einige Vorschläge."

Ich klärte die letzten Details und legte schließlich das Telefon zur Seite.

Ich war eine Frau mit Plan, dachte ich mir und grinste in meinen Laptop hinein. Noch drei Stunden, bis ich Elliot zum Mittagessen treffen würde. Dann würde ich mit ihm meinen Schlachtplan durchsprechen.

„Ellis, wie hieß die deutsche Firma, dessen CEOs wir Mittwoch treffen?"

Anja stand auf, durchquerte den Raum und stellte ihren Laptop vor mich. Ich schaute mir die Browserseite an, die Anja geöffnet hatte. Vier mittvierziger Anzugssträger grinsten mit verschränkten Armen in die Kamera.

„Mache gerade weitere Recherchen, wusstest du dass die den Zusammenschluss mit Julias Firma vor drei Jahren abgelehnt haben, auch wenn das ihr finanzieller Untergang hätte sein können?"

„Ich weiß, sie ist mit komplett unrealistischen Vorschlägen an die Sache herangegangen. Wollte zu viele Anteile, wollte ihre Strategie durchziehen. Sie ging davon aus, dass sie eh schon mit dem Rücken zur Wand standen. Im Endeffekt, waren ihre Worte, entweder wir fusionieren oder wir eliminieren euch vom Markt."

„Ja, sie hat damals gegen DigiPsych sämtliche Konkurrenzkampagnen gefahren. Die waren fast vom Markt verschwunden, bis sie sie einen Weg gefunden haben, ihre Zielgruppe zu erweitern. Eine komplett neue Strategie haben sie aufgestellt."

„Detaillierte Einblicke in ihre Finanzen hab ich jetzt nicht, aber Julia ist nicht nur unsere Konkurrenz sondern auch die von DigiPsych."

„Ich bezweifle dass die sich mit uns zusammenschließen."

„Anja, wir werden denen am Mittwoch nicht sagen, dass wir eine Fusion eingehen wollen. Warum sollten sie das tun. Aber es könnte andere Türen öffnen, es könnte zu einer Zusammenarbeit kommen. Es könnte uns Einblicke gewähren, die uns helfen könnte."

„Was hat DigiPsych davon?"

„An den Details arbeite ich noch. Ich hab ein Ass im Ärmel."

Anja schaute mich fragend an. Ich wartete bis sie ihre Kaffeetasse wieder auf den Tisch stellte, bevor ich ihr droppte, dass ich Mittags mit Elliot Price verabredet war.

„DU MACHST WAS?"

Anja schaute mich an, als hätte ich ihr gerade erzählt, dass ich mein Studium durch Tabledancing verdient hätte.

„Du hast mich schon verstanden", sagte ich grinsend und öffnete die Präsentation, die ich Elliot vorstellen wollte.

„Wie? Was? Wann? Warum?", brachte sie heraus.

„Ach Anja, wir hatten einen wilden Quicky und danach bot er mir gleich an über mein Business zu sprechen", sagte ich und fügte einen ironischen Unterton hinzu.

Anja prustete laut los. „Ne ist klar. Ich glaube das fände seine Frau weniger gut."

„SEINE FRAU?!"

„Exfrau, sorry."

Anja grinste mich an. „Aber wer weiß, vielleicht lädt er dich nach eurem Meeting gleich in seine Penthouse Wohnung ein. Dann kannst du ihm die Strategie dreckig ins Ohr flüstern."

Oh, wenn du wüsstest, dachte ich mir und grinste in meinen Kaffee hinein.

„Achja, ein wenig Background Recherche solltest du vielleicht dennoch zu ihm betreiben. Wenn du erfolgreich aus dem Meeting gehen willst, wäre es gut zu wissen, mit welchen Themen und welcher Strategie du ihn am besten erreichen kannst."

„Mach dir keine Gedanken, habe ich alles schon", log ich und stand auf. Das Einzige was ich wusste, war das er verdammt gut im Bett war und verdammt gute Reden hielt (...die mich dazu brachten mit ihm ins Bett gehen zu wollen). Was sein Privatleben anging, wusste ich absolut gar nichts, stellte ich fest. „Denk dran, heute Nachmittag um drei ist das Social Media Meeting mit den Jungs von dieser Agentur."

Ich stürmte aus dem Raum und wählte Sashas Nummer.

Ich erinnerte mich an die Worte, die sie um Weihnachten einmal erwähnt hatte. Dass sie interessante Infos zu ihn hatte. Ich war nie ein Fan von der Klatschpresse gewesen, aber vielleicht war es an der Zeit.

„Sasha!"

„Ellis? Alles okay bei dir?"

„Alles bestens. Du sag mal, du erwähntest einmal, dass du brisante News zu Elliot Price hast. Was für News?"

"Wie kommst du da jetzt drauf?"

„Kurzer Kontext, ich treff mich mit ihm zum Lunchen."

„Bitte was machst du?"

„Pscht! Das bleibt unter uns. Es geht um geschäftliches."

„Natürlich geht's um geschäftliches. Du wirst dich kaum mit ihm zu nem schnellen Quicky in seinem Büro treffen."

Innerlich stöhnte ich auf. Ausnahmsweise mal nicht.

„Also schieß los."

„Okay gut. Ich habe irgendwo einen Artikel über ihn gelesen. Es war einer der wenigen, in denen er etwas über sein Privatleben preisgab. Anscheinend war er zehn Jahre lang verheiratet und hat eine Tochter. Seine Ex Frau hat Elliot jedoch mit dessen engsten Partner innerhalb der Firma betrogen und sich mit ihm verbündet. Eine dreckige Geschichte war das. Hat eigentlich Schlagzeilen gemacht. Sie hat ihn nicht nur betrogen sie hatte geheime Machenschaften mit Elliots Partner am Laufen. Haben versucht Elliot aus seiner eigenen Firma zu schmeißen. Frag mich nicht was die da im Detail ausgeheckt hatten. Jetzt verweigert sie ihm den Kontakt zu seiner Tochter und sie befinden sich in einem ekligen Rechtsstreit. Der war psychisch eine Zeit so am Ende dass er mehrere Wochen in eine Art „Retreat" gegangen ist."

„Warum ist das an mir vorbeigegangen?", fragte ich fast schon fassungslos über mein eigenes Unwissen.

„Er hat dich nie wirklich interessiert, bis du ihn auf dieser Konferenz begegnet bist."

„Woher sollte ich auch wissen, dass ich mal mit ihm Mittagessen gehe", sagte ich mit einem Lachen in der Stimme und schaute auf die Uhr. Allein die Vorstellung mich gleich mit ihm zu treffen, ließ mein Herz rasen.

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