Prolog

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P R O L O G

Thailand, heute

"Ich glaube da hinten ist es!", rief ich und zeigte in Richtung Norden. "Dort drüben, das Gebäude mit dem dunklen Holz und den vielen Palmen. Da wo die Hängematten hängen. Die Eine hatte doch etwas von Hängematten erzählt, oder?"

"Sagte sie nicht etwas von einem großen Tor und einem Pool?"

"Wie hieß die Lodge? Heaven in Pai?"

William zuckte die Schultern. "Ich weiß es nicht mehr."

"Es hieß Pai Pai Paradise."

Ich schaute zu Jonas. Er war die letzten Minuten unerwartet still gewesen. Mit glasigem Blick schaute er hinaus. Beobachtete die kleinen Holzbaracken und Palmen die an uns vorbeizogen.

"Was ist los, Jonas? Wir haben es endlich geschafft", sagte ich und legte meine Hand auf seinen Oberarm.

"Was ist, wenn sie mich nicht sehen will? Was ist, wenn sie sich nicht freut?"

"Wir sind um die halbe Welt gereist, um sie zu finden. Sie wird sich freuen", sagte ich. Hoffte, dass ich richtig lag. Hoffte, dass dieser ganze Aufwand sich gelohnt hatte. Ich strich mir eine nasse Strähne aus der Stirn. Mein Shirt klebte an meinem Körper. Die schwüle Luft machte mir zu schaffen. Wie die Sardinen in der Büchse saßen wir auf der Rückbank des Tuktuks. Die Lodge kam immer näher. Ein Tor war zu sehen. Ein Pool. Mein Herz klopfte schneller.

Der Fahrer bremste scharf, setzte uns ab und raste von einer dunklen Staubwolke gefolgt weiter. Das Geräusch des Motors verklang in der Ferne. Dann war es still. Eine Weile standen wir am Feldweg. Die Luft drückte.

"Na dann, seid ihr bereit?"

Jonas nickte gedankenverloren. Sein weißes Hemd klebte nass an der Brust.
"Was soll noch schiefgehen?", fragte William und ein Grinsen legte sich auf seine Lippen. Dann öffnete er das Tor. Wir blickten auf das hölzerne, große Gebäude. Es hatte keine richtigen Wände. Einzelne dicke Holzbalken hielten das Haus zusammen. Hängematten waren aufgespannt worden. Eine große Terrasse verband das Gebäude mit dem Pool. Einige Gäste saßen mit Büchern auf bunten Sitzkissen. Drei junge Frauen spielten sich einen Volleyball im Pool zu. Aus einer Musikbox drang ein Chill-Mix. Mehrere Palmen umrahmten die Lodge. Es roch nach Paradies und Pad Thai.

Und dann sah ich sie: Sie lag in einer Hängematte, in den Händen ein Buch. Braun gebrannt in einem schwarzem Tanktop auf dem der Schriftzug Chang Beer stand. Ihre langen Haare ungekämmt. In ihrem Schoß eine schwarze Katze.

Es dauerte nicht lange, bis auch Jonas und William sie sahen.

"Und jetzt?", fragte Jonas.

Ich schubste ihm mit meinem Ellenbogen an. "Nun geh schon hin!"

"Was soll ich denn sagen?"

"Was weiß ich denn?", fragte ich und ging auf den Pool zu. Meine Flip-Flops klatschten mit jedem Schritt mit. Klatsch, Klatsch ich konnte es nicht fassen, dass wir sie wirklich gefunden hatten. Klatch, Klatsch irgendwo in Thailand. Klatsch Klatsch in irgendeiner Backpacker Lodge. Klatsch, Klatsch Erica.

"Ellis? Was zur Hölle- Jonas, William? Was um Himmelswillen macht ihr bitte hier?"

Meine Schwester setzte sich auf. Die Katze sprang erschrocken von ihrem Schoss. Fauchend huschte sie weg. Das Buch landete auf dem Boden. Die Zeit stand still. Mit offenem Mund starrte Erica mich an und stand auf. 

"Surprise."

"Was, wie? Warum, wie seid ihr hier?"

"Das ist eine verdammt lange Geschichte", sagte Jonas und lachte. William stimmte mit ein. Ich presste meine Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. Nie in meinem Leben hätte ich gedacht, dass ich meine Schwester hier finden würde. Am anderem Ende der Welt. In ranzigem Tanktop, mit wilden Haaren und braungebrannter Haut. Ich schnaufte. Bemerkte wie die Last der letzten Wochen, von meinen Schultern fiel.

Jonas hatte recht.

Es war eine verdammt lange Geschichte.

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PS. bitte Stimmt noch für ein Cover ab <3 (Kapitel "Cover Abstimmung")

Zimmer mit Aussicht (I + II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt