#75 - He wanted me to...

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Jackys POV:

Kaum war Louis weggefahren rastete meine Mutter so richtig aus und meine Oma, die sich schützend vor mich stellte, war das einzige, was sie davon abhielt mich erneut zu schlagen. Irgendwie konnte ich sie -auch wenn das vielleicht wenig glaubhaft klingt- verstehen, schließlich war die Trennung und das anschließende Drama mit meinem Vater noch nicht so lange her und ich hätte an ihrer Stelle vermutlich so schnell auch keinen Mann mehr sehen wollen - auch keinen halben Mann mit der eigenen Tochter oder sogar gleich zwei. Sie konnte schließlich nicht ahnen, dass ich einerseits mit Niall zusammen war und Louis andererseits lediglich eine guter Freund war, der mich aus reiner Nettigkeit nach Hause brachte. Zudem musste es ein ziemlicher Schock für sie gewesen sein, dass ich auf einmal mit einem fremden Jungen knutschend vor der Haustür stehe - da kann man schon mal die Nerven verlieren.

Nicht, dass ich sie in Schutz nehmen möchte, schließlich nehme ich es ihr schon ziemlich übel, dass sie mich schon zum zweiten  Mal geschlagen hat, aber ich verstehe, warum sie so reagiert hat. Ich entschärfte die Situation zum Teil, als ich hinter  meiner Großmutter hervortrat, die Hände hoch hob, als würde ich mich ergeben und fragte: ,,Mum? Können wir zwei vielleicht mal unter vier Augen reden?"
Zu meinem Erstaunen sah sie mich an, nickte und folgte mir anschließend ins Haus, in mein Zimmer, wo ich mich aufs Bett setzte und sie sich vor mich stellte und mich ansah. Auch wenn ich nicht genau wusste wofür, entschuldigte ich mich als erstes, damit sie sich etwas beruhigte und ich ihr in Ruhe alles erklären konnte. ,,Also....der Junge, der mich heute nach Hause gebracht hat, ist nicht mit mir zusammen oder ähnliches, sondern hat eine Freundin und wird bald Vater, nur um das mal klarzustellen...Louis, so heißt  er, hat mich nur nach Hause gebracht, weil ich so spät dran war und eigentlich nicht wollte, dass ihr erfahrt, dass ich überhaupt weg war..", versuchte ich ihr zuerst zu erklären, dass Louis lediglich ein Kumpel von mir war und mich bloß netterweise nach Hause gebracht hatte. Sie sah kurz ein wenig verwirrt aus, sagte jedoch nichts und ließ mich fortfahren: ,,Und der Junge letztens, den ich geküsst habe...das ist Niall....mein fester Freund."

So, jetzt war es raus und die Bombe explodiert, was man auch ziemlich gut an der Reaktion meiner Mutter erkennen konnte, der die Kinnlade herunterklappte und die mich etwas komisch ansah: ,,Ein neuer Freund? Jetzt schon? Vincent ist doch gerade erst weg und du weißt doch...Liebe braucht seine Zeit und ich will nicht, dass es dir wie mir geht..."
Aus ihrer Stimme hörte ich erst kleine Zweifel und letztendlich auch Verzweiflung heraus, der von ihrer eigenen Situation und Erfahrung herrührte. Sie bedauerte es nicht mich und Jamie damals behalten zu haben, doch sie wollte mir diese Unsicherheit und den ganzen Druck ersparen der damals auf ihr gelastet hatte. Plötzlich hatte sie mit Zwillingen da gestanden, fast ganz allein und nur mit ihrem Freund, der sie zumindest finanziell unterstützt  und irgendwie dafür gesorgt hatte, dass wir ein Dach überm Kopf und etwas zu essen hatten.
Meine Mutter hatte lange Zeit damit verbracht, die Schule nachzuholen und zu studieren und hatte uns nebenbei allein großziehen müssen, da unser Vater den ganzen Tag arbeiten war.  Eltern, die sich um uns, also Jamie und mich hätten kümmern können, hatte es nicht gegeben, da wir in Deutschland und meine Großeltern in England gelebt hatten. Geld fehlte ohnehin schon, sodass meine Eltern sich auch keine Babysitterin hatten leisen können, aber irgendwie hatten sie es geschafft, bis dann der nächste Schicksalsschlag im Anmarsch war: Bei meinem Zwillingsbruder wurde Lungenkrebs festgestellt — im Endstadium.  Niemand weiß wie es dazu kommen konnte, da er in einem Alter von 13 Jahren noch nicht geraucht hatte und eigentlich hätte kerngesund sein sollen. Von Anfang an hatte festgestanden, dass der Tumor weiter streuen und Jamie sterben würde. Weder Chemo noch Operation hätten geholfen - seinem Leben bloß  früher ein Ende gesetzt, weshalb sie uns empfohlen hatten, einfach die letzten Tage mit ihm zu genießen und zu versuchen ihn irgendwie glücklich zu machen.
Ich kann mich noch ziemlich gut daran erinnern, wie er mir immer und immer wieder versprochen hat, dass alles gut werden würde, obwohl wir beide gewusst hatten, dass es eine dicke, fette Lüge war, da es nicht gut werden würde. 
Ab dem Zeitpunkt ließ ich ihn nie allein: wir schliefen in einem Bett, spielten tausend Spiele zusammen, ließen Drachen steigen und schickten Luftballons mit Botschaften in den Himmel.

The Story of my Life (1D FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt