Nachdem wir unten angekommen waren, setzten wir uns schweigend an den bereits gedeckten „Frühstückstisch“, auf dem ich lauter leckere Sachen sah: Rührei, Käse, Kakao und und und… .
Ich brauchte alle meine Beherrschung, um mir nicht schon alles was ging auf den Teller zu schaufeln und mit Essen loszulegen, da das meinen vollständigen Untergang bedeutet hätte. Erst als auch meine Großeltern am Tisch saßen, konnte es losgehen. Das ganze Essen war in Schweigen gehüllt, was den Anderen ziemlich unangenehm war, mir allerdings nicht viel ausmachte, da es schließlich ESSEN gab. Erst nachdem ich fertig war, stellte meine Oma mir eine Frage, die mir bekannt vorkam (vermutlich, weil ich sie vor 10 Minuten selbst gestellt hatte): „Und jetzt?“ Ich sah sie an und antwortete dann langsam: „Ich werde zu den Besitzern gehen, mich entschuldigen und die Scheibe bezahlen.“ Als sie nickte, fügte meine Mutter hinzu: „Und ich werde sie begleiten.“ Der zufriedene Ausdruck auf Grandmas Gesicht trübte sich. Sie hielt es anscheinend nicht für gut uns Beide zusammen, alleine aus dem Haus gehen zu lassen…Tja, da waren wir schon zu zweit, obwohl ich allerdings nicht glaubte, dass es für mich (zumindest heute) noch gefährlich werden konnte, schließlich hatten wir uns gerade erst ausgesprochen.
Ich erwartete schon, dass sie noch etwas dagegen sagen würde, aber sie blieb still. Nachdem auch die Anderen aufgegessen hatten und ich gerade dabei war meine Sachen in die Küche zu räumen, fasste mich meine Mutter am Arm und sagte: „Zieh dir was vernünftiges an, wir gehen in 15 Minuten.“ Ich nickte als Antwort bloß und ging hoch in mein Zimmer, wo Jack frecherweise auf meinem Bett lag und mich provozierend ansah. Ich lachte über seinen Gesichtsausdruck und öffnete dann meinen Kleiderschrank.
Nach ein paar Minuten entschied ich mich für eine Hollister Jeans und einen einfachen Pulli von H&M. Danach ging ich ins Bad, schminkte mich kurz ein wenig, band mir die Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen und ging auf Klo. Ein Blick aufs Handy verriet mir, dass ich 10 Minuten gebraucht hatte, was wohl mein neuer Rekord war.
Nicht, dass ich es eilig hatte diesen fremden Leuten zu gestehen, dass ich ihre Scheibe geschrottet hatte, aber meine Mutter hatte gesagt 15 Minuten und wenn ich dann nicht da war, würde ich bloß noch mehr Ärger kriegen.
Wenn man vom Teufel redet, oder in dem Fall denkt…sie betrat das Badezimmer, gerade als ich es verließ. Als ob sie es nötig hätte sich nochmal zu stylen…sie war eine Naturschönheit: braune Haare, hellgrüne Augen, gute Figur und perfekte Rundungen.
Was will man mehr? Während ich mir die Frage stellte, warum ich nicht genauso aussehen konnte, lief ich die Treppe hinunter und zog mir erneut meine schwarzen Chucks an. Kaum hatte ich sie angezogen, war meine Mutter auch schon da, öffnete noch kurz die Wohnzimmertür um sich zu verabschieden und ging dann voraus nach draußen.
Ich holte Luft und folgte ihr dann zögerlich – vermutlich in den Tod. Natürlich hätte ich weglaufen können, aber was hätte es gebracht? Irgendwann hätte ich mich ja doch entschuldigen müssen, also konnte ich das genauso gut auch jetzt machen. Kaum hatte ich die Haustür geschlossen, spürte ich auch schon ihren fragenden Blick auf mir. Ich seufzte kurz und sagte: „Gerade aus und irgendwann da hinten links, direkt das erste Haus.“ Sie gab mir keine Antwort sondern zog lediglich eine Augenbraue hoch, was mich direkt neidisch machte.
Ich wollte das schon immer können, aber so oft ich mich auch vor den Spiegel gestellt und geübt hatte - es hatte einfach nie geklappt. Wir machten uns jedenfalls ziemlich schweigsam auf den Weg. Da wir aber beide sehr schnell gingen, waren wir auch verdammt schnell bei dem Apfelmann.
Meine Wangen brannten, als ich daran zurückdachte wie ich den Apfel genommen, ihn durch die Scheibe geworfen hatte und anschließend in Lachen ausgebrochen war. Manche würden jetzt vielleicht behaupten, sie hätten nicht gedacht, dass der Apfel die Scheibe durchschlägt, aber das wäre in meinem Fall gelogen gewesen. Schließlich hatte ich genau gewusst was passieren würde. Ohne zu zögern ging meine Mutter auf die Haustür zu und klingelte, während ich mein Gewicht nervös von einem Fuß auf den Anderen verlagerte und mit gesenktem Kopf auf den ersten Anschiss wartete. Nach ein paar Minuten klingelte meine Mutter erneut, doch niemand öffnete. Kurzerhand, nahm ich ein Blatt von dem kleinen Notenblock den ich immer dabei hatte und schrieb: „Ich war das mit Ihrer Scheibe! Ab 18:00 Uhr unter folgender Nummer zu erreichen: +44 64388759910. Selbstverständlich werde ich für den Schaden aufkommen! Es tut mir wirklich sehr leid!“ Dann schob ich den Zettel unter der Haustür hindurch und erklärte meiner verblüfften Mutter erst einmal was ich darauf geschrieben hatte. Sie nickte und ich versuchte in Gedanken den Weg wieder zu finden, den ich gestern Abend gerannt war, was sich als nicht so schwierig herausstellte wie ich angenommen hatte, sodass wir uns schnell auf den Weg machen konnten.
Falls ihr euch fragt, warum ich immer einen kleinen Notenpapierblock dabei habe...es liegt einfach daran, dass ich manchmal eine Idee für ein neues Lied oder für eine neue Choreo hatte und sie so schnell notieren kann, bevor ich sie vergesse. Hier konnte ich das im Moment nicht wirklich gebrauchen da ich meine Tanzcrew und auch meinen Sportverein natürlich in Deutschland hatte zurücklassen müssen. Das Einzige was mir hier bisher möglich gewesen wäre, wäre in meinem neuen Zimmer Handstand zu machen, an meiner „Überbrücke“ zu üben und natürlich alleine für mich zu tanzen. Aufs Tanzen hatte ich aber nicht wirklich Lust, schließlich macht das alleine nicht so viel Spaß wie mit mehreren und Handstand oder Brücke würde ich am Abend vielleicht mal wieder machen bzw im Fall der Brücke weiter üben, schließlich hatte ich nicht vor meine Beweglichkeit zu verlieren. Und an die Leute die sich auskennen…Brücke kann ich logischerweise schon, aber ich übe noch weiter an der Überbrücke und versuche in der richtigen Brücke mit den Händen bis zu den Beinen zu kommen. Naja. Wir kamen jedenfalls an dem Geschäft an, wo ich die Scheibe eingeschlagen hatte und öffneten die Tür. Es stand zwar draußen „geschlossen“ dran (was vermutlich an der kaputten Scheibe lag), aber die Tür war offen. Hinter der Kasse im hinteren, rechten Teil des Raumes saß ein älterer Mann, den Kopf in die Hände gestützt und raufte sich die Haare. Als wir näher kamen, sah er hoch: „Habt ihr nicht das Schild gesehen? Es ist geschlossen.“ Er tat mir total leid, so wie er da saß und völlig ratlos schien, vermutlich nur wegen mir. Was hatte ich nur getan?
Zögerlich blieb ich stehen und antwortete leise: „Ja haben wir, aber wir möchten auch nichts kaufen…“ Ich unterbrach mich kurz, schluckte und sprach dann weiter: „Wir bzw ich bin hier, weil ich mich entschuldigen möchte, wegen…“, ich stockte leicht, „wegen Ihrer Scheibe.“ Er sah mich nur verwirrt an. Der Ärmste hatte verständlicherweise keine Ahnung mehr was abging, weshalb ich es erklärte: „Ich war das mit Ihrer Scheibe. Ich kann nicht wirklich erklären wieso, aber meine Hand hier ist der Beweis, dass ich es war. Deshalb bin ich auch hier! Ich wollte es Ihnnen sagen, mich entschuldigen und natürlich auch für den Schaden aufkommen. Ich erwarte nicht, dass Sie mir glauben, aber es tut mir wirklich sehr leid, das sollten Sie wissen…“ Er sah mich immer noch erstaunt an, aber mittlerweile schien er zu verstehen. Er musterte mich und antwortete nach einer Weile: „Doch, ich glaube Ihnen. Und ich glaube auch, dass Sie das nicht grundlos getan haben, sonst wären Sie schließlich nicht hier…Sie sind wirklich meine Rettung. Ich stehe so kurz vor der Pleite und als ich das mit der Scheibe vorhin auch noch gesehen habe, dachte ich es sei nun völlig aus.“
Oh Gott! Ich hätte fast das Leben dieses Mannes zerstört, der mir sogar glaubte und nicht wie ich eigentlich erwartet hatte ausrastete. Die nächsten Worte schossen einfach und ohne Überlegung aus mir heraus: „Also…wenn ich ihnen noch irgendwie helfen könnte, so als weitere Entschädigung, würde ich das gerne machen.“
Ich konnte sehen, wie sein ganzer Körper Hoffnung ausstrahlte, als er mich ansah und antwortete: „ Das würden sie wirklich machen? Wenn Sie das ernst meinen….., dann könnten sie mir ein wenig im Geschäft helfen.“ „Das mach ich doch gerne! Übrigens…ich bin Jacky, Sie dürfen mich ruhig duzen, ich bin erst 17“, erwiderte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
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The Story of my Life (1D FF)
FanficBei der 17-jährigen Jacky geht auf einmal alles schief was schief gehen kann und sie kann nicht einmal etwas dafür. Nach der Trennung ihrer Eltern findet sie sich in London bei ihren schrecklichen Großeltern wieder. Den einzigen Trost spenden ein Hu...