42. Dieses Gefühl, welches einem anderen gedankt war

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Liam

Zusammen mit Leo lief ich in den Garten des Schlosses Muderia. Vor ein paar Minuten hatten wir miteinander 'diskutiert', ob ich wirklich das Fliegen erlernen sollte oder nicht. Leo war sich immer so unsicher und fragte lieber dreimal nach, bevor er mehr oder weniger überzeugt war. Er sollte offener zu mir sein.

Ich würde ihm ja nicht direkt an den Kragen gehen, wenn mir seine Meinung nicht gefiel. Manchmal dachte ich wirklich ihm näher gekommen zu sein, doch dann waren wieder solche Momente, wo ich mir wiederum nicht sicher war. Mir war bewusst, dass ich noch nicht lange an seiner Seite war und dieses Vertrauen nicht so einfach erlangen konnte.

Leo hatte so viel zu verbergen, was ihm teilweise auch zu schaffen machte. Ich spürte seine Unsicherheit, seine Angst und seine Sorgen. Ich wusste aber leider nicht, wie ich ihm helfen konnte. Er war so eine wundervolle Person, die sich immer auf das Wichtigste für andere interessierte. Sich selbst vergaß er dabei und meine Aufgabe war es, mich, auch wenn nur indirekt, um ihn zu kümmern.

Der Garten war wirklich erstaunlich groß und diese Pflanzen waren wirklich bezaubernd. Leo ging wie verzaubert zu einer violetten Blume und roch an ihr. Seine Augen schlossen sich dabei genießerisch, wodurch meine Neugier geweckt wurde. Welchen betörenden Duft mag wohl diese Blume haben, die Leo so sehr entspannen lässt? Gerne hätte ich darauf eine Antwort bekommen, aber in diesem Augenblick war mir Leos Entspannung wichtiger.

Auf seinen rosaroten Lippen bildete sich ein sanftes, genießerisches Lächeln, welches mich in vollen Zügen dahin schmelzen ließ. Seine kurzen weißen Haare wurden von einer leichten Prise hin und her geweht, Leo aber ließ sich diesen Moment nicht nehmen und genoss ihn ausgiebig. Plötzlich landete ein orangefarbener Schmetterling, der ebenfalls von dem Duft dieser Blume angelockt wurde, auf Leos zierliche Nase.

Anscheinend hatte Leo diese Berührung mitbekommen und schlug seine Augen langsam wieder auf. Schielend sah er den Schmetterling, der auf seiner Nase Platz genommen hatte an, der nun seelenruhig den Nektar der violetten Blüte trank. Die ganze Zeit hielt Leo still und beobachtete das kleine Wesen auf seiner Nasenspitze lächelnd.

Auch als sich der Schmetterling elegant in die Lüfte erhob, verschwand dieses Lächeln auf seinen Lippen nicht. Er sah dem Schmetterling verträumt hinterher und schien etwas befriedigendes zu denken. Ich wünschte mir innerlich diesen Jungen in der Zukunft, genauso zum Lächeln bringen zu können.

Bei diesem Gedanken konnte ich einfach nicht anders, als zu Leo zu gehen und meine Arme um seinen schmalen Körper zu legen. Überrascht drehte er sich in meinen Armen um und sah mich mit seinen glänzenden Augen an.

Die Schönheit in Person stand nun vor mir und sah mich gefesselt an. Seine Augen trafen meine, dieser Moment war einfach perfekt. Am liebsten würde ich mich zu ihm herunterbeugen und meine Lippen mit seinen vereinen, doch sollte er den ersten Schritt wagen. Ich möchte ihn nicht unter Druck setzen oder ihm das Gefühl geben, dass er das musste.

Sanft zog ich ihn näher an mich heran und spürte seinen ruhigen Atmen an meiner Schulter.
,, Seit wann bist du denn so verschmust? ", kicherte Leo lieblich auf.
,, Das war ich schon immer, aber nur wenn du es bist mit dem ich schmusen kann", schnurrte ich glücklich.

Ein leichter Rotschimmmer legte sich auf seine Wangen. Schüchtern versuchte er es zu verstecken, indem er sein Gesicht eng an meine Schulter presste. Schmunzelnd krauelte ich mit meiner Hand durch seine weißen glatten Haare. Genießerische fing mein Gefährte an zu schnurren und genoss meine Geste zutiefst.

Unbewusst fing er an, an mir zu schnuppern. Dies taten Drachen immer bei ihrem Gefährten, wenn sie ihre Nähe oder Berührungen genossen. Leos menschlicher Verstand kam mit seiner Drachenseite noch nicht ganz zurecht, weshalb er sein Tun nicht mitbekam. Erst später würde er sein Verhalten Wahrnehmen können.

Plötzlich grummelte Leos Magen. Amüsiert lachte ich auf und drückte den grummelnden Leo weiter an mich.
,, Möchtest du etwas essen, mein Kleiner? ", fragte ich ihn wohlig. Beschämt nickte er an meiner Schulter, wobei ich ihn noch immer krauelte.

Widerwillig ließ ich von Leo ab, der ebenfalls ziemlich enttäuscht aussah.
,, Danach können wir wieder kuscheln", raunte ich ihm noch in sein Ohr, ehe ich seine Hand nahm und ihn mit mich zog. Mit großen niedlichen Augen und seinem Rotschimmer auf den sonst so blassen Wangen ließ er sich bereitwillig mitziehen.

Über meine Schulter sah ich nach meinem Felsen in der Brandung. Er sah mich an, als wäre ich ein Gott, der ihm gerade seine ewige Liebe gestanden hatte. Mit einem sanften Lächeln sah ich ihn an und zog ihn vor mich. Etwas überrascht sah er mich an und wartete auf eine Reaktion von mir.
,, Ist alles in Ordnung? Du wirkst so erstaunt? ", fragte ich ihn fürsorglich und strich ihm eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht.

,,N.. nein alles gut....ich bin nur ziemlich überfordert", gab er mir unsicher zu verstehen. Habe ich ihn etwa so sehr verunsichert? War ich mit meinem Handeln etwa zu schnell gewesen?
Ich war mir nicht sicher ob seine Überforderung durch mich entstanden war oder sie vielleicht schon vorher existierte.

Nun war ich es, der verunsichert war. Langsam ließ ich meine Hand aus seiner gleitend und sah ihm endschuldigend in die Augen.
,, Es tut mir leid Leo, dass ich dich damit überfordert habe. Ich wollte das ehrlich ni-", wurde ich von einem Finger, der sich auf meine Lippen legte gestoppt.

Aufmerksam sah ich zu dem Besitzer dieses Fingers. Er gehörte niemand anderen, als der Person vor mir.
,, Liam.....du bist nicht Schuld. Egal was du gerade dachtest, es war nicht der Grund für meine Unsicherheit ", versicherte mir Leo sanft und nahm seinen Finger wieder von meinem Mund.

,, Und was verunsichert dich dann so?", fragte ich ihn erleichtert. Plötzlich wurde er sehr nervös und sah überall hin nur nicht in mein Gesicht. Seufzend hob ich Leos Kinn an und nahm mit meiner freien Hand, Leos Hand wieder in meine. Seine Augen waren groß und sahen mich komplett überfordert an.

Leo hatte etwas auf seinem Herzen liegen, doch diese Last darauf war so groß, dass er mir nicht sagen konnte, was los war. Er war nicht bereit dazu mir zu sagen, welche Last er mit sich schleppte. Ich dachte ich hätte sein Vertrauen in den Tagen ein wenig mehr erlangt, doch war es noch lange nicht so groß, dass es Leos Begründung verdiente.

Mein Herz wurde schwer und mir kam es vor, als hätte man es mit einem Pfeil durchbohrt. Dieses Gefühl war einem anderen Gefühl gedankt. Und zwar das Gefühl der Liebe. Liebe war ein so schönes Wort. Es bringt einem Wunder, aber auch eisernen Schmerz. Ich wusste, dass Leo viele Geheimnisse in sich mit trug, aber welche er vor mir versteckte, wusste ich nicht.

Dieses Ziehen in meiner Brust schob ich erstmal beiseite und kümmerte mich vorerst um diese Situation.
,, Du musst mir nicht antworten, aber ich möchte das du weißt, dass ich immer für dich da bin. Wenn du soweit bist, warte ich schon ganz geduldig auf dich ", versicherte ich ihm sanft.

In meiner Stimme war ein Hauch von Schmerz zu vernehmen und ich hoffte, dass Leo diesen nicht vernommen hatte. Erleichterung machte sich in ihm breit und er entspannte sich wieder.
,, Danke Liam, ich werde es mir immer merken ", dankte er mir mit einem Lächeln auf den Lippen.


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