3. Sela

719 45 0
                                    


Als die Piraten nach Valyria gekommen sind, hatten sie Glück, das wir nicht dort waren. Oder sie warteten ab und hatten Wissen, über den Schatz, welchen wir hüteten. Die Jahre hatten meine Augen getrübt und meine Sinne vernebelt, zu lange hatte ich sie nicht genährt, hatte ich doch dem Tod ein Ende bereiten wollen. Doch jetzt waren sie so scharf wie nie, hatten wir doch Jahre gebraucht, um ihre Spur zu verfolgen und noch nie zuvor in meinem Leben... durstete ich so nach Blut.

Ihr Weg hatte sie zu den Klippen geführt, dort saß sie nun auf dem Boden und wartete die Dunkelheit ab. Hinter ihr hörte sie das gleichmäßige Atmen ihres Pferdes, welches sie an den Gräsern bediente.

Sie war ihm auf einem ihrer Streifzüge begegnet als sie über das Meer hinübergekommen waren. Seitdem war er ihr ein treuer Gefährte gewesen, um sich unbemerkt unter den Menschen dieser Lande bewegen zu können und herauszufinden, was es herauszufinden galt. Zudem lernte man dadurch eine Menge über die Menschen, Lords und Könige dieser Lande. Sowie ihrer politischen Geschicke. Denn eines hatte sie gelernt, es war nicht nur wichtig in einem Kampf bestehen zu können, um seine Macht zu behaupten. Manchmal war etwas viel Unscheinbares, nicht zu unterschätzen: Wissen.

So erfuhr sie von verschiedenen Vögelchen, dass es im Haus des Drachen brodelt. Sie waren die letzten, die valyrisches Blut in sich trugen – gemeinsam mit einem weiteren Haus, dem Haus der Seeschlange: Corlys Velaryon. Ein mächtiger Verbündeter. Oder ein mächtiger Feind.

Kriege kosteten ihn Einfluss und Geld, was ihn wiederum etwas von seiner Macht kostete und Menschen, waren nicht gut darauf zu sprechen, wenn sie etwas davon verloren. Ihr kam es zugute, denn während der Kriege, war es selbst für sie schwierig, hinein zu schleichen. Auch wenn sie ein Kind des Feuers war, so hatte sie gelernt, den Schatten zu schätzen.

Der König war ein guter Mann, doch blind gegenüber Konflikten. Sie hatte nun lange genug abgewartet und hatte beschlossen zu handeln, nur ein einziges Mal wollte sie sich einmischen, dann würde sie wieder untertauchen. Die Belange der Menschen, waren nicht ihre.

Doch das Schicksal wollte es anders...

Sie lauschte in die Nacht hinein, so ruhig war es schon lange nicht mehr an den Trittsteinen gewesen. Ihre Augen huschten hinüber zur Insel. Brandfelder loderten, dort wo es noch brennbares gab und erhellten die Nacht. Ansonsten war alles still. Selbst der Himmel.

Vielleicht bereitete die Ruhe vor dem Sturm, den Krabbenspeiser auf das vor was kam. Vielleicht auch nicht.

»Du bist da, wenn ich wieder zurückkomme, oder?«, fragte sie mit einem grinsen, was der Hengst blubbernd bestätigte, »nichts anderes hatte ich erwartet!«

Leichtfüßig stürzte sie sich die Klippen hinab und verschwand kopfüber in den Dunklen Fluten. Die Kraft des Wassers umspielte sie und versuchte sie zu packen, in die Tiefen zu ziehen und sie ihrer Luft zu berauben. Doch ihre kräftigen Zügen brachten sie spielend zurück an die Oberfläche, um Luft zu holen und anschließend wieder abzutauchen in Richtung der Strände. Ihre Vergangenheit hatten sie zu einem perfekten Killer gemacht und stärker als jeder Mensch vor ihr... manche wurden sie keinen Killer nennen. Sondern ein Monster.

Es dauerte nicht lange, da hatte sie bereits wieder Boden unter ihren Füßen und ihr nun silberblondes Haar tauchte aus den Fluten des Meeres auf. Das Meer hatte ihnen die Farbe genommen. Sie bevorzugte es unter den Menschen nicht direkt als das erkannt zu werden, was sie sein könnte. 

Der Strand war leer, genauso wie die Eingänge der verschiedenen Höllen und Furchen, die in den Klippen verborgen waren. Der Wind trieb den Rauch über sie hinweg, so das sie vor menschlichen Augen nahezu verborgen blieb. Nur manchmal, wenn sie an den Feuernestern vorbei ging, konnte man einen Blick auf sie erhaschen. Doch ein Wimpernschlag reichte aus und schon war sie wieder in der Dunkelheit verschwunden. Wie ein Gespenst.

Er brachte nicht nur Rauch mit sich, sondern auch den Geruch von Tod und Verwesung und das Leidklagen der Sterbenden, welche zurückgelassen wurden. Dieser Krieg kannte keine Gnade mehr.

Sie bewegte sie schnell fort, ohne zu zögern und ohne Furcht, dennoch ließ sie die erhöhten Plätze nicht aus den Augen, um etwaige Späher rechtzeitig entdecken zu können. Die Zeit hatte sie gelehrt vorsichtig zu sein, auch wenn sie den Menschen überlegen war, sollte man sie niemals unterschätzen.

Unbemerkt verschwand sie in einem der dunklen Eingänge der Höhle, lauschte in die Stille hinein und verabschiedete sich insgeheim von ihrer Menschlichkeit. Der Geruch von Blut, Schweiß, Angst und Tränen und vielen weiteren fluteten ihre Nase, vermischt mit dem individuellen Geruch eines jeden Lebewesens. Dann fand sie den, nach dem sie suchte und hinterließ auf dem Weg dorthin eine Spur aus Leichen, solange bis sich ihr niemand mehr in den Weg stellte.

Blut machte sie stärker, verlieh ihr nahezu übermenschliche Kräfte, das war ein Teil ihres Fluches oder ihres Segens, denn sie vor vielen, vielen Jahren auf sich gezogen hatte. 

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt