57. Rhaenyra Targaryen

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»Sieh an wer heimgekehrt ist«, vernahm Sela Rhaenyras vertraute Stimme hinter sich. Kurz darauf trat die Prinzessin neben sie an die Begrenzung des Balkons. Auf dem Innenhof trainierten die Wachen der Königsgarde, welchen Sela interessiert zugesehen hatte.

»Sie bilden sich bestimmt gerade ein, dass dir einen von ihnen gefällt«, nuschelte Nyra leise mit einem Blick auf die verschwitzten Männer.

Eher abwesend meinte Sela. »Hmm was?«

Aufmerksam musterte Nyra sie und sah wieder hinunter, in dem Moment trat ein Mann neben sie gekleidet in einem gelben Umhang.

Ein lächeln huschte über Nyras Lippen ehe sie den Blick schnell wieder Sela zuwendete, doch auch seine Mundwinkel zuckten verdächtig.

»Er lässt seine linke Flanke offen«, bemerkte Sela, im nächsten Moment lag das Schwert des angreifenden Ritters bereits an seinen Rippen, da hatte sie sich aber bereits dem nächsten Trainingskampf gewidment, »zu langsam, was haben die denn für eine Beinarbeit?«

Nyra lachte und musterte ihre Freundin. »War ja klar.«

»Was?«   

»Du kannst kämpfen, nicht wahr?«

Sela wurde aus ihrer Konzentration gerissen und wandte den Kopf wieder ihrer Freundin zu. »Ja ich wurde darin unterrichtet, aber woher weißt du das?«

»Nur so eine Ahnung«, stelle Nyra schmunzelnd fest als Ser Harwin meinte: »Ihr habt ein gutes Auge, Mylady.«

»Also ich sehe da unten nur ein paar Männer, die trainieren, wie man sich gegenseitig die Köpfe einschlägt, während du jeden einzelnen ihrer Schritte genau analysierst.«

»Ein schöner Kampf ist schon eine Weile her«, bemerkte Sela lachend.

»Es gibt Unterschiede?«

»Natürlich, im Duell auf einem Turnier gibt es so etwas wie Ehre, ungeschriebene Regeln, wenn man es so nennen will – auf der Straße oder im richtigen Kampf gibt es das nicht mehr, da geht's um Leben und Tod.«

»Aber auf Turnieren sterben auch Menschen.«

Sela nickte. »Aber niemand von ihnen wurde eine versteckte Klinge ziehen und hinterrücks töten, nur direkt.«

»Du weißt eigenartige Sachen für ein Mädchen.«

»Vielleicht wollten meine Eltern ja lieber einen jungen«, lachte Sela und Rhaenyra schluckte, »das kenne ich nur zu gut.«

»Ich weiß«, murmelte Sela mitfühlend und drückte ihre Hand, »ich hatte damals nur das Glück, das unseren Frauen auch das Kämpfen gelehrt wurde.«

Rhaenyra sah grinsend zwischen ihnen beiden hin und her und es war klar, dass sie eine Idee hatte.

»Woran denkst du?«

»An eine Lehrstunde für dich! Ser Harwin unterweist dich sicherlich gerne! Das wird lustig!«

✶ ✶ ✶

Ser Harwin Kraft, Erbe von Harrenhal war ein großgewachsener, wuchtiger Mann mit vollem Bart und lockigem dunkelbraunen Haar. Man sagte ihm nach dass er der stärkste Mann der sieben Königslande sei, was ihm den Beinamen des Knochenbrechers einbrachte.

Was neben Selaenas graziler Gestalt ein noch größerer Kontrast darstellte.

Ser Harwin reichte ihr eben ihr Schwert, was sie im ersten Moment etwas unbeholfen nahm – doch Nyra sah das Blitzen in ihren Augen, die wohl unschuldig aussehen sollten.

»Braucht ihr eine Einweisung, Mylady?«, fragte der Hauptmann der Stadtwache mit einem charmanten Lächeln, bei dem sich zwei niedliche Grübchen auch seinen Wangen bildeten.

Belustigt sah Nyra Sela zu, wie sie ein paar Meter ging.

»Sei nicht zu hart!«

»Ich werde vorsichtig sein, Prinzessin!«, versprach der Ritter und richtete auffordernd sein Schwert in Richtung seiner Angreiferin als sie anfing zu lachen. »Ich habe nicht mit dir gesprochen!«

In dem Moment drehte Selaena sich um, schwang das Schwert locker in ihrer Hand ehe es sich wie selbstverständlich in ihre Handfläche legte. Ein Hauch von Überraschung flog über das Gesicht des Ritters, doch im nächsten Moment hatte er alle Hände voll damit zu tun Selaena auf Abstand zu halten.

Sie war flink, das was er vielleicht an Kraft überlegen war, machte sie durch ihre Schnelligkeit und Wendigkeit wieder wett. Sie schien ihn nahezu von jeder Seite gleichzeitig zu attackieren und war dennoch so leichtfüssig als würde sie tanzen.

Allerdings kannte den Tanz nur sie. Spielerisch tanzte sie den Ritter aus, so das urplötzlich ihr Schwert an seiner Kehle war. Verdutzt sah er sie an.

»Du hast Recht Nyra, das ist wirklich witzig!«, grinste sie als sie das Schwert runternahm. In dem Moment schnellte sein Schwertarm seitlich nach vorne und stoppte nur Millimeter vor ihrem Körper, ehe er einen Volltreffer gelandet hätte.

»Ohne Regeln, oder was sagtet ihr über einen richtigen Kampf?«

»Passt auf das ihr euch nicht weh tut, wenn ihr so spielen wollt!«

✶ ✶ ✶

Gutgelaunt aber außer Atem kam das Training schließlich zum Ende. Ser Harwin fuhr sich durch die lockigen Haare, die ihm leicht verschwitz im Gesicht klebten und er lachte kopfschüttelnd.

»Sowas habe ich noch nie gesehen!«

Sie schmunzelte. »Eine Frau die kämpfen kann?«

»In Dorne soll es kämpfende Frauen geben, die Männer das furchten lehren... ich glaubte nicht daran, vielleicht sollte ich es.«

»Das Problem der Männer ist, das ihr uns viel zu oft unterschätzt!«, warf Rhaenyra dazwischen und Ser Harwin richtete seinen Blick auf sie und die beiden sahen sich lange in die Augen.

»Ich gehe mich frisch machen«, warf Sela schließlich ein, natürlich war ihr schon früher nicht entgangen, dass zwischen den beiden eine gewisse Chemie bestand.

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt