43. Selaena

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»Kommst du heute mit zum Fliegen?«, fragte Rhaenyra als sie neben Selaena im Götterhain Platz nahm.

»Ich kann nicht.«

»Warum?«

»Vaelah ist jagen gegangen, es wird ein paar Wochen dauern, bis sie nach Hause kommt.«

Rhaenyra zuckte abwinkend mit den Schultern. »Das macht nichts. Syrax ist groß genug, um uns beide zu tragen«, beschwingt stand die Prinzessin auf und hielt Selaena auffordernd die Hand hin, »na los komm! Vielleicht schaffen wir es heute bis zum dornischen Meer.«

Lachend ließ Selaena sich von ihr nach oben ziehen ehe sie mit eingehakten Armen zusammen in Richtung Drachengrube gingen.

✶ ✶ ✶ 

Ihr heutiger Ausflug hatte sie nicht ganz so weit von Drachenstein und Königsmund fortgeführt, da die beiden auf eine ebenso hirnrissige wie auch blöde Idee gekommen waren: Sie wollten die wilden Drachen beobachten.

Rhaenyras Burg Drachenstein, war nur unweit des Drachenberges errichtet worden und dorthin zogen sich die wilden und reiterlosen Drachen am liebsten zurück.

So soll nicht nur Vermithor dort nach dem Tod seines Reiters König Jahaerys sein Lager aufgeschlagen haben, sondern auch der gefürchtete Kannibale.

Er hielt sich, so erzählte man sich, in einer der riesigen Höhlen in Wassernähe auf. Wenn er nicht gerade Jagd auf kleinere Drachen oder deren Gelege machte, ernährte er sich nämlich liebend gerne von Fisch oder den Schaf- und Ziegenherden, welche das Land hinter seinen Bergen durchzogen.

Zumindest hatten sie das von den Drachenhütern gehört.

»Man erzählt sich, dass seine Schuppen so schwarz wie Kohle seien und seine Augen giftgrün leuchten sollen«, bemerkte Rhaenyra und sah hinab zu dem größten Höhleneingang, »ebenso wie seine Flammen.«

Selaena betrachtete die Höhle, welche vor ihnen lag – es war bereits der zweite oder dritte Tag in Folge und bisher gab es kein Lebenszeichen aus der Höhle.

»Wenn er überhaupt hier ist.«

»Die Hüter beobachten ihn... eigentlich sollte er es sein.«

Nachdenklich runzelte Selaena die Stirn, woraufhin Rhaenyra sie fragend ansah, ehe sie sie provokativ in die Seite stupste: »Na los sag schon, worüber denkt ihr nach, Mylady?«

»Erstens, hör auf mich so zu nennen... ich bin Sela.«

»Na schön, wenn du aufhörst mich mit Prinzessin anzusprechen!«

»Das ist nun mal dein Titel!«, verteidigte Selaena sich.

»Und du wirst nunmal als Lady angesprochen.«

»Schön«, bemerkte Selaena und hielt ihr den kleinen Finger hin, »dann werde ich zukünftig darauf verzichten, dich als Prinzessin anzusprechen – dann werde ich dir aber auch schonungslos die Wahrheit sagen, ob du sie hören willst, oder nicht!«

Rhaenyras Augen blitzen spöttisch als sie ihren kleinen Finger in den ihren einhakte. »Deswegen sind wir auch Freunde! Und jetzt sag schon, worüber du nachgedacht hast!«

»Na schön, Nyra«, ihre Augen blitzten als sie Rhaenyras Reaktion auf ihren neu gefunden Spitznamen abwartete, doch diese schmunzelte nur, »ich habe den Kannibalen noch nie selbst gesehen, aber er soll riesig sein. Neben Vhagar und Vermithor einer der größten Drachen Westeros... ein Drache seiner größer frisst Unmengen an Fisch und Fleisch... ich glaube, das er auch anderswo jagt.«

»Aber die Fischer und Schäfer beschweren sich doch ständig, dass er ihnen ihren Fang abjagt oder Tiere aus ihren Herden verschwinden.«

»Der König und jeder andere, der Drachen besitzt, bezahlt Unmengen von Geld, damit Rinder, Schweine, Ziegen und Schafen in gigantischen Mengen gezüchtet werden – um unsere Drachen füttern zu können... du weißt selbst, was Syrax alles vertilgen kann«, hinter sich hörten sie ein gackerndes Geräusch als Syrax ihnen den Kopf zuwandte, die unweit von ihnen entfernt, auf den schwarzen Steinen der Burg in der Sonne döste, »fang dir doch selber etwas« , bemerkte Selaena, woraufhin Syrax sich seufzend wieder niederlegte.

Rhaenyra schmunzelte. »Das du immer mit ihnen sprichst.«

»Du magst es doch auch nicht, wenn man über dich redet als wärst du nicht anwesend.«

»Wie wahr«, stimmte Nyra zu, »du willst also darauf hinaus, dass auch der Kannibale noch andere Jagdgründe hat?«

»Ich wette darauf... ansonsten wären die Wiesen, welche hinter dem Drachenberg liegen, wesentlich leerer.«

»Denkst du, er geht dorthin wo auch Vaelah jagt?«

Selaena zuckte die Schulter. »Vaelah fand diesen Ort nicht zufällig... ich bin mir sicher, ihr Instinkt führte sie dorthin. Auch Vermithor...«

Ehe sie weitersprechen konnte, wurde sie von den Rufen eines Drachen unterbrochen – sofort blickten die beiden auf in den Himmel, doch die beiden Drachen, welche aus Drachenstein aufstiegen und kurz darauf in den Wolken verschwanden, waren nicht reiterlos.

Mit schiefgelegtem Kopf sah Selaena den beiden Drachen und ihren Reitern nach.

»Sie verbringen viel Zeit miteinander«, bemerkte Rhaenyra da von der Seite und Sela nickte, denn sie wusste das Daemon der einzige Grund war, warum Laena geblieben war.

»Das stimmt«, nickte Sela, »ich habe die beiden vor kurzem gesehen. Daemon hat ihr eine Kette aus roten Rubinen um den Hals gelegt.«

Rhaenyra stieß ein kurzes Schnaufen aus. »Bis vor einer Weile hat er mir noch Geschenke gemacht«, murmelte sie leise.

Nachdenklich betrachtete Sela sie. »Bist du deswegen traurig?«

»Ich habe ihn aufgefordert mich zu seiner Frau zu machen und sich über den Wunsch meines Vaters zu erheben. Er hat es nicht getan, nun bin ich verheiratet«, meinte Nyra und sah tapfer in den Himmel, »ich weiß das Daemon bei meinem Vater gebeten hat, Laena heiraten zu dürfen... er ist dagegen. Ich weiß nicht warum«, fügte sie sofort hinzu als sie ihren fragenden Blick sah.

»Was denkst du darüber?«

»Laena ist meine Freundin, was wäre ich für eine, wenn ich ihrem Glück im Weg stehen würde? Das mit Daemon und mir sollte wohl einfach nicht sein.«

»Das ist sehr weitsichtig von dir.«

»Ich habe gute Freunde.«

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt