79. Daemon Targaryen / Selaena Belaeres

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Der König hatte ihm angeboten nach Königsmund zurückzukehren. Doch sein Stolz stand ihm im Weg. Er hatte Laena geheiratet, um seinen Bruder zu verägern und aufgrund der guten Stellung, die er dadurch bei Corlys Velaryon genoss.

Nun hatte er seine Frau verloren, die Mutter seiner Kinder und das letzte, was er von ihr sah, war ihr Körper, wie er von den Flammen verschlungen wurde.

Nun machte Laenas Mutter ihn für deren Tod verantwortlich, das wusste er.

Vor sich erblickte er eine Gestalt, welche gegen die steinerne Brüstung gelehnt in die ferne sah. Im Himmel erblickte er den gewaltigen Schatten, welche sich über die Wolkenberge zog. Die trauernden Rufe verrieten Vhagar, die allein durch die Nacht zog.

»Selaena«, stellte er fest als er neben ihr zum Stehen gekommen war.

Ohne sich seiner zuzuwenden, stellte sie mit gleicher Stimme fest. »Prinz Daemon.«

»Es tut mir leid, dass ich sie euch nicht lebend zurückbringen konnte.«

Sela musterte ihn einen Augenblick. »Ihr habt eure Frau verloren, ich sollte euch mein Beileid bekunden.«

»Ihr habt eine Schwester verloren«, entgegnete der Prinz, »und ihr habt einen Freund verloren«, fügte er in Anspielung auf Harwin zu.

»Wir haben wohl beide fiel verloren.« Er nickte stumm, doch ihm entging nicht ihr musternder Blick. »Habt ihr meine Schwester geliebt?«

Daemon, überrascht von so einer direkten Frage, antwortete erstmal nichts. Ehe er scherzend meinte: »Ihr nehmt kein Blatt vor den Mund, Mylady.«

»Ich habe nichts zu verlieren.«

»Jeder hat etwas zu verlieren«, erwiderte dieser, »selbst die mächtigsten unter uns.«

»Mächtig?« Sie runzelte die Stirn, ehe sie sagte. »Ich glaube nicht das ich mächtig bin, Prinz Daemon.«

»Nur die wenigstens mit keiner Macht, wagen es einen Prinzen so direkt auf etwas anzusprechen... auf was er nicht angesprochen werden will.« Er grinste. »Mylady, ihr seid mächtig. Nur besitzt ihr eine andere Art von Macht: Ihr wisst, dass die Menschen euch nichts antun können, in den Augen der Menschen seid ihr unantastbar. Furcht ist auch Macht.«

»Ich habe euch nie Grund gegeben, mich zu fürchten.«

»Die Geschichten und Legenden ragen euch weit voraus.«

»Ich bin nur ein Mädchen.«

»Und ich bin nur ein gewöhnlicher Mann und kein Prinz.«

Selaena grinste. »Dann wissen wir ja nun beide genug vom anderen... dennoch habt ihr mir meine Frage nicht beantwortet.«

»Mit der Gefahr, dass ihr mir mein Herz rausreißt«, bemerkte Daemon, »ich liebte eure Schwester nicht, doch ich glaube auch nicht, dass sie mich geliebt hat. Aber wir waren glücklich zusammen.«

»Ihr hätte sie nach Hause kommen lassen sollen, als sie es wollte.«

»Das hätte ich«, stimmte er zu und wiegte den Kopf, »und ich werde es für immer bereuen.«

Selaena musterte ihn, während er starr auf den Ozean hinaussah. War es eine Lüge? Oder sprach er die Wahrheit?

Tief im inneren wusste sie, dass er log. Doch er hatte sie für die politische Antwort entschieden und sie akzeptierte es. Sie wusste, er würde ihr nicht alles erzählt. Ebenso wenig wie sie ihm.

Aber diese stille Übereinkunft, waren sich beide bewusst.

»Harwins Tod muss euch auch schwer getroffen haben«, warf Daemon beinahe beiläufig ein, »ich hörte, ihr beide hättet euch gerne mit dem Schwert gemessen.«

»Wir hatten gemeinsame Interessen.«

»Wirklich ein bedauerlicher Unfall...« In Daemons Worten hallte ein Unterhall mit, während er sie prüfend ansah.

»Ich habe gehört, dass die Menschen den Tod auf dieser Burg schon lange nicht mehr hinterfragen, weil es Harrenhall ist und seit Aegons Eroberung ein Fluch auf ihr liegt«, ihre Stimme klang matt, »niemand hinterfragt den Tod von Harwin und Lyonel.«

»Eine Geistergeschichte.«

»Ihr glaubt nicht daran?«

Daemon schmunzelte. »Ihr glaubt daran, Mylady?«

Jetzt war sie es, die ihn prüfend ansah, als wäre sie nicht sehr überrascht von seiner Antwort.

»Doch es gibt ein paar Menschen, denen dieser Fluch durchaus Glück gebracht hat.«

»Flüche bringen niemandem Glück«, sie wendete den Blick wieder dem Meer zu, »dieser Unfall kam manchen Menschen zu gelegen.«

Wieder zeichnete sich ein verschmitztes Schmunzeln auf den Lippen des Prinzen ab. Daemon gab ihr den berechtigten Zweifel, den sie gesucht hatte – nicht nur ihre eigene Paranoia und der Verlust eines weiteren Freundes.

Es gibt Menschen, die von diesem Unfall zu viel profitieren, als das es nur ein glücklicher oder unglücklicher Zufall sein könnte.

Doch wer auch immer das war, er hatte Rhaenyras Kindern den Vater genommen und nun war es ihnen sogar verboten zu trauern.

Rhaenyra hatte ihr von ihrer Unterhaltung mit Jace berichtet, er verstand nicht, warum Ser Harwin nicht ebenfalls zu Grabe getragen werden konnte.

Es war nur eine einzige Entscheidung gewesen, die zu diesem Dilemma führte. Eine Entscheidung die Rhaenyra hatte treffen müssen, bevor sie überhaupt wusste, was Liebe und Verlangen war. Laenor und Nyra hatten aus Pflicht geheiratet und es kam ihnen nun beiden teuer zu stehen.

Es hätte damals Harwin sein können. Dann hätte er seinen Vater zu Grabe tragen können.

Nur eine Entscheidung.

Jemand anders hatte entschieden, ihnen allen Harwin zu nehmen und im gleichen Atemzug auch seinen Vater aus dem Weg zu räumen.

Der König, hatte Ser Otto wieder als Hand berufen. Der Königins Vater. Und das war ein Zufall zu viel. 

Gottfrid hatte sie nicht rächen können, doch sie wurde finden, wer auch immer Harwin dies angetan hatte.

Sie schoben den Tod ihres Freundes auf einen Fluch. Also sollten sie erfahren, was ein Fluch bedeuten konnte.  

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 26 ⏰

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