23. Alicent Hohenturm

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Ihr Vater war fort, der König und die Prinzessin noch unterwegs. Gedankenverloren betrachtete Alicent das Gesicht, welches in den fahlen Baum eingeschlagen worden war. Früher hätte sie hier mit Rhaenyra gesessen und sich von ihren Problemen erzählt, doch selbst daran zweifelte sie nun – seid ihrer Hochzeit mit dem König, war auch das Verhältnis zu ihrer Freundin zerrüttet. Vielleicht hatte ihr Vater recht und sie klammerte sich an eine Freundschaft, die schon längst nicht mehr existierte.

Jetzt hatte sie niemanden mehr.

»Eine Außenseiterin, unter den heimischen Gewächsen.«

Verwundert drehte Alicent sich um und erblickte Larys Kraft hinter sich, gebeugt auf seinem Stock, betrachtete er eine Pflanze mit schönen, roten Blüten.

»Lord Larys«, entgegnete sie distanziert. Er war schon immer etwas merkwürdig gewesen, so wunderlich.

»Malven«, bemerkte er, mit einem Blick auf die Pflanze, »sieht man hier selten. Heimisch ist sie in Braavos«, er schnupperte an der roten Blüte, »sie dürfte hier eigentlich, überhaupt nicht gedeihen«, er zuckte mit dem Kopf und lächelte, »die Natur. Ein ewiges Rätsel.«

Langsam näherte Alicent sich ihm und sah ihn musternd an. Warum erzählte er ihr etwas von roten Blüten?

»Wir erfreuen uns guten Wetters«, entgegnete sie schlicht, der letzte Winter war schon viele Jahrzehnte her.

»Für wahr und doch ist es ein dunkler Tag für das Reich.«

Alicent blieb stehen und schluckte schwer als der Lord fortfuhr: »Euer Vater war ein guter Mann.«

»So wie es der eure ist«, entgegnete sie als sie sich wieder zu ihm umdrehte, »sein Nachfolger.«

Abwartend blickte sie den Lord an, sie hatte das Gefühl als wollte er etwas loswerden.

»Dennoch«, fuhr Larys fort und bewegte sich humpelt auf sie zu, »die Abberufung eures Vaters, mutet mir ein Unrecht an.«

»Wisst ihr näheres, über seine Abberufung?«, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.

»Jemand der nie darum ersucht wird, zu sprechen, lernt stattdessen zu beobachten.«

Für den Hauch einer Sekunde, huschte ein bitteres Lächeln über ihr Gesicht, bevor sie ihre Gesichtszüge wieder im Griff hatte. Doch es kam ihr bekannt vor: auch ihre Meinung wurden nur selten verlangt, oft fühlte sie sich überflüssig.

Ein unschuldiges schmunzeln tauchte auf dem Gesicht des Lord auf, als er fortfuhr: »Vielleicht braucht ihr Verbündete...«

Alicent straffte die Schultern und blickte ihm entgegen: »Ich bin die Königin! Verbündete habe ich genug!«

»Natürlich. « Er lächelte. »Prinzessin Rhaenyra zum Beispiel.«

»Worauf wollt ihr hinaus Mylord?«

»Ich war nur in Sorge, ob sie euch noch beistehen kann. Sie fühlt sich ja nicht wohl.«

Alicent runzelte die Stirn. »Nicht wohl? Davon weiß ich nichts.«

»Verzeiht, vielleicht habe ich etwas missverstanden«, sagte Larys schnell und schien sich unwohl zu fühlen als hätte er etwas falsches gesagt, doch dann fuhr er doch fort: »Nur weil just an dem Abend der Absetzung eures Vaters, der Großmaester der Prinzessin in ihren Gemächern einen Tee serviert hat.«

»Ein Tee?«, wiederholte sie, mit einem Hauch von Fassungslosigkeit. An jenem Abend als ihr Vater seines Amtes enthoben wurde und Rhaenyra ihr persönlich versichert hatte, dass es zu keiner Sünde mit ihrem Onkel gekommen war. »Den der Großmaester selbst gebracht hat...«

»Auf Geheiß des Königs«, bekräftigte der Lord.

Wenn der Großmaester persönlich Tee servierte, dann ging es um etwas, was der König nur im engsten Kreis behandeln wollte und sie wusste auch genau, welcher Tee es gewesen war: Mondtee.

Rhaenyra hatte sie belogen! Dieser Tee diente dazu um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Sie biss sich auf die Zunge, sie hatte ihr geglaubt und zu ihr gehalten – wodurch sie ihren Vater verloren hatte! Dabei hatte sie sie die ganze Zeit nur angelogen.

»Ich hoffe sehr, sie ist nicht krank«, fuhr er fort und beobachtete sie aufmerksam.

Sie zwang sich zu einem Lächeln als sie antwortete: »Rhaenyra ist gestern nach Driftmark aufgebrochen. Mit dem König, in aller Frühe.«

Die Königin wandte sich zum Gehen, um ihr enttäuschtes und trauriges Gesicht vor ihm zu verbergen.

»Oh, welche frohe Kunde!«, hörte sie ihn noch fröhlich sagen als er lächelnd hinzufügte, »da bin ich erleichtert! Ich dachte, wenn Melos persönlich sie behandelt, dann handelt es sich bestimmt um etwas ernstes.«

Alicent schluckte. Eine Schwangerschaft ohne Gemahl, könnte man durchaus als etwas Ernstes bezeichnen.

»Umso glücklicher bin ich, mich geirrt zu haben.« Ein kurzes Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht als die Königin davon ging.


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Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt