41. Rhaenyra Targaryen

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Wolkenfetzen strichen ihnen wie rosa Zuckerwatte ins Gesicht als sie von ihrem Ausflug über die Weite zurückkehrten.

Die begeisterten Rufe von Syrax und Vaelah hallten über den Himmel als diese im halsbrecherischen Tempo über den Himmel tobten. Selbst Vhagar ließ sich von der Energie der jungen Drachen anspornen und stimmte mit ihrer dunklen Stimme mit ein.

»Da unten

»Halt!«, kam es sofort von Selaena und Laena, es dauerte einen Moment, bis die beiden gewaltigen Leiber ihrer Drachen abgebremst hatten – da hatte sich Syrax bereits in den Sinkflug begeben und jagte hinab.

»Was hat sie vor?«, rief Laena gegen den Wind.

Selaena spähte so gut es ging über Vaelahs Rücken hinab in das tiefgrüne Tal, wo eine Herde Schafe in planker Panik schien. Es dauerte einen Moment, doch dann sah sie den bräunlichen Drachen, welcher aus Richtung des Drachenberges die Ebene ansteuerte.

Diesen Drachen hatte sie noch nie gesehen, weder auf Drachenstein noch in Königsmund. Der Drache war auf die Jagd fokussiert, weshalb er die sich nähernde Gefahr nicht zu bemerken schien.

»Los!« Noch bevor Selaena das Wort überhaupt gänzlich gesprochen hatte, ließ Vaelah sich bereits fallen und im Sturzflug kam ihnen die Tiefe unglaublich schnell näher – bis sie ihre Flügel wieder aufspannte und den Fall abfederte.

»Rhaenyra, nicht!«, hörte sie sich noch schreien, doch der Vorsprung von Syrax war zu groß und Rhaenyra konnte sie nicht mehr hören.

Da bemerkte der braune Drache seine Unaufmerksamkeit und ließ von der Jagd ab als er den feindlichen Drachen sah. Im letzten Moment drehte er ab, ehe sich Syrax Krallen von oben hinab auf ihn stürzen konnten.

Tobend vor Zorn flog der wilde Drache in Richtung des Drachenbergs aus dem er gekommen war.

Syrax jagte ihm nach und verschwand mit ihm in einer der Schluchten, welche vor dem Drachenberg gelegen waren. Da drehte der Braune abrupt wieder ab und entschied sich wohl dafür, dass Angriff die beste Verteidigung war. Mit ausgefahren Krallen wollte er sich auf den Drachen und ihre Reiterin stürzen.

»Dracarys!«

Vaelah riss ihr gigantisches Maul auf und eine Flamme ging auf die freie Fläche zwischen Syrax und dem wilden Drachen nieder, was sie dazu zwang ihre Angriffe abzubrechen.

Da Selaena aber weder ihre Freundin noch deren Drachen verletzen wollte, ging die Flamme näher an deren Angreifer nieder. Sie sah die Panik mit der er sich anschließend in sein Gebirge zurückzog als er die riesigen Leiber von Vaelah und Vhagar entdeckte. Gegen drei Drachen dieser Größe hatte er keine Chance, Syrax allein hätte er herausfordern können.

Syrax hielt sich gegenüber von Vaelah in der Luft als Rhaenyra sie wütend ansah. »Was sollte denn das?!«

»Das frage ich dich!«, rief Selaena, »der Drache hat nichts Unrechtes getan! Wir sollten unsere Drachen nicht gegen sie verwenden!«

»Der Kannibale schlachtet seines gleichen auch ab!«

»Was würdest du sagen, wenn Vhagar sich plötzlich auf den gleichen Instinkt besinnt und beschließt plötzlich Jagd auf Syrax zu machen?!«, warf Selaena zurück. »Die wilden Drachen jagen, um zu überleben, dennoch haben sie noch nie jemanden grundlos attackiert!«

»Vielleicht haben sie dann keine Daseinsberechtigung! Unsere Drachen stehen uns dafür bei, um gefüttert zu werden!«

»Keine Daseinsberechtigung?!« Selaena lachte wütend. »Weil sie nicht dienen?! Es sind wilde Kreaturen, was erwartet du von ihnen? Sie haben es genauso verdient zu Leben und zu jagen wie es die Schattenwölfe im Norden tun! Und genau wie sie und unsere Drachen sind es Jäger, nur das ihnen niemand das Futter frei Haus liefert!«

Da brachte Vhagars Brüllen die beiden zum Innehalten. »Es reicht!«, bestimmte Laena und deutete mit dem Kopf zurück auf die Ebene. »Die Hirten haben uns gesehen«, fügte sie hinzu, »sie wollen sich bedanken, dass ihr die Herde beschützt habt.«

Die Prinzessin warf Selaena einen siegessicheren Blick zu. »Siehst du! Wage es nie wieder, mir zu wiedersprechen!«

Selaena musste sich beherrschen, um nicht die Augen zu verdrehen, stattdessen schüttelte sie nur den Kopf als Vaelah wendete und rief: »Auf eine Daseinsberechtigung als Diener kann ich verzichten!  Die Wahrheit ist nicht immer das, was man hören will!«

Wütend sah Rhaenyra dem riesigen Drachen nach, bis sie in den Wolken verschwunden waren. Sie schüttelte unwillig den Kopf: Sie hatte doch das richtige getan, warum sollten sie sich sonst bedanken wollen? Warum sah sie das nicht?

»Warum sagst du nichts dazu, Laena?«

»Ich hätte mir angehört, was Sela zu sagen hat, Prinzessin... sie hat einen anderen Blick auf die Welt«, sagte Laena vorsichtig, »und das ist auch das, was ich an ihr so sehr mag: Sie ist ehrlich, ob es einem gefällt oder nicht.«

Rhaenyra runzelte die Stirn, doch da war auch Laena bereits vorweg geflogen. »Souves!«, sprach sie zu ihrem Drachen und flog ihrer Cousine nach. Überschwänglich bedankten die Hirten sich bei der Prinzessin, womit sie eigentlich genau das erreicht hatte, was sie erreichen wollte: Anerkennung vom gemeinen Volk.

Trotzdem ertappte sie sich dabei, wie sie sich beim Heimflug nachdenklich auf die Lippen biss. Die Hirten waren so voller Ehrfurcht gewesen – das die gezeigte Dankbarkeit auch Furcht hätte sein können. Selbst wenn sie ihr nicht dankbar gewesen wären, hätten sie es wohl kaum zugegeben.

Sie erinnerte sich an das, was sie zu Selaena sagte. Sahen Laena und sie das gleiche, wie die Hirten, wenn sie sie ansahen?

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt