71. Rhaenyra Targaryen

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Ihre Zofe hatte ihr berichtet was geschehen war und auf der Suche nach Harwin belauschte die Prinzessin ein Gespräch zwischen ihm und seinen Vater.

»Du hast Schande über mich gebracht!«

»Nur darum geht es dir also! Um deinen Ruf!«

»UNSEREN Ruf Harwin! Es hätte Schande über das ganze Haus Kraft gebracht!«

»Weil ich Hand an diesen unerträglichen Kraut gelegt habe!? Den Sohn eines Kämmerers?«

»Er ist jetzt ein Ritter der Königsgarde! Du hast uns des Vorwurfs, eines nahezu unsäglichen Verrats ausgesetzt!«, vernahm sie die Stimme Lyonels.

»Und welcher Verrat soll das sein?«, hörte sie Harwin monoton fragen.

»Halt mich ja nicht zum Narren, mein Junge! Deine Intimitäten mit Prinzessin Rhaenyra hätten als Strafe das Exil zur Folge und den Tod! Für dich. Für Sie. Für die Kinder!«

»Das sind Gerüchte! Nichts weiter. Gesponnen von den Feinden der Prinzessin.«

»Die Menschen haben Augen mein Sohn! Nur eure Gnaden, der König, will offenbar nicht akzeptieren, was seine Augen sehen. Allein dieser zerbrechliche Schild ist es, der zwischen dir und dem Henker steht! Die willentliche Blindheit eines Vaters gegenüber seinem Kind!«

»Ich wünschte mein Vater hätte eine ähnliche Blindheit.«

»Hatte ich die nicht?! All die Jahre über?! Und doch hättest du heute öffentlich einen Ritter der Königsgarde angegriffen zur Verteidigung deines...« Dem Lord kamen die Worte nicht über die Lippen.

»Du hast deine Ehre. Ich habe meine.«

»Weißt du was geschehen wäre, wenn Lady Selaena nicht gewesen wäre? Wir wissen beide, dass dieses Pferd nicht ohne Grund durchgegangen ist! Und dieses Mädchen ist gewiss die letzte, die dabei schreien würde wie eine Jungfrau in Nöten!« Der Lord seufzte. »Sie hat die Blicke auf sich gezogen und von euch weg... jetzt ist es an dir, sie alle zu beschützen.«

»Was willst du von mir Vater?!« Die beiden Männer funkelten sich an.

»Ich will das du als Anführer der Stadtwache zurücktrittst. Du wirst nach Harrenhall gehen und deinen Platz als mein Erbe antreten! Beim nächsten Mal ist sie vielleicht nicht da, um die Prinzessin und die Kinder zu schützen!«

Rhaenyra schluckte. Harwin sah seinen Vater fassungslos an.

Der Blick von Lord Lyonel wurde weicher. »Möglicherweise ist dies das Beste, um euch alle zu schützen.«

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Harwin würde Königsmund verlassen, um dem Wunsch seines Vaters folge zu leisten. Kraftlos ließ sich die Prinzessin in ihren Gemächern nieder und legte sich beruhigend die Hände auf die vom Milcheinschuss schmerzenden Brüste.

Nur wenige Tage waren seit der Geburt ihres Sohnes vergangen und nun würde er seinen Vater wohl nicht einmal erkennen, wenn er ihn wiedersieht.

»Was ist geschehen?«, vernahm sie Selas besorgte Stimme.

Die Prinzessin lächelte schwach. »Das ist wohl die falsche Frage«, murmelte sie, »ohne dich wäre es wohl weitaus schlimmer gekommen.«

Selaena machte einen unschuldigen Gesichtsausdruck. »Ich weiß nicht, was du meinst, Charon ist einfach durchgegangen und hat mich zum Gespött gemacht.«

Rhaenyra lächelte, dafür liebte sie ihre Freundin – sie hätte nie gedacht, dass sie nach Alicent jemandem vertrauen würde. Aber die Jahre hatten die beiden zusammengeschweißt und sie wusste, dass sie alles getan hätte, um sie zu schützen.

»Harwin wird nach Harrenhall gehen. Sein Vater verlangt dies.«

Sela nickte betrübt mit dem Kopf. »Vielleicht ist es besser. Ich war da... ich habe gesehen wie Kriston ihn provoziert hat und auch wenn ich wirklich gern gesehen hätte, wie er von Harwin eine in die Fresse bekommt... war es das Vergnügen nicht wert.«

»Aber aber, dein Ausdrucksweiße, Mylady«, witzelte Nyra schwach. »Dennoch reden die Leute.«

»Laenor und ich haben einen Plan«, murmelte sie.

Rhaenyra lachte bitter. »Ohja, meinen Gemahl habe ich auch schon gesehen. Er war betrunken, konnte kaum selbst gehen. Er möchte auf die Trittsteine, in den Krieg, weil er die letzten zehn Jahre hier so viel opfern musste...« Ihre Stimme tropfte vor Ironie. »Mit teuren Pferden. Teurem Wein und jungen Knaben.« Sie schnaubte.

Sela seufzte. »Ich sorge dafür, dass die Gerüchte leise werden... wir nehmen Alicent und den anderen den Wind aus den Segeln... dennoch denke ich.«

Aufmerksam sah Rhaenyra sie an. »Was?«

»Alicent denkt darüber nach Aegon und Helaena zu vermählen.«

»Was möchtest du mir sagen?«

»Was wäre, wenn du ihr anbietest, das Helaena einmal Königin werden könnte. Nur nicht mit Aegon sondern mit Jace an ihrer Seite?«

Nachdenklich wiegte die Prinzessin den Kopf. »Es könnte unsere Situation stärken und unsere Familien einen.«

Selaena nickte. »Das wäre der Plan.«

»Ich werde es beim heutigen Council vorschlagen«, stimmte Rhaenyra zu. Sie mussten Frieden schließen, auch wenn Harwin Kriston nicht niedergeschlagen hatte – wurden Ser Kristons Worte auch so genügend Leute weiterstreuen.

Gemeinsam hatten sie das größte Unheil abwenden können, doch die Leute würden reden. Sie mussten einen Weg finden, mit Alicent Frieden zu schließen. Vielleicht war dieser Weg eine Hochzeit.

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»Sie wird ablehnen«, murmelte Rhaenyra matt, »bald wird Harwin fort sein, mein Gemahl möchte mich verlassen... wir sind allein, Selaena. Vater geht es nicht gut, die Königin und ihre Berater warten doch nur darauf, dass er sein Amt nicht mehr ausführen kann, damit sie es in seinem Namen tun können. Und sie werden uns überrennen.«

Betrübt sah Sela die Prinzessin an und seufzte, die Hochzeit wäre ein Friedensangebot gewesen. Doch die Königin würde dieses nicht annehmen.

»Ich dachte nicht, dass sie so verbittert ist«, meinte auch Sela ratlos, »bei unserem letzten Gespräch hatte es so geklungen als würde sie sich für Helaenas Wohl entscheiden.«

»Hätte ich vor Jahren einfach Harwin geheiratet«, seufzte Nyra betrübt, »dann wäre das alles nicht passiert.«

»Du warst damals noch fast ein Kind, das zum damaligen Zeitpunkt zum Besten gewissen des Königsreichs entschieden hat... niemand konnte wissen, dass es so kommt. Vielleicht, wenn ihr mehr Zeit gehabt und euch besser kennengelernt hättet, vielleicht hätte dein Weg dich dann zu Harwin geführt.«

Nyra sah unendlich traurig und niedergeschlagen aus. »Das wäre schön gewesen.«

»Es geht nicht darum, dass die Kinder nicht Harwins sind«, fügte Sela vorsichtig hinzu.

Nyra lächelte hysterisch. »Sondern darum, dass ich eine Frau bin. Eine Frau die Königin werden soll.«

»Die Kinder geben ihnen einen Grund, hättest du damals Harwin geheiratet, würden sie etwas anderes finden oder sie würden deine Krönung nicht unter einem Vorwand angreifen.«

»Wäre das nicht erfrischend?« bemerkte die Prinzessin sarkastisch. »Dann müssten sie ihre wahren Beweggründe zugeben und könnte es nicht unter dem Deckmantel der Ehre verstecken. Sie sind Heuchler.«

»Wir mögen diesen Kampf verloren haben«, räumte Sela ein, »aber am Ende wirst du Königin sein. So wie es dein Vater vorgesehen hat.«

Die Prinzessin lächelte und nahm die Lady dann einfach in den Arm. Ein wenig Zuversicht in diesen dunklen Tag war gut.

Auch wenn keine von beiden ahnte, dass die Tage noch dunkler werden würden.

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt