Alicent saß unter dem alten Baum, im Götterhain und ließ ihren Blick über den Garten schweifen. Sie dachte an die Zeit vor ihrer Hochzeit zurück, damals als sie noch Freundinnen waren. In ihrer Kindheit hatten Rhaenyra und sie hier oft zusammengespielt und sich durch den ganzen Garten gejagt als sie älter wurden, saßen sie gemeinsam im Schatten der Bäume, lernten und redeten über den neusten Klatsch und ihre Schwärmereien.
Sie vermisste die Zeiten, in der sie nicht die Königin war und noch Freunde hatte – seitdem sie Königin wurde, behandelten die Menschen sie anders.
»Ihr wolltet mich sprechen, eure Gnaden?«
Alicent blickte auf, sie hatte nicht bemerkt das sich ihr jemand genähert hatte. »Lady Selaena, schön, dass ihr gekommen seid.«
Die junge Frau lächelte schwach und Alicent wusste warum: Wenn die Königin rief, hatte man nicht gerade eine Wahl.
Sie war eine Freundin der Prinzessin, weshalb ihr Vater von diesem Schritt abraten wurde – doch sie hatte sich als geschickt in der Politik erwiesen und clever. Sie hoffte, von ihren einen anderen Ansatz zu erhöhen und tief im inneren, hoffte sie vielleicht auch auf das, was Rhaenyra hatte. Eine treue Freundin.
Es war nicht gerecht das Rhaenyra sowohl Laena als auch Sela an ihrer Seite hatte – wie oft hatte sie sie bei ihren gemeinsamen Ausflügen beneidet, nicht um die Drachen, sondern um dass, was die drei Mädchen zu jener Zeit hatten.
Sie waren gute Freunde geworden, etwas, was sie seit ihrer Krönung nicht mehr besaß, das stimmte sie traurig. Diejenigen, mit denen sie sich umgab, wollten meist auch etwas von ihr oder erwarteten früher oder später eine Gegenleistung. Sie wusste das die drei sich alles erzählten, sie hatte niemanden mehr, dem sie gänzlich vertraute.
»Ich möchte euch um einen Rat bitten.«
Sela runzelte verwundert die Stirn. »Mich?«
Sie nickte.
»Wie kann ich euch behilflich sein, euer Gnaden?«
»Ich kann sicher auf euer Stillschweigen bauen?«
»Natürlich.«
»Die Berater an meiner Seite sind der Überzeugung, dass es für unser Haus sinnvoll wäre, Aegon und Helaena nach alter valyrischer Tradition zu verheiraten. Ich möchte euch um eure Meinung bitten.«
»Darf ich freisprechen?«
»Darauf baue ich.«
»Ich glaube das Helaena jemand zusteht, der sie wirklich liebt. Sie ist ein liebes, verträumtes Kind... Aegon«, sie schien nach den richtigen Worten zu suchen und Alicent hatte das Gefühl, dass sie nicht das sagte, was sie ursprünglich im Sinn gehabt hatte, »... sie haben zu verschiedene Charaktere.«
»Aegon ist ihr Bruder, sie verbindet schon die Geschwisterliebe«, rechtfertigte Alicent sich und fügte hinzu: »Menschen können lernen, jemanden zu lieben. «
Sela sah sie nachdenklich an. »Und das ist es, was ihr euch für eure Tochter wünscht?«
»Die Ehe ist ein Konstrukt, um das eigene Haus zu stärken. Dabei kann nicht auf das Wohl des Einzelnen geachtet werden.«
»Ihr seid Mitglied des mächtigen Hauses von Westeros, wer wenn nicht ihr, hat diese Macht? Durch eure Hochzeit seid ihr Königin geworden und haltet die höchste Position in Westeros inne, die eine Frau ergreifen kann... solltet ihr nicht die Macht haben, euch auch für das Glück eures Kindes entscheiden zu können?
»Die Welt befindet sich im Umbruch«, entgegnete Alicent, »Verbündete können plötzlich Feinde werden und selbst das Königshaus ist davor nicht sicher, durch eine Hochzeit in unseren Reihen, stärken wir unsere Familie. Wir müssen uns dagegen wappnen.«
»Meine Familie war damals der gleichen Ansicht«, entgegnete Selaena, »dennoch ließen sie mich denjenigen heiraten, den ich liebte... denn sie sahen ein, dass diese Verbindung unser Haus stärken konnte«, sie lächelte etwas als sie an die Hochzeit zurückdachte, dann seufzte sie, »niemand rechnete damit, dass der Gegenschlag so schnell kommen würde. Am Ende war jeder Tod, den ich kannte.
Natürlich, könntet ihr sagen, hätte sie mich nicht der Liebe wegen heiraten lassen, wäre vielleicht alles anders gekommen – doch der Gegenschlag wäre gekommen, vielleicht nicht auf dieser Hochzeit, sondern auf der, die nur dazu diente unser Haus zu stärken.
Aber er wäre gekommen und es wäre dennoch der Tod aller gewesen. Natürlich kann niemand sehen was gewesen wäre, wenn... doch nichts ist in Menschen stärker verankert als der Wille zur Rache.
Die Welt befindet sich immer im Wandel, manchmal sehen wir ihn kommen, manchmal ist es unser eigenes Verschulden und manchmal bricht er über uns herein wie ein Sturm.«
»Was wollt ihr damit sagen?«
»Das Häuser untergehen, auch wenn Entscheidungen nur zum Schutz eines Hauses getroffen werden.«
Die Königin runzelte die Stirn. »Droht ihr mir etwa?«
»Nein, meine Königin«, Alicent sah sie etwas verwundert an, Selaena hatte sie bisher nur mit euer Ehrenangesprochen, sie hatte sie nie als ihre Königin bezeichnet, auch wenn sie Viserys ihren König nannte, »ich möchte damit nur sagen, dass meine Eltern sich damals für das entschieden haben, was das Beste für mich wahr und dafür bin ich ihnen unendlich dankbar.
Als Kinder sind wir an die Entscheidungen unserer Eltern gebunden, ob wir diese gutheißen oder nicht – hatten wir nicht zu entscheiden, wir hatten zu gehorchen. Jetzt können wir aber unsere eigenen Entscheidungen treffen und vielleicht, können wir es sogar besser machen.«
Alicent wusste nicht, ob Selaena davon wusste, dass es der Wunsch und der Plan ihres Vaters war, der sie zur Königin machte und sie ihr das deshalb erzählte – aber sie erkannte, was die Moral dieser Geschichte war.
Nur weil man sein Haus, über das Glück der Familie stellte, bedeutete es nicht Sicherheit – weil niemand sehen konnte, was kam. Aber man musste damit leben können, seinen eigenen Kindern etwas aufzuzwingen, was sie nie selbst gewählt hätte.
Und wer kannte dieses Gefühl besser als die Königin? Sie hatte gelernt den König zu lieben, weil sie es musste und weil es ihre Pflicht als Königin war. Sie wusste, dass der König ihr zugetan war – doch sie würde immer seine zweite Frau sein. Seine Liebe gehörte Aemma Arryn, seiner ersten Königin. Das wusste sie, auch wenn er es nie gesagt hatte.
Es hatte sich damals schon falsch angefühlt, nicht mit Rhaenyra darüber zu sprechen. Es hatte sich wie ein Betrug angefühlt und sie wusste, dass es das auch war.
Sie hätte dieses Leben nicht für sich gewählt.
Helaena war ein liebes Kind, das gerne träumte und ja, auch manchmal etwas merkwürdig war – dennoch war sie liebenswürdig und sanft.Aegon war nichts davon und seitdem er die Freuden, der sexuellen Erfahrungen für sich entdeckte, konnte er zuweilen ein ganz schönes Arschloch sein.
Wollte sie das ihrer einzigen Tochter zumuten? Und sie in so ein Leben zwingen?
Alicent hatte nicht die Wahl bekommen, ihr Vater hatte ihr keine gelassen – ihren Kindern wünschte sie ein anderes Leben. Sie war Königin, wer wenn nicht sie hatte die Macht ihren Kindern das zu geben.
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Aus Asche zu Feuer
Fiksi PenggemarWas wenn keine Naturkatastrophe für den Untergang Valyrias verantwortlich war? Sondern dadurch ein Wesen geschaffen wurde, mächtig genug, um den Tanz der Drachen zu verhindern... Die Geschichte basiert auf den Geschichten von George R.R. Martin und...