74. Alicent Hohenturm

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»Wie sanft der Fuchs doch spricht, wenn er von der Meute umzingelt ist«, bemerkte Alicent, in Anspielung auf Rhaenyras Vorschlag ihrer beiden Kinder zu vermählen.

»Alicent«, beschwichtigte der König als die beiden auf dem Weg zu seinem Gemach waren. Doch Alicent begehrte weiter: »Sie merkt das sie den Boden unter den Füßen verliert und jetzt sollen wir über ihre Verfehlungen hinwegsehen und meine einzige Tochter hergeben, an einen ihrer... unscheinbaren Söhne!«

»Der Vorschlag ist trotzdem gut, meine Königin«, versuchte Viserys anzubringen, entrüstete sah sie ihren Ehemann an als er fortfuhr: »Wir sind eine Familie! Lassen wir diese kindischen Streitereien beiseite! Reichen wir uns gegenseitig die Hände und erstarken dadurch!«

Alicent blickte ihn mit ausdrucksloser Miene an. »Ihr könnt machen was ihr wollt Gemahl. Doch erst, wenn ich kalt in meinem Grab liege!«

Mit diesem Worte drehte sie sich um und ging energischen Schrittes davon, wohlwissend, dass der mehr als angeschlagene König diesem Tempo nicht folgen konnte.

»Alicent!» vernahm sie ihn hinter sich, ohne ihn zu beachten. Sie stürmte in seine Gemächer. Wohin er ihr ohnehin folgen würde.

✶ ✶ ✶

Sie bereitete ihm einen Sitzplatz vor, auf den er sich mit einem Schnaufen niederließ. Allein dieser kurze Weg hatte ihn bereits angestrengt. Trotz seines Protestes bestand sie darauf, dass er die Decke nahm, welche sie ihm über den Unterkörper legte.

»Die Hand, euer Gnaden!«, kündigte Ser Criston an, welcher vor der noch offenen Türe wartete.

»Der König ruht sich aus!«, begehrte Alicent.

»Ich werde ihn empfangen!«, widersprach Viserys.

Die Königsgarde schloss die Türen hinter Ser Lyonel Kraft, der Hand des Königs. »Euer Gnaden.«

Alicent musterte den Herrn, er sah bedrückt aus und schien durch ihre Anwesenheit nicht direkt verunsichert... aber zumindest bekümmert. »Worum mag es gehen, Lord Lyonel?«, fragte sie mit fester Stimme und machte deutlich, das sie nicht gehen würde.

Ein leises Seufzen, ehe er anfing zu sprechen: »Euer Gnaden, ich fürchte...« Er atmete einmal tief durch. »Ich komme um mein Amt als Hand des Königs niederzulegen! Der Vorfall im Hof. Mein Sohn Harwin hat Schande über uns gebracht und jede Magdweib in Königsmund wird die Geschichte weitererzählen.«

»Der Ausbruch des jungen Harwin war unerfreulich, durchaus«, stimmte der König zu, »aber er wurde aus der Stadtwache verbannt. Das erscheint mir Strafe genug.«

»Verzeiht euer Gnaden, das ist es nicht.«

Entrüstet erhob der König sich und ging auf Lyonel zu. »Ihr habt mir stets treu gedient. Und das viele Jahre lang. Zehn als Hand! Euer Rat war immer weise und nie von Eigennutz geprägt. Was euch von allen anderen klar abgrenzt!«

Alicent spürte einen Hauch von Zorn in sich erwachen als sie ihren Vater angegriffen sah.

»Das ist zu gütig.... Aber es liegt ein Schatten über meinem Haus und er wächst... und er wird immer dunkler. Ich kann euch nicht länger verlässlich dienen!«

»Was ist das für ein Schatten? Bennent ihn, wenn er so finster ist!«

Alicent wusste von welchem Schatten der Lord sprach. Nur einer war so finster. Und endlich wurde der König es aus dem Mund eines anderen hören.

»Ja , bringt eure Gedanken verständlich vor!« Begeistert trat sie vor. »Und unverblümt!«

Hoffnungsvoll, auch wenn sie versuchte dies zu überspielen, blickte sie Ser Lyonel an. Der sie einen Moment betrachtete, ehe er den Blick senkte und offen zum König sprach: »Das kann ich nicht.«

»Dann kann ich das nicht akzeptieren«, entschied der König.

»Mein teurer Gemahl«, begann Alicent, in der Hoffnung ihn dazu zu bringen Lyonel zu zwingen, was er sagen wollte, doch sie wurde augenblicklich von Viserys unterbrochen.

»Ich sagte, NEIN!«

»Wenn ihr darauf besteht mein König.«

»Das tue ich!«, entgegnete er entschieden. »Ihr werdet euren Dienst an der Krone fortführen!«

Der Lord atmete tief durch, ehe er nickte. »Dann bitte ich euch um Freistellung, um meinen Sohn nach Harrenhall zu geleiten. Er ist mein Erbe. Und wird dereins Lord von Harens Burg sein. Er muss in seine Pflichten eingeführt werden.«

»Tut das.«

Alicent verfolgte, wie der Lord das Zimmer verließ, ehe sie ebenfalls wütend die Gemächer verließ und ihre Gemächer stürmte.

Dort wurde sie bereits von Lord Larys begrüßt: »Ich war so frei ohne euch zu beginnen. Das Essen verkommen zu lassen, erschien mir eine Sünde.«

»Das war klug von euch Ser Larys, den Wein wolltet ihr wohl ebenfalls nicht Schall werden lassen«, bemerkte sie mit einem Blick auf sein gefülltes Glass.

»Fleisch ohne Wein ist auch eine Sünde«, entgegnete dieser und befüllte auch das Glass der Königin.

»Normalerweise unterrichte ich euch über die Vorgänge im roten Bergried, aber heute wisst ihr etwas, von meinem Vater.«

»Er hatte vor sein Amt als Hand niederlegen.«

»Das dachte ich mir«, stimmte Larys nickend zu, »seine Ehre war schon immer ein Mühlstein um sein hochgeschätzten Hals. Interessant das ihr, er hatte vor, sagt.«

»Mein Gemahl hat sein Vorhaben abgelehnt.«

Nun geschah etwas, was Alicent nur sehr selten auf seinem Gesicht erkennen konnte: Verwunderung.

»Er hat also nicht vor, die Vergehen meines Bruders einzugestehen.«

»Mit seinem Ausbruch im Hof, hat euer Bruder die Vergehen bereits gestanden.«

»Die Wahrheit hat viele Gesichter, euer Gnaden. Denkt ihr, der König wurde seine geliebte Tochter ins Exil schicken oder glaubt ihr...« Er wurde unterbrochen als eines der Dienstmädchen das Zimmer betrat.

Sofort schickte die Königin diese entschieden fort. »Jetzt nicht Thalia!«

»Es ist eine willentliche Blindheit, des Königs. Ihr wurdet sicher auch darunter leiden, wärt ihr an seiner Stelle.«

»Würde ich nicht«, kam es sofort, »Lord Lyonel wird Ser Harwin nach Harrenhall begleiten, damit jener den Sitz verwaltet, während er als Hand fungiert.«

»Aber die Hand ist komplementiert. Durch die Taten seines Sohnes. Mein Vater«, sagte er entschieden, »kann kein unparteiischer Ratgeber mehr für den König sein!«

»Noch nie hat die Abwesenheit so geschmerzt wie jetzt. Er würde nicht zögern, dem König die Wahrheit zu sagen.«

»Meine Königin, ihr könnt nicht sagen, dass euer Vater hier nicht Partei ergriffen hätte in seinem Amt als Hand«, warf Larys ein. Was wahr war. Schließlich war Ser Ottos Tochter Königin geworden.

»Nein«, stimmte sie zu, »aber wurde Partei für mich ergreifen!« Sie blickte den Ser an als ihr klar wurde, was sie von sich gegeben hatte. Dieser musterte sie.

Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen, ehe sie niedergeschlagen sage: »Gibt es in ganz Königsmund keinen, der meine Partei ergreift?!«

Der Lord nahm einen Schluck seines Weines. Während die beiden sich ansahen. 

Aus Asche zu FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt