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AMELIA

Es ist stickig in der Holzkiste, in die sie mich gesteckt haben. Ich kann es fühlen. Das raue Holz, welches über meine Haut scheuert bei jedem Ruck, der durch die Kiste fährt. Meine Hände geknebelt und mein Mund mit einem alten Lappen gestopft. Es schmeckt schrecklich. Wenn ich könnte, würde ich ihn auskotzen. Mir ist speiübel von den Bewegungen, der Dunkelheit und der Luft. Jeder Millimeter meines Körpers schmerzt, aber ich sehe keinen Ausweg für meine Situation in absehbarer Zukunft. Wie lang ich wohl betäubt war? Oder besser ohnmächtig? Die Luft war dünn und es war schrecklich laut als ich erwachte. So laut wie die Turbinen eines Flugzeugs. James sagte, dass sie mich nach Frankreich bringen werden. Wenn ich eins über Marseille weiß, ist es, dass es die wohl korrupteste und gefährlichste Stadt Europas ist. James hatte recht, niemand würde mich dort suchen oder auch nur vermuten, dass ich dort stecke. Meine Kollegen werden mich niemals finden und es gibt keinen Weg mehr für mich, in mein altes Leben zurück. Tränen kullern mir über die Wangen. Ich bin kein Mensch, der oft weint, aber einen Moment der Schwäche genehmige ich mir. Es ist so heiß und stickig hier drin...
Kleine Löcher in den Wänden verschaffen mir etwas Frischluft, aber ich erkenne durch sie nichts. Es muss bereits nachts sein. Wieder ruckelt es und ein Schniefen entflieht mir. Was machen die nur mit mir? Verkaufen mich wie ein Stück Vieh...

Die letzten Wochen sind schrecklich gewesen. Erst wurde ich entführt und zu diesem unausstehlichen Typen gebracht, dann zu James McLeod in die Katakomben und nun nach Frankreich verschleppt. Dabei bin ich eine von den guten. Nicht bestechlich und jemand, der einfach seiner Arbeit nachgeht. In den letzten Monaten habe ich oft in Fällen von Vermissten ermittelt. Mal selbst so ein Fall zu werden, hätte ich mir nie ausdenken können. Wir hatten schon lange die Vermutung, dass die Karakovs etwas mit dem Menschenhandel am Hut hatten. Als ich selbst eines der Opfer wurde, die auf der Straße weggefangen wurden, ist mir bewusst geworden, dass unsere Spur von Anfang an richtig war. Ich hoffe, meine Kollegen führen ihre Arbeit weiter, auch wenn ich ihnen nicht mehr behilflich sein kann. Außerdem glaube ich, dass Sergio tot ist.
James und dieser andere ... die haben ihn ermordet. Meine Erinnerungen an die Momente in Sergios Schlafzimmer sind verschwommen. Ich war noch völlig zugedröhnt mit den Drogen, die sie mir gespritzt haben. Mag sein, dass dies meine ersten klaren Gedanken sind, seit ich verschleppt wurde. Für einen Moment hatte ich wirklich gehofft, dass nun alles besser werden würde und die Männer mir helfen. Stattdessen bin ich nun unterwegs nach Frankreich. Als Geschenk. Als wäre ich ein Gegenstand.

Ein erneutes Ruckeln fährt durch die Kiste und lässt meinen Rücken Bekanntschaft machen mit der harten Rückwand der Kiste. Keuchend versuche ich irgendwo halt zu finden, aber die Turbulenzen nehmen nicht ab. Ich höre in der Ferne gedämpfte Stimmen. Sie sprechen eine Sprache, die ich nicht verstehe. Vermutlich Französisch. Verdammt...
Musik mischt sich ihren Stimmen bei. Der harte Beat eines Songs der von irgendwo hineindringt. Wo bin ich bloß? Es kracht und die Kiste fällt zu Boden. Jemand ächzt, während mein Körper auf dem harten Boden aufschlägt und ich glaube kurz das Bewusstsein zu verlieren.
»Vorsichtig Jungs. Der Boss soll sein Geschenk in einem Teil erhalten. Seid nicht so grob«, höre ich jemanden lachen. Mein Herz klopft wild gegen meine nackte Brust. Ich will hier raus!
»Mhm!«, gebe ich von mir und versuche mit den Füßen gegen die Wand zu treten. Aber meine Knöchel sind mit Ketten zusammengebunden und die Kiste viel zu groß. Jede Bewegung schmerzt. Ich habe mir bestimmt schon irgendwo Splitter eingerissen. Keiner antwortet auf meine verzweifelten laute. Wieso sollte es auch? Ich bin ihnen hilflos ausgeliefert. Die Männer hier sind sicher schlimmer als James und Sawyers und die der Karakovs. Die Hölle. Sie werden mich in die pure Hölle geschickt haben...
Verzweifelt winde ich mich und muss geschlagen aufgeben, da die Luft dünn wird. Verdammt! Wenn die mich hier weiter einsperren, werden mir die kleinen Löcher auch nicht helfen können.

King of Marseille | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt