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TIMÉO

Der Eiffelturm leuchtet durch die Dunkelheit, die das Bett umgibt. Es ist mucksmäuschenstill, so ruhig, dass ich meinen Atem selbst hören kann. Es muss jetzt kurz vor Sonnenaufgang sein. Wir sind bereits seit einiger Zeit hier im Hotel und seitdem ist nichts mehr passiert. Der Mond scheint schwach ins Schlafzimmer und erhellt Amelias Gesicht. Tief in die Laken gedrückt schläft sie neben mir, unwissend das ich hier liege. Aber das Bett ist einfach zu bequem um aufzustehen und fuck, Ich bezahle den Scheiß hier immerhin. Da will ich nicht auf der Couch pennen. Das kleine Kätzchen würde mir die Augen auskratzen, wüsste sie das ich ihr so nah bin. Das kleine Biest würde mich zum Teufel jagen. Der Gedanke lässt meine Mundwinkel Zucken. Ich neige meinen Kopf zur Seite, falte meine Hände auf dem Bauch und betrachte sie. Meine Augen fahren über ihr schlafendes Gesicht. Feine Augenringe zeichnen sich am Rande ihrer Wimpern ab. Die Lippen voll und ihre Nase klein. Wenn sie nicht so unausstehlich wäre, könnten wir uns arrangieren. Dumm nur, das sie Polizistin ist. Ich frage mich wirklich ob James bewusst gewesen ist, wen er mir da per Expressversand schickt. Ich meine, ernsthaft? Er wollte sie loswerden und ich kann's ihm nicht verübeln. Trotzdem will ich zu gern die ganze Geschichte wissen. Sie verschweigt mir die Hälfte. Was haben die Karakovs mit ihr gemacht, bevor sie zu James kam?
Frustriert beiße ich mir auf meine Unterlippe und starre zurück an die Decke. Ich höre wie sie sich bewegt und ihr warmer Atem gegen meinen Oberarm prallt. Das macht die Sache auch nicht einfacher. Schlaflos starre ich den Stuck an und grüble über sie. Ich sollte mir nicht den Kopf über eine Frau zerbrechen, erst recht nicht über eine so sture wie sie. Aber ich brauche sie und wir werden heiraten, komme was wolle.

~

Irgendwann beschließe ich, die erdrückende Stille des Schlafzimmers hinter mir zu lassen, um zu duschen. Die Zeit unter dem heißen Wasser gönne ich mir, um mal einen Moment lang nicht an irgendwas zu denken. In meinem Kopf hat sich Autopilot eingeschaltet und ich genieße den Nebel in meinem Hirn.
Frisch abgetrocknet und umgezogen betrete ich kaum später das Zimmer, in dem sich ein Schreibtisch befindet. Eigentlich sollte das hier das zweite Schlafzimmer sein. Das grelle Display meines Laptops blendet mich, und lässt mich die Augen zusammenkneifen. Gott. Bevor wir später aufbrechen werden, klicke ich mich erneut durch die Website der Auktion. Die meisten der Stücke interessieren mich nicht wirklich. Realistisch gesehen, werden sie eh an andere verkauft werden. Ja, es ist keine Lüge wenn ich sage, ich könne die Stücke alle selbst kaufen aber schlichtweg will ich das nicht. Mir schwebt lediglich eine Auswahl an Porträts und Landschaftsmalereien vor, die sich gut in der Villa machen würden. Und die Schmuckstücke die versteigert werden, schaue ich mir nicht großartig an. Ich klaue sie lieber.

Als die Sonne durch die dicke Wolkendecke bricht, und einige Strahlen durch die Fenster ins Zimmer fallen, muss es kurz vor Mittag sein. Die letzten Stunden habe ich damit verbracht zu planen, recherchieren und damit, eine imaginäre Einkaufsliste zu schreiben. Die Auktion morgen Abend sollte also glatt über die Bühne laufen und ich bin zuversichtlich, das ich alles bekomme, was ich haben will. Diese Auktionshäuser sind doch wahrlich einfach zu durchschauen. Ich nehme an, sie würden mir auch einen guten Preis bieten, sollte ich ihnen einen meiner Kontoauszüge vorlegen. Ja, wenn ich wollte, könnte ich alles mit einem Anruf erledigen. Aber darauf habe ich wenig Lust und so eine Auktion ist eine lustige Angelegenheit. Zuzusehen, wie die andern glauben sie würde bekommen was sie wollen, bis ich die Preise ins Unermessliche treibe. Oh ja, sowas ist wie ein Jahrmarkt für mich.

Ich bekomme fast den kleinen Schatten nicht mit, der sich in der Tür platziert hat. Erst als ich den Kopf hebe und ihr direkt in die Augen blicke, fällt Amelia mir auf. Sie ist umgezogen, ja ich könnte schwören vor einiger Zeit die Dusche gehört zu haben. Ihre langen blonden Haare fallen ihr offen über die Schultern und auf ihrem Gesicht liegt der gleiche unzufriedene Ausdruck wie immer.
»Queen Elisabeth ist erwacht, wie ich sehe«, kommentiere ich ihr erscheinen und senke meine Augen zurück auf den Laptop. Ein leises schnauben vernehme ich allerdings aus ihrer Richtung. »Und Napoleon plant seinen nächsten Feldzug?«, rätselt sie abfällig. Ich muss mir auf die Lippe beißen um nicht zu schmunzeln. Fuck. Was tut sie nur mit mir?
»Ich habe mir die Zeit vertrieben«, stelle ich nüchtern klar und klappe das silberne MacBook zu. »Mit was? Pornos?«
»Wenn ich darauf stehen würde, mir gekünsteltes Gestöhne und gefakte Orgasmen anzuschauen, würde ich mir ne Nutte besorgen.«
Ich drängle mich an ihr vorbei durch den Türrahmen und remple sie ungehalten an. Sie kann sich ein leises »Arschloch«, nicht verkneifen.
»Auf was stehst du dann?« Sie läuft mir nach bis ins Wohn- und Esszimmer. Ihre Frage ignorierend greife ich zum Hörer des Telefons, das gleich neben dem Sofa steht. Es ist eines von diesen mit gedrehtem Kabel. Es tutet einmal, dann hebt jemand ab. »Guten Tag Monsieur Moreau, wie darf ich ihnen behilflich sein?« Trällert die überhöfliche Stimme unseres Butlers mir ins Ohr.
»Wir bräuchten Frühstück. Ein großes«, konkretisiere ich meine Bitte. »Natürlich. Ich werde es sofort zu ihnen bringen Monsieur.«
Ich lege auf und mache auf dem Absatz kehrt. Amelia steht verklemmt neben dem Sofa und hat die Arme abwehrend vor ihrer Brust verschränkt. Das schenkt mir einen ungewollt guten Ausblick auf ihren Busen. Ich schlucke mit trockener Kehle. »Sie bringen gleich was zum Essen. Stell bis dahin nichts an«, brumme ich und wandere an ihr vorbei. Sie lässt noch ein dummes Kommentar ab, was ich allerdings nicht mehr richtig mitbekomme. Im Schlafzimmer stecke ich meinen Laptop zurück in meine Tasche und kehre sofort zu ihr zurück. Als ich ins Wohnzimmer trete, sehe ich sie bereits am gedeckten Esstisch sitzen, neben ihr ein Wagen voller Köstlichkeiten. »Ich hab den Butler weggeschickt«, erklärt sie mir als ich die Tafel umrunde und mich mit den Rücken zum Fenster am Kopfende des Tischs niederlasse. »Willst du Kaffee?«
Sie schüttelt ihren Kopf und nimmt sich stattdessen ein Croissant. Ich hebe meine Brauen. »Obwohl du so eine Abneigung gegen mein Volk hast, isst du Croissants zum Frühstück«, merke ich an und sie erdolcht mich fast mit ihren Blicken, als sie das Gebäckstück auf den Teller vor sich fallen lässt. »Briten und Franzosen waren doch noch nie gute Freunde, oder?«, erwidert sie trocken und ich nicke zustimmend. Wo sie recht hat, hat sie recht. Amüsiert bediene ich mich an der Kanne Kaffee und werfe einen Zuckerwürfel in die Porzellantasse. Der Geruch von frischem Rührei zieht mir in die Nase und nach der erste Tasse Kaffee, entspanne ich mich etwas. Vielleicht sollte sie auch was von dem Zeug trinken. Immerhin würde sie dann nicht mehr so verkrampft auf dem Stuhl sitzen.

»Sobald wir gegessen haben wird es Zeit aufzubrechen«, eröffne ich ihr schließlich und beiße in eine Scheibe Toast. Amelia schaut von ihren Joghurt auf und lässt den Löffel voller Blaubeeren zurück in die Schüssel sinken. »Wohin denn?«, fragt sie mich neugierig und ich kann das unwohl in ihren Augen nicht übersehen, als sich unsere Blicke kreuzen. »Ins Museum. Die Auktion ist zwar erst morgen, aber ich will mir die Exponate vorher in Ruhe anschauen«, erkläre ich ihr. Amelia nickt, doch die Fältchen zwischen ihren Augenbrauen bleiben. Was sie nur hat? Vielleicht sollte mir das am Arsch vorbeigehen. Für ein paar Minuten geht sie mich mal nicht an und tut nicht so, als wäre ich ihr Henker. Das kann ganz angenehm sein. Aber vor allem macht es mich nur noch neugieriger die Person, die sie unter ihrer harten Schale versteckt.

King of Marseille | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt