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AMELIA

Mir war ja nicht bewusst wie reich er ist, erst als ich den glänzenden Privatjet neben dem Rollfeld stehen sehe. Ob er bereits Milliardär ist? So ein Ding muss ein Vermögen kosten, selbst für ihn.
Mir wird die Tür geöffnet als der SUV anhält. Ich schnalle mich ohne große Worte ab und steige aus. Als meine Schuhe den feuchten Asphalt berühren und der leichte Nieselregen meine Nasenspitze kitzelt, schießt ein kalter Schauer durch meinen Körper. Fröstelnd ziehe ich die Arme enger um meine Brust und schaue am Flugzeug entlang. Es ist recht groß, in einer schlichten weißen Farbe lackiert und einer schicken beleuchteten Treppe, die ausgefahren wurde. Sogar eine Schmutzfangmatte liegt vor der ersten Stufe. Das Flughafenpersonal beginnt die Koffer zu verladen und ich fühle mich fehl am Platz. Wo soll ich nur hin mit mir? Unsicher sehe ich mich um bis ich Timéo entdecke, der mit zwei Anzugträgern spricht. Sie kamen gerade aus dem zweiten Auto und müssen wohl eine Art Security sein. Für ihn versteht sich, sicher nicht für mich. Oder doch? Den Blick den sie mir indiskret zuwerfen lassen mich daran zweifeln. Sie schüchtern mich ein, auch wenn ich das nur ungern zugebe. Der dunkelhaarige Franzose wendet sich von ihnen ab und die zwei verschwinden in eine andere Richtung. Merkwürdig.
»Kommst du Amelia? Der Flieger wartet auf uns«, spricht Timéo laut über den Krach der Triebwerke hinweg. Ich wische mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, dazu ein paar Regentropfen. Wieso ist es plötzlich so kalt geworden? Mit großen Schritten hole ich zu ihm auf und folge ihm bis zur Treppe des Jets. »Ladys First«, bittet er und seine plötzlich so charmante Art lässt mich einen Moment stocken. Wieso ist er so zuvorkommend? Irritiert steige ich die paar Stufen hinauf aus dem Regen hinaus ins Innere.
»Willkommen an Board Madame und Monsieur Moreau«, begrüßen uns zwei identisch gekleidete Flugbegleiterrinnen.

Madame Moreau haben sie mich genannt...
Bei dem Namen läuft mir glatt ein weiterer Schauer über den Rücken. Es klingt komisch, aber ich sage nichts. Sie können ja nicht wissen, das wir nicht verheiratet sind. Noch nicht, laut ihm. Unwohl sinke ich in einen wahllosen Sitz und überschlage die Beine. Es ist recht warm und so ziehe ich meine Jacke aus, die mir eine der Damen abnimmt. Kaum hat sie sie, hält mir die andere ein eingerolltes Handtuch unter die Nase. Als ich es entgegennehme stelle ich fest, das es warm und feucht ist. Unbeholfen wische ich mir damit die Hände ab und lege es zurück auf das silberne Tablett in ihrer Hand. Sie ist so abgelenkt von Timéo der sie vollquatscht, dass sie mir keine Beachtung mehr schenkt. Der Franzose hat sich gegenüber von mir niedergelassen. Merkwürdig, wenn man bedenkt wie viele Sitzmöglichkeiten er hier zur Auswahl hat. Er sucht sich ausgerechnet die bei mir aus. Dabei dachte ich, ich hätte ein paar Stunden Ruhe vor ihm.
»Bitte legen sie die Gurte an, wir werden in kürze starten«, dringt es aus einem Lautsprecher in den Innenraum hinein. Stumm schließe ich den Gurt mit der polierten Goldschnalle, wende das Gesicht ab und starre auf die blinkenden Lichter auf dem Flügel. Die Autos mit denen wir gekommen sind verlassen den Flughafen wieder. Kurz bevor wir starten, schlendert eine Gruppe Bodyguards durch den Flieger. Sie setzen sich irgendwo hinter uns und als die Tür sich schließt, hört man nur noch die Triebwerke, als wir auf die Startbahn rollen. Je mehr der Jet beschleunigt, desto nervöser werde ich vor der Ungewissheit, die mich in Paris erwarten wird.

~

Neugier ist das Gefühl, was überwiegt, als mir beim verlassen des Jets ein kalter Windzug entgegenschlägt. In Paris ist es frostig, es nieselt und der Himmel mit grauen Regenwolken verhangen. Die Stufen der Flugzeugtreppe sind rutschig und ich muss mich bemühen nicht auszurutschen. Timéo kommt nach mir auf der nassen Rollbahn zum stehen und atmet laut aus. Im Augenwinkel sehe ich, wie er seine Schultern strafft und die Hände in die Taschen seines Jacketts steckt. Kaum zu fassen, dass er mitten in der Nacht einen Anzug als Kleidung ausgewählt hat. Nun ist es früher morgen. Vielleicht sechs Uhr, und da ich im Flugzeug kein Auge zugemacht habe, nagt die Müdigkeit an mir. Ich beiße mir auf die Zunge um nicht gähnen zu müssen. Der Franzose neben mir setzt sich schweigend in Bewegung und hält auf einen der zwei schwarzen Limousinen zu, die gerade unweit vor uns parken. Ich muss einen Moment lang zusehen, bevor mein Gehirn mir endlich sagt das ich laufen soll. Gott, ich bin wahnsinnig müde. Vermutlich sitzt mir der Schlafmangel der letzten Tage noch in den Knochen. Je länger ich darüber nachdenke desto unwohler wird mir wieder. Aber ich kann es mir schwer abstellen. Die Dinge die mir widerfahren sind, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Nur die Zeit, wird die Wunden etwas heilen können.

King of Marseille | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt