AMELIA
Das Wasser ist überraschend warm und nicht ansatzweise so kalt, wie ich dachte. Entspannt sinke ich bis zu den Schultern in den Pool und lege meine Unterarme auf den Rand. Timéo kehrt mit zwei neuen Drinks zurück und geht neben mir in die Knie, um mir mein Glas zu reichen. »Tequila Sunrise«, erklärt er knapp und sinkt auf die nahstehende Sonnenliege. Zögerlich sauge ich an dem Strohhalm und trinke kleine Schlucke von dem bunten Getränk, das einen herb süßlichen Geschmack hat. Wow, das schmeckt gut.
»Mhm, Napoleon hat Geschmack«, ärgere ich ihn und spähe auf sein langweiliges Glas Wein. Trinkt er auch mal was anderes außer Whisky und Wein? Ich bezweifle es stark.
»Das Queen Elizabeth überhaupt etwas anderes als Tee trinkt, ist mir ein Rätsel«, kontert er und lässt seine Augenbrauen Zucken. Ich schnaube und stoße mich vom Beckenrand ab. »Wenigstens kann die Queen schwimmen.«
»Bist du so über den Ärmelkanal gekommen?«
»Napoleon würde sicher untergehen wie ein Stein«, mutmaße ich. Immerhin war er ein kleiner dicker Franzose.Timéo erhebt sich und wird schneller als mir lieb ist, seine Sachen los. Er präsentiert mir seinen definierten Oberkörper, der im Mondschein wahnsinnig hart wirkt. Schwarze Tinte überzieht seine Haut stellenweise. Eine Schlange, windet sich über seinen rechten Arm, bis auf die Brust. Es ist sein größtes Tattoo. Ganz gleich zu was er wohl im Stande ist, er schaut aus wie Adonis persönlich. Mist, Amelia. Wieso starre ich ihn an wie ein pubertierendes Schulmädchen?
Mit einer geübten Bewegung, gleitet er fast geräuschlos ins Becken. Einige Wellen schwappen über meine Schultern. Er kann, im Gegensatz zu mir mühelos stehen und kommt wie eine Hyäne auf mich zu geschlichen. Je näher er mir kommt, desto schneller beginnt mein Herz zu klopfen. Bevor er bei mir ist, bin ich auf den flachen Bereich im Becken geflüchtet, in dem man sitzen kann. Hier gibt es sitze, und das warme Wasser geht mir bis zu den Brüsten. Mit dem Rücken zum Rest des Bootes, lehne ich mich gegen die Poolwand und sehe, wie Timéo auf der Seite zu meiner linken Platz nimmt und sich an einem Display, dass in den Boden eingearbeitet ist, zu schaffen macht. Kurz darauf beginnt das Wasser wohltuend, um uns zu blubbern.
Entspannt lege ich meinen Hinterkopf auf den Rand des Pools und schaue in den sternenklaren Himmel. Die dampfenden Düsen massieren meinen Rücken und lassen mich vollständig entspannen. Gott, fühlt sich das gut an.
Ich spüre, wie ich von Sekunde zu Sekunde müder werde. Das hält so lange an, bis eben dieser Kellner von vorhin, ein Tablett mit Häppchen und allerlei Köstlichkeiten zwischen uns abstellt. Obwohl das Dinner köstlich war, bediene ich mich an dem Käse Trauben Spießen und schlürfe meinen Cocktail. Leben die reichen so? Jeden Tag im Sommer auf dieser Yacht zu verbringen, während man von vorn bis hinten bedient wird? Im Wasser zu sitzen, Alkohol zu trinken und das Leben einfach mal zu genießen? Diese Vorstellung ist für mich surreal, vor allem, weil ich die letzten Sommer hinter einem Schreibtisch verbrachte. In den Büros von Scotland Yard läuft zwar eine Klimaanlage, aber wie oft habe ich mir gewünscht, einfach mal abschalten zu können und den Arbeitsstress hinter mir zu lassen? Jetzt werde ich mir darüber keine Gedanken mehr machen müssen.»Mund auf, chérie.«
Timéo ist mir unbemerkt nähergekommen und hält eines der Häppchen in der Hand. Unsere Blicke kreuzen sich, wie zwei Schwerter. Das grün in seinen Augen so lebendig, dass es mir fast Angst einjagt. Ich bin allein hier mit ihm im Whirlpool, bis auf die Unterwäsche ausgezogen. Ein Meter trennt uns, aber seit ich in London war, war ich keinem Mann so leichtbekleidet so nah, wie ihm. Es wühlt augenblicklich schlechte Erinnerungen in mir auf. Und obwohl ich schreckliche Bilder vor meinem inneren Augen sehe, öffne ich meine Lippen und lasse mir das Stück Brot in den Mund schieben. Es schmeckt nach Lachs und Frischkäse, einer tollen Kombi.Das Sprudeln des Whirlpools ist inzwischen ausgegangen und die Wasseroberfläche ruhig geworden. Die Partykulisse von den Etagen unter uns, bildet eine so surreale Kulisse zu den Gedanken, die mir durch den Kopf schießen. Mir ist bewusst, das Timéo heute Nacht erwartet, dass wir miteinander schlafen, aber nachdem was ich erlebt habe, ist es mir nicht danach. Ich kann keinem Mann so nah sein, nachdem ich ... mir schlimmes angetan wurde.
Unwohl ziehe ich meine Knie an und schlinge meine Arme Unterwasser um meine Beine. Es ist ein Schutzmechanismus meines Körpers, der mich etwas zur Ruhe kommen lässt. Es fühlt sich so falsch an, es dem Franzosen zu erzählen. Ich will nicht darüber sprechen und gleichzeitig, ist es, was ungesagt zwischen uns steht. Wie eine unsichtbare Mauer im Raum.
Jetzt mag der einzige Moment sein, in dem ich den Mut fasse, um es loszuwerden. Hier oben bin ich sicher. Während da unten eine wilde Party gefeiert wird, ist es hier angenehm ruhig.
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King of Marseille | 18+
Romance»Ma chérie, komm zu mir kleines. Abhauen kannst du ohnehin nicht.« Als Geschenk für einen Freund, wird die junge Polizistin Amelia nach Frankreich entführt, um dort den Juwelendieb Timéo zu heiraten. Aus dem anfänglichen unbändigen Hass den sie auf...