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AMELIA

Hustend krümme ich mich auf der Krankenliege des Doktors. Ich bin schmutzig, mir tut alles weh und auf dem Weg ins Hauptquartier von Scotland Yard, habe ich kein Auge zugetan. Zwar hat Samuel mich im Flugzeug notdürftig wieder zusammengeflickt, aber ich fühle mich noch immer elendig, als wäre ich von einem Truck überrollt wurden. Was war das für eine blöde Granate? Die war viel zu kräftig für solch einen Einsatz...
»Wie fühlen sie sich?«, die beruhigende Stimme der Ärztin, lässt mich einen Moment lang aufatmen. Sie steht vor mir und funzelt mir mit einer Taschenlampe in die Augen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lasse ich alles über mich ergehen. »Scheiße«, murmle ich keuchend. Es fällt mir schwer, mich aufrecht zu halten. Je länger ich hier sitze, desto schwindliger wird mir. Orientierungslos fasse ich mir an die Stirn. Eine Geste, die ich sofort bereue als ein stechender Schmerz durch meinen Kopf schnellt. Verdammt, die Platzwunde!
»Vorsichtig Miss Monroe. Legen Sie sich wieder hin«, weist die schwarzhaarige Ärztin mich an und drückt mich sanft an beiden Schultern zurück in die Liege. Stöhnend lasse ich es über mich ergehen. Jede Bewegung tut mir schrecklich weh, ich kann nicht in Worte fassen, wie viel Überwindung es kostet, nicht ohnmächtig zu werden.

»Wie schlimm ist es?« Samuel tritt aus dem Schatten des Zimmers hinaus und legt seinen Helm auf dem Tisch vor der großen Glasscheibe ab, von der man das gesamte Revier überblicken kann. Er fühlt sich schuldig. Ich sehe es in seinen Augen, als ich ihn blinzelnd anschaue. Vorsichtig tritt er ans Kopfteil der Pritsche heran und beobachtet die Ärztin. Sie legt mir gerade eine Infusion, an die sie einen Beutel mit einer klaren Flüssigkeit hängt. »Schädelhirntrauma, Prellungen, Platzwunden. Sie wird wieder, aber es wird wehtun.«
»Damit komme ich klar«, keuche ich und rutsche höher. Die Ärztin schenkt mir einen mitleidigen Blick. »Miss Monroe, das sind nicht nur Verletzungen, die sie sich heute zugezogen haben. Sie haben verheilte Rippenbrüche, Blutergüsse und Narben an ihrem Körper. Das müssen wir protokollieren«, macht sie mir klar. Nickend rutscht mein Blick zu Samuel, der sofort zu verstehen scheint. Er tätschelt vorsichtig meine Schulter, tritt zurück und schnappt sich seinen Helm vom Tisch.
»Ich besorg dir etwas zu trinken, bin gleich wieder da«, versichert er mir. Ich forme ein leises Danke mit meinen Lippen. Als die Tür hörbar ins Schloss gefallen ist, sinke ich in mir zusammen.

»Miss Monroe«, redet die Ärztin wieder auf mich ein. Sie hat sich auf einem Hocker niedergelassen und rollt mit einem Klemmbrett in der Hand neben die Liege. Unterdessen tropft die Flüssigkeit langsam in meine Adern und verschafft mir etwas Linderung.
»Ich weiß, dass es anstrengend ist, aber sie müssen mir sagen, woher diese Wunden kommen. Vom Einsatz?«
Schwach nicke ich. Ich weiß, dass sie nur ihren Job macht. Morgen werde ich meinen Chefs Antwort stehen müssen und dann muss die Auswertung von der Ärztin vorliegen. Aber es fällt mir so unglaublich schwer, es auszusprechen.

»A-alles, was älter ist stammt von meiner Mission bei den Karakovs«, stottere ich mit dünner Stimme. Die Ärztin notiert sich einige Sachen. »Wunden, die wir nicht sehen können?«
»Neben den Rippen? Sie haben mir Heroin gespritzt und ich ... ich wurde vergewaltigt«, wispere ich hauchdünn. Ich bekomme es kaum über die Lippen. Der Klos der sich in meinem Hals bildet ist so groß und schwer, dass ich Mühe habe, Luft zu holen. Tränen kommen über mich wie eine Sinnflut. Ich kann sie nicht mehr stoppen. Mein Körper erbebt und verursacht mir so nur noch mehr Schmerzen. Die dunkelhaarige dreht den Tropf weiter auf, und platziert anschließend eine Hand auf meinem Oberarm. »Sie sind in Sicherheit Miss Monroe. Schlafen sie jetzt ein bisschen, ich kümmere mich gut um sie«, redet sie leise auf mich ein. Ihre warmen Worte bewirken tatsächlich etwas. Die Müdigkeit ergreift Besitz von mir, was wohl von dem Medikamenten kommen muss, die sie mir verabreicht. Und trotzdem ist es das Gefühl von Verrat, das meine Glieder dominiert. Ich habe Timéo verraten damit den Mann verletzt, der mir etwas bedeutet hat. Ich wünschte ich könnte es rückgängig machen ...
Ich wünschte ich könnte dir sagen, wie viel du mir bedeutet hast.

King of Marseille | 18+Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt