James Owen x Carter

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- Lt. James Owen -

St. Lucia war eine wunderschöne Stadt, die mir bei jedem Besuch immer nur besser gefiel. Das klare blaue Wasser, die grünen Palmen und die intensiven Blüten in allen erdenklichen Farben, die sich hübsch vom feinen weißen Sand abhoben und mit dem klaren Himmel um die Wette strahlten.

Der Grund für meine regelmäßigen Besuche war weniger angenehm, denn als Lieutenant der West India Company im Auftrag der Britischen Krone Abgaben der lokalen Wirte und Händler einzutreiben, sorgte nicht unbedingt dafür, dass die Bewohner der Insel mich gerne sahen.

Mit langen Schritten schlenderte ich die Hauptstraße entlang, die vom Hafen in das Dorf führte, das den Großteil der Insel einnahm. Die ersten Blicke fanden meine dunkelblaue Uniform mit den goldenen Borten und beinahe augenblicklich prallte mir eine Mauer aus Argwohn und Ablehnung entgegen, die ich aber gekonnt ignorierte. Übung macht bekanntlich den Meister.

Die Sohlen meiner Stiefel machten kaum ein Geräusch auf dem weichen Sandboden, während ich zielsicher das Wirtshaus ansteuerte, das der Hauptgrund für meinen Besuch auf St. Lucia war - das Drunken Dolphin.

Es lag relativ zentral und war eine beliebte Absteige für Männer wie mich, die im offiziellen Dienst weniger offizielle Orte bevorzugten, und für Männer mit weniger offiziellen und vor allem weniger legalen Tätigkeiten.

Kaum dass ich durch den Türrahmen getreten war, wurde ich von einer Wolke aus Pfeifenrauch, Alkohol- und Essensgestank empfangen. Im schummrigen Inneren des Wirtshauses tummelten sich die zwielichtigsten Gestalten von ganz St. Lucia und alle musterten mich scharf, bevor sich wieder den laufenden Gesprächen zugewandt wurde.

Tief durchatmend bahnte ich mir einen Weg durch die Piraten und versuchte, eine Hand an meinem Säbelgriff zu halten, ohne dass es zu offensichtlich wurde.

Alles in mir war zum Zerreißen gespannt und nur mit Mühe konnte ich meine Nervosität verbergen - diese Männer waren wie Raubtiere, die nur auf ein Zeichen von Schwäche warteten. Das hatte ich oft genug mit eigenen Augen beobachten können und ich hatte nicht die Absicht, diesen Fehler ebenfalls zu machen.

Endlich am Tresen angekommen nickte ich der jungen Frau zu, die mit geschickten Händen Bier ausschenkte und die aufdringlichen Gäste in Schach hielt. Als sie meinen Blick und meine Uniform bemerkte, stellte sie den Krug beiseite und kam zu mir heran, während sie die Hände an ihrer Schürze abwischte.

„Was kann ich für Euch tun?", wollte sie mit einem schmalen Lächeln wissen. Ich spiegelte die Geste exakt, denn wir wussten beide, dass mein Anliegen weitaus unangenehmer war als alle Gäste hier im Wirtszimmer zusammen.

„Ich möchte mit Martha sprechen."

Das Mädchen nickte knapp und bedeutete mir zu warten, während sie in einem Hinterzimmer verschwand.

Seufzend lehnte ich mich mit dem Rücken an den Tresen, um den Raum im Auge behalten zu können. Wenn ich eines nicht gebrauchen konnte, dann war es ein vergiftetes Messer im Rücken.

Plötzlich spürte ich einen stechenden Blick im Nacken und als ich den Kopf drehte, fand ich mich in einem Blickduell mit einem finster aussehenden, kolossalen Glatzkopf, dessen Gesicht von unzähligen Narben entstellt war.

Verdammte -, schoss es mit durch den Kopf, während mein Körper panisch Alarmsignale absendete und ich mich instinktiv verspannte. Doch bevor irgendwas passieren konnte, kam das Mädchen wieder und winkte mich heran.

„Ihr sollt oben warten. Das zweite Zimmer links. Martha kommt sofort."

Ich bedankte mich höflich und drängte mich eilig durch den Raum, erleichtert, endlich dem drohenden, direkten Konflikt entgangen zu sein. Die knarzende Treppe führte mich in einen dunklen, aber leeren Gang und als ich wie angewiesen die zweite Tür links nahm, gelang ich in ein spärlich eingerichtetes, aber großzügiges Zimmer.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt