Archer x Emmett

473 20 2
                                    

- Emmett -

Heute war ein wirklich schöner Tag. Es wurde endlich langsam wieder wärmer, das Gras begann zu sprießen und Vogelgesang und der Geruch von Frühling lagen in der Luft. Hoffentlich waren die düsteren, klammen Wintertage bald nur noch Erinnerung.

Die Sohlen meiner Stiefel ließen die kleinen, hellen Kieselsteine knirschen, die die breiten Wege des Parks füllten. Es gefiel mir hier auf dem riesigen Anwesen meiner Cousine wirklich gut. Weil sie deutlich weiter südlich lebte als wir war es hier schon viel wärmer, die Natur viel weiter.

Das riesige, helle Gebäude in meinem Rücken durfte wohl zu Recht mit prachtvoll beschrieben werden. Man sah schon von außen, wie kunstvoll und luxuriös innen alles eingerichtet war. Und dann war da noch der Park - scheinbar endlose Wege, die sich träge durch Beete voller verschiedenster Zierpflanzen schlängelten, die erst noch ihre wahre Pracht entfalten wollten. Hinter jeder Ecke standen hohe, schneeweiße Marmorstatuen von hübschen Mädchen oder heldenhaften Kerlen, alle dem antiken Schönheitsbild nachempfunden. Das störte mich natürlich nicht, an der ein oder anderen Statue blieb ich sogar kurz stehen und bewunderte die perfekte Handarbeit, die jeden Muskel und jede Sehne naturgetreu nachgeahmt hatte.

Und dann war da noch der riesige Springbrunnen im Zentrum des Parks. Drei bronzene Pferdekörper wanden sich in einem kraftvollen, atemberaubenden Moment der ungezähmten Gewalt umeinander. Zwischen ihnen sprudelte klares Wasser hervor und brachte die Oberfläche des rötlichen Metalls im Sonnenlicht zum Glänzen.

Seufzend steckte ich das kleine Büchlein, das ich bis eben in der Hand gehalten hatte, in den Bund meiner Hose an meinem Rücken und beugte mich etwas vor, um mir kühles Wasser ins Gesicht zu spritzen. Irritiert musste ich jedoch innehalten, als ich ein leises Kichern hörte.

Kaum dass ich den Blick gehoben hatte, traf dieser auf meine kleine Nichte Marian, die mich mit einem kindlichen Grinsen musterte. Als ich fragend eine Augenbraue hob und mich unverrichteter Dinge wieder aufrichtete, kam sie einen Schritt näher. Ihr war anzusehen, dass sie gerade gerannt war - wahrscheinlich war sie mit den Hunden umhergetollt. Nichtsdestotrotz waren ihre Frisur und das zartrosa Kleidchen makellos.

"Das würde ich nicht machen, wenn ich du wäre", verriet sie mir geheimnisvoll und kicherte. Ich legte den Kopf schief und schmunzelte, als ich ihre Freude sah. "So, und warum nicht?"

Marian riss die Augen auf. "Mein Freund Geoffrey hat von dem Wasser ganz schlimmen Ausschlag bekommen. Sein Kindermädchen hat gesagt, dass das Metall von den Pferden das Wasser giftig macht."

Ich schwieg einen Moment und verarbeitete die Erkenntnis, dass mich gerade eine Sechsjährige vor einer Dummheit bewahrt hatte. Autsch. Aber ich lächelte dann doch und machte eine besonders tiefe Verbeugung. Als Marian daraufhin kichernd auf- und abhüpfte, summte ich zufrieden. Wusste ich doch, dass sie es toll fand, wenn das jemand machte.

"Danke, Marian."

Sie nickte und wollte schon umdrehen und davonschlendern, drehte dann aber doch noch einmal um, so schwungvoll, dass ihre rotblonden Locken flogen. Ihre Augen blitzten schelmisch.

"Weiter hinten ist ein Fluss, das Wasser da ist ganz klar."

Mit diesen Worten ging sie einfach. Nachdenklich sah ich ihr nach. Ich hatte mir eigentlich immer Geschwister gewünscht und sie gab mir einen kleinen Eindruck davon wie es wäre, eine kleine Schwester zu haben. Auch wenn ich mit meinen 26 Jahren sehr viel älter war als sie.

Ich zögerte einen Moment, traf dann aber einen Entschluss. Die Vorstellung von klarem, plätscherndem Flusswasser war zu verlockend und der Gedanke, ansonsten wieder ins riesige, stille Haus zu gehen, lange nicht so schön.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt