Levi x Maverick

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Er schlich sich in geduckter Haltung die schmale Gasse entlang, vermied mit erschreckender Geschicklichkeit, vom Glühen der Neonlichter verraten zu werden. Er war ein Schatten im Augenwinkel, der an der Wand tanzte, und sobald man genauer hinsah, war er verschwunden.

Sein Ziel lag nur wenige Meter entfernt. Leise klackend kam die Feuertreppe auf dem Asphalt auf, dann erzitterte sie unter seinem Gewicht und bot seinen geräuschlosen Schritten Halt. Er musste in den sechzehnten Stock, aber seine Ausdauer war gut. So gut, dass sich sein Brustkorb nicht einmal schneller hob, als er vorsichtig die Metalltür aufstemmte und im dunklen Gang dahinter verschwand.

Fließend glitt sein Blick über die Nummern der Apartments. Er suchte 16.23B. Die Tür, auf der diese Nummer prangte, sah genauso aus wie die anderen auch. Schwarz, schlicht, aber unmöglich, mit Gewalt zu durchdringen. Nicht ohne Grund verlangte dieser Gebäudekomplex die horrenden Mietpreise.

Sein Dietrich klirrte und entlockte ihm ein verärgertes Ausatmen. Fehler waren gefährlich - und unverzeihlich. Mit einem kleinen Aufatmen vernahm er schließlich das Klicken des Schlosses und drückte gegen das Metall, bis es geräuschlos nach innen aufschwang.

Ihn empfing ein breiter Gang, dessen silbrig gestrichene Wände die bunten Lichter der Stadt sanft reflektierten, die durch die riesige Fensterfront schienen. Wenn man so weit oben wohnte, konnte man sich den Luxus einer Glasfront erlauben - keiner würde da hindurchstiegen können.

Ansonsten brannte kein Licht und es war totenstill in dem Apartment. Er lehnte die Tür hinter sich an, dann drang er mit geschmeidigen Bewegungen weiter vor, öffnete vorsichtig jede Tür und lugte hinein.

Küche, Arbeitszimmer, Garderobe, Gästebad. All diese Zimmer waren nicht seine Priorität. Das, was er suchte, würde er im Schlafzimmer oder im Bad finden. Also ging er weiter. Er kam in das große Wohnzimmer, das in die offene Küche überging und sich über die gesamte Glasfront erstreckte.

Alles war in dunklem Grau und Schwarz gehalten, die einzigen Farben waren die Lichter von draußen. Das blaue Glühen am Rande der Glasfront ließ einen schwebenden Pool erahnen. Es gefiel ihm, auch wenn ihn irgendwas beunruhigte. Eilig entfernte er sich von den Fenstern und suchte weiter, bis er tatsächlich im Schlafzimmer stand.

Ein schneller Blick auf das bequem aussehende, schwarz bezogene Doppelbett lenkte ihn für einen Herzschlag ab. Dann wandte er sich den Nachttischen zu und beugte sich über diese. Routiniert durchsuchten seine Finger die Schubladen, ohne dass seine dünnen, schwarzen Handschuhe auch nur eine Spur hinterlassen hätten.

Gerade wollte er frustriert schnaufen, als sein Handrücken in der untersten Schublade gegen etwas stieß, das ein leises, metallisches Klingeln erzeugte. Sofort hielt er es gegen das Licht und inspizierte die Uhr.

Sie war aus Weißgold gefertigt, das Armband aus butterweichem Kuhleder und das Zifferblatt schimmerte in den Farben des Regenbogens. Er wusste, dass das Perlmutt der Schwarzen Perlen bereits zur Zeit der Herstellung der Uhr selten und teuer gewesen war, aber heute, nachdem die Perlen nirgends mehr zu finden waren, war dieses Schmuckstück unbezahlbar.

Und er wollte es unbedingt haben.

Zufrieden mit seinem Fang schlug er die Uhr sorgfältig in den Stofffetzen, den er dabei hatte und steckte sie dann in seinen kleinen Rucksack. So schnell wie er das Zimmer betreten hatte, hatte er es auch wieder verlassen.

Schon in der Gewissheit, in wenigen Sekunden aus dem Apartment und in wenigen Minuten nicht mehr auffindbar zu sein, durchquerte er das Wohnzimmer. Plötzlich erklang ein leises, unverkennbares Zischen.

Nur dank seiner ausgezeichneten Reflexe war es ihm möglich, rechtzeitig zu erstarren, um der Kugel zu entgehen, die nur Millimeter an seiner Wange vorbei zischte und mit einem dumpfen Geräusch in der Wand hinter ihm stecken blieb.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt