Misha x Rey (+Rob)

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Ich stolpere über die Schuhe, die vor meiner Haustüre stehen.

Schwarze Boots, wie die, die du bei unseren Treffen immer getragen hast, und die ich immer so lässig fand. Jedes Mal, wenn das Leder einen neuen Kratzer abbekommen hat, hast du gesagt, sie hätten dadurch nur noch mehr Charakter.

Seufzend schiebe ich die Schuhe beiseite und krame nach meinem Schlüssel, um meine Haustüre aufzuschließen. Meine Hände zittern und ich kann nicht verhindern, dass der Schlüsselbund scheppernd zu Boden fällt.

Mein Blick wird von dem einzigen Schlüsselanhänger angezogen, einer silbernen Schwalbe. Dein Lieblingstier, weil kein Vogel so frei und unbeschwert durch die Luft tanzen kann. Die Erinnerung an das Leuchten in deinen blauen Augen lässt mich hart schlucken.

Reiß dich zusammen!, denke ich, denn ich kann keinen sentimentalen Ausbruch gebrauchen. Mehr schlecht als recht gelange ich schließlich in meinen Flur und schließe die Tür hinter mir.

Es ist schon recht spät und die Abenddämmerung scheint durch die Fenster herein. Ich lege meinen Schlüssel auf die Ablage neben der Tür und horche auf das Klappern. Es ist das einzige Geräusch, das diese absolute Stille durchbricht.

Es ist genauso still, wie ich es war, als du mir gestanden hast, nicht über deinen Ex hinweg zu sein. Es sei nicht fair mir gegenüber, mir Hoffnung zu machen, hast du gesagt. Wie lange waren wir zusammen, Monate? Und du hast es erst dann gemerkt.

Ich betrete meine Küche und fülle mir ein Glas mit Wasser, das ich herunterstürze, um das Brennen in meinem Hals loszuwerden. Ich werde nicht weinen.

Denn weinen kann ich besonders gut. Ich habe es bewiesen, als wir zusammen auf der Hochzeit meiner Schwester waren. Ich habe es auch bewiesen, als du mich abserviert hast und heute habe ich es erneut bewiesen, als ich dich und deinen Ex Rob auf der Straße gesehen habe.

Es hat mich nur einen kurzen Blick gekostet, denn ich habe dich sofort wiedererkannt. Die Art, wie du den Kopf schief legst, wenn du lachst und deinen Arm um seine Schultern legst. Genauso hast du es bei mir gemacht.

Das Glas trifft mit einem Krachen meine Küchenzeile. Es springt und feine Risse zieren nun die durchsichtigen Wände.

So klischeehaft es auch klingen mag, ich spüre ähnliche Risse in meinem Inneren. Es gibt nur eine Sache, vor der ich wirklich Angst hatte: dem Gefühl, beiseite gestoßen zu werden, weil jemand anderes besser ist. Und du hast es wahr gemacht.

Mit einem Fluch auf den Lippen lasse ich das Glas in den Müll fallen und stapfe aus der Küche in mein Schlafzimmer.

Sofort holen mich die Erinnerungen ein. Die Stunden, die wir hier verbracht haben. Das Gefühl deiner Finger auf meiner Haut, der Geruch deines Shampoos in meinen Kissen und die Wärme deines Körpers an meinem.

Jetzt macht er genau dieselben Erinnerungen erneut. Hat es wirklich nur eine einzige Begegnung mit ihm gebraucht, um zu merken, dass unsere Beziehung keinen Wert mehr für dich hat?

Denn welchen Wert können Gefühle haben außer der Sicherheit, dass sie dem anderen auch etwas bedeuten? Mir entfährt ein Ächzen, weil mein Selbstmitleid mich wütend macht. Es war von Anfang an nicht erfolgversprechend. Wir waren nicht erfolgversprechend. 

Ich lasse mich in die Kissen fallen und atme tief durch. Der Hauch deines Parfüms ist nur Einbildung, so wie alles in unserer Beziehung. Zumindest von deiner Seite aus, richtig?

Entschlossen greife ich nach meinem Handy und wähle den einen Song aus, zu dem wir immer getanzt haben, wenn es einem von uns schlecht ging. Es geht um Herzschmerz und die Kraft weiterzumachen, ist das nicht Ironie?

Aber du bist nie mit meiner Ironie klargekommen, hast sie immer falsch verstanden. Wir haben wahrscheinlich nie wirklich zusammengepasst.

Ruhig lasse ich die Klänge auf mich wirken, lasse die letzten Monate Revue passieren und schließe die Augen. Als das Lied vorbei ist, schalte ich mein Smartphone aus.

Ich richte mich auf, atme tief durch und stehe auf. So, wie du es mir durch die Enttäuschung und die Hilflosigkeit beigebracht hast. Was auch passiert, ich kann wieder auf die Füße kommen und weitermachen.

Unsere Begegnung ist nichts, was mich ins Straucheln bringt. Nicht mehr. Ich bin entschlossen, aufrecht zu bleiben - frei und unabhängig wie eine Schwalbe.

Danke, Rey, dass du mir geholfen hast, das zu erkennen.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt