Dorian x Bentley II

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- Bentley -

Wenn mich jemand darauf angesprochen hätte, was genau in der Kantine passiert war, hätte ich außer eines irritierten Schulterzuckens wahrscheinlich nicht viel Sinnvolles zusammengekriegt. Die Tatsache, dass ich eine Art Pakt mit Dorian O'Laughlin geschlossen hatte, wollte einfach nicht in meinen Kopf. Wenigstens hatten wir uns auf gegenseitige Hilfe geeinigt, ansonsten wäre ich vor Scham durchgedreht.

Seitdem waren jetzt drei Tage vergangen. Ich hatte seine Nummer in meinen Kontakten immer wieder ungläubig angestarrt, mich krampfhaft auf den Unterricht und das Rugbytraining konzentriert und vehement jeden Versuch von Carmen, mich auf das Thema anzusprechen, blockiert. Sie meinte es zwar nur gut und machte sich Sorgen, aber mein Problem wurde nicht besser, wenn sie mich permanent damit konfrontierte.

Die Kante des Plastikkastens, den ich gerade über den Sportplatz schleppte, schnitt schmerzhaft in meine Finger ein und mir entschlüpfte ein grimmiges Ächzen, als er wegrutschte und ich ihn nur gerade noch so an der oberen Kante erwischte, bevor er zu Boden fallen und die Bälle überallhin springen konnten.

"Du liebe Zeit, das sieht lebensgefährlich aus, Moore", ertönte plötzlich eine tiefe Stimme hinter mir. Überrascht warf ich einen Blick über die Schulter und erkannte Dorian, der entspannt auf mich zu geschlendert kam. Auch heute trug er keine Schuluniform, sondern stattdessen eine helle Jeans, dazu seine schwarzen Boots und die Beanie und lediglich ein Flanellhemd mit rotem Muster.

Er blinzelte mich gegen die Sonne an und grinste schief. Wie auf Kommando fühlte ich mir die Röte in die Wangen steigen und ich wandte schnell frustriert den Blick ab. "Lebensgefährlich nicht, aber definitiv eine körperliche Gefahr", gab ich zu und schnaubte.

Dorian kam neben mir zum Stehen, die Hände lässig in den hinteren Hosentaschen. Im Sonnenlicht blitzten seine grünen Augen wie Smaragde, als er gegen die Helligkeit blinzelte. Erst jetzt fiel mir ein, dass schon Freitag war und ich dementsprechend morgen mit ihm Putz-Dienst hatte.

Ich würde es nicht zugeben, aber ich freute mich tatsächlich ein bisschen darauf. Zum Einen wollte ich Dorian helfen, weil er sofort einverstanden gewesen war, mir zu helfen und das, obwohl ich ihm angesehen hatte, dass er wusste, wie schlecht alle - und ich leider auch - von ihm redeten. Zum Anderen mochte ich ihn doch mehr als erwartet und ich wollte Zeit mit ihm verbringen. Vielleicht würde aus diesem ganzen Drama ja sogar eine Freundschaft werden.

Ich setzte die Box mit den Bällen ab und massierte mit schmerzverzerrtem Gesicht  meine Handflächen, während Dorian leise lachte. Das hatte er am Montag schon einmal gemacht und auch dieses Mal jagte mir der leise Laut eine angenehme Gänsehaut über den Rücken.

Seufzend stemmte ich die Hände in die Hüften und musterte ihn. "Wo soll ich morgen hinkommen? Und wann?" Aber Dorian schnaubte, ein erheitertes Glitzern in den Augen. "Bentley, glaubst du ernsthaft, ich lasse dich in Vorleistung gehen, wenn ich derjenige bin, der dir Hilfe angeboten hat? Ich bin hier, um dir deine erste 'Tricks-zum-Entzug-Stunde' zu geben."

Überrascht blinzelte ich ihn an. Dann entschlüpfte mir das Erste, was mir in den Sinn kam: "Der Name ist behindert."

Er lachte, diesmal laut. "Gut, dann überleg dir halt was anderes. Aber du solltest dich vielleicht umziehen, während du überlegst. Ich glaube nicht, dass du damit-", er deutete auf meine Rugby-Uniform, "besonders gut aufgestellt bist."

Augenrollend hievte ich die Bällekiste wieder hoch und marschierte an ihm vorbei. Doch anstatt einfach auf mich zu warten, setzte Dorian sich in Bewegung und folgte mir mit seinen großen, schwingenden Schritten. Leider Gottes war mir seine Anwesenheit durchaus bewusst und ein guter Teil meiner Aufmerksamkeit ging für ihn drauf.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt