David x Rick

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Seufzend reibt David sich die Augen.

Er fährt jetzt schon seit vier Stunden und wegen des Schneesturms, der sich über ganz England ausgebreitet hat, ist er immer noch nicht Zuhause. Mittlerweile kann er das Gähnen, das ihn alle paar Minuten überkommt, gar nicht mehr unterdrücken.

Warum muss ich auch am anderen Ende des Landes leben, denkt er mit einer Mischung aus Verzweiflung und Erheiterung. Nur er kann es fertigbringen, für die Strecke von London nach York fast die doppelte Zeit zu brauchen.

Neben David hupt jemand wutentbrannt und ein wahres Konzert bricht aus, während die fallenden dicken Schneeflocken die roten Bremslichter der eingeschneiten Fahrzeuge reflektieren. Der Verkehr am 24. Dezember ist mal wieder die Hölle.

Während das Radio fröhlich immer dieselben Weihnachtslieder vor sich hin dudelt, lässt David seine Gedanken zu dem wandern, was ihn Zuhause bei seinen Eltern erwarten wird.

Seit Jahren hat er nicht mehr mit ihnen Weihnachten gefeiert, weil ihm die erwartungsvollen und zum Teil sogar bedauernden Blicke immer das Gefühl gegeben haben, dass er etwas falsch gemacht hat.

Dabei ist es genau das Gegenteil. Während sein Bruder Harry immer noch in York lebt und sich von einem kleinen Job zum nächsten hangelt, arbeitet David schon seit Jahren bei einer Agentur, die weltweit Dienstleister an Firmen vermittelt.

Ein Job, der ihm nicht nur Spaß und ein gutes Einkommen bereitet, sondern auch etwas bietet, das er in seiner Heimat York nie finden wird:

Abwechslung.

Endlich setzt sich die Autoschlange vor ihm wieder in Bewegung und David lässt seinen dunkelblauen Sportwagen langsam los rollen. Er genießt das leise Wummern des Motors unter sich, das Gefühl, völlig frei zu sein.

...

Als er weitere zwei Stunden später auf die Auffahrt seines Elternhauses fährt, liegen mindestens dreißig Zentimeter Schnee. Das große, hellgelbe Haus ist mit grünen Girlanden und roten Schleifen samt unzähligen warmen Lichtern geschmückt - ein Zeichen dafür, dass seine Mutter mal wieder am Werk war.

Ein letztes Mal atmet David tief durch, überprüft den Sitz seiner dunkelblonden Haare, dann schnappt er sich die Tüte mit seinen Geschenken und drückt die Autotür auf. Eisige Kälte umhüllt ihn und lässt seinen Atem kleine Wölkchen vor seinen Lippen bilden.

Heilige Scheiße, wieso sind es hier zehn Grad weniger?!, schimpft David innerlich, während er mit großen Schritten zur Haustür eilt und klingelt. Keine zwei Minuten später hört er Schritte und die Tür wird aufgerissen, nur damit die strahlenden Gesichter seiner Eltern zum Vorschein kommen können.

"David! Du hast es geschafft!", ruft seine Mum freudig aus und zieht ihn gleich in eine herzliche Umarmung. Zur Feier des Tages hat sie ein elegantes, dunkelrotes Kleid an, das farblich auf die Krawatte seines Vaters abgestimmt ist.

Kaum dass David sich aus ihrer Umarmung gelöst hat, packt ihn dieser und drückt ihn ebenfalls an sich. "Schön, dich wiederzusehen, Sohn. Wir haben uns schon alle auf dich gefreut."

"Alle? Wer ist denn schon da?", fragt David irritiert, seinem Ton ist deutlich anzuhören, dass er Angst vor der Antwort hat, die sogleich kommt:

"Alle."

Es bleibt gar keine Zeit mehr für mentale Zusammenbrüche, da wird David schon ins Wohnzimmer geschleift, wo mindestens vierzig Mann dicht an dicht gedrängt stehen und plaudern. Alles ist wunderschön geschmückt und auch den Leuten ist die Weihnachtsstimmung anzusehen.

Sein Vater hat tatsächlich recht gehabt, in diesem Raum befindet sich alles an Verwandtschaft, was von ihrer Familie noch übrig ist. Ein wenig gequält richtet David den Kragen seines eleganten, dunkelgrauen Hemdes und stürzt sich in die Fluten an Begrüßungen und belanglosen Fragen, die er ausnahmslos mit einem freundlichen Lächeln und einer Gegenfrage beantwortet.

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt