Drosselbart

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Mein Name ist Laurent Maxime Delacroix. Ich bin der einzige Sohn von Gérard Louis Delacroix, dem vermögendsten Weingutsbesitzer in ganz Frankreich.

Und auch wenn ich schon zweiunddreißig Jahre alt bin, hält er ich immer noch für den kleinen, unerzogenen Bengel, für den er alle Entscheidungen treffen muss.

Ansonsten wäre meine aktuelle Situation undenkbar, ja beinahe irrwitzig.

Ich stehe auf der grünen Gartenfläche unseres Landgutes, ein Glas leichten Weißweins in der Hand und umringt von Männern in teuren Anzügen und mit professionellen, charmanten Lächeln, die alle die Position des COO, also mehr oder weniger meines Partners, in unserem Unternehmen haben wollen.

Es regt meinen Vater ungemein auf, dass ich mich vehement dagegen wehre, mir einen Partner zu suchen, obwohl wir so schnell so stark expandiert haben, dass es dringend nötig wäre, weil ich alleine nicht genug Stunden pro Tag habe, um mit allen Verpflichtungen fertig zu werden.

Mein Vater selbst hat beschlossen, sich nur noch um Luxusprobleme wie „Welche Rebe eignet sich am besten für eine Neukreation?", „Welches Etikett passt wohl besser zum Geschmack?" und „Welche Werbeagentur trifft unseren Stil am besten?" zu kümmern.

Deshalb stehen wir jetzt hier, weil mein Vater den Job und meine friedliche Existenz einfach verschachern möchte. Mehr oder weniger, denn er hat einfach alle Interessenten, die infrage kommen, zum Abendessen antanzen lassen und ich soll mir „einen raussuchen".

Wenn ich es nicht tue, dann wird er es tun, das hat er mehr als deutlich gemacht.

Dementsprechend unterirdisch ist auch meine Laune, denn wenn ich eines nicht ausstehen kann, dann ist es, Vorschriften, Befehle und Ultimaten zu bekommen.

„Laurent, das ist Jacques Bernard."

„Es freut mich wirklich sehr, Monsieur Delacroix", ereifert sich der junge Kerl mit aalglatt zurückfrisierten Haaren. Seine Hand ist unangenehm warm, als ich sie der Höflichkeit wegen drücke.

Mein Vater fixiert mich mit einem warnenden Blick, doch da habe ich schon den Mund aufgemacht:

„Es freut mich, dass es Sie freut, Monsieur, aber das war's auch schon." Sein verdattertes Gesicht bereitet mir eine diebische Freude, sodass ich die peinliche Stille nutze und weitermache:

„Nur ein kleiner Tipp: Weder die schmierigen Haare, noch das überzogene Grinsen noch der überaus unangenehme Händedruck werden Ihnen jemals einen Gefallen im Leben tun. Monsieur, Papa", mit diesen Worten und einem kleinen, heimlichen Grinsen mache ich, dass ich aus dem Staub komme.

Monsieur Bernard ist nämlich nicht der erste, dem ich offen ins Gesicht gesagt habe, wie wenig ich von ihm halte. Freunde mache ich mir damit nicht, bien sûre, aber das ist auch nicht meine Intention.

Ich möchte keinen COO slash Babysitter slash Papa's Spion slash Jemand, der mir in die Arbeit funkt, die ich wirklich gut mache.

Eine Weile habe ich meine Ruhe und kann die frühlingshafte Natur unseres Gartens bewundern, während mein Vater wahrscheinlich versucht, die Wogen zu glätten.

Dann plötzlich höre ich meinen Namen und sehe, wie er mich mit eiskalter Miene zu sich winkt. Bei ihm steht ein weiterer Anzugträger, diesmal aber mit dem Rücken zu mir. Was ich sehe ist durchaus ansehnlich, aber ich caste ja schließlich kein Model.

„Ja, Papa?", frage ich zuckersüß und mit einem schiefen Lächeln, von dem ich weiß, dass es Leuten die Knie weich werden lässt.

„Sohn, Alexandre Dumas ist einzig für dieses Treffen aus dem Privaturlaub zurück nach Frankreich gekommen. Also bitte sei höflich."

Waves - Oneshots BoyxBoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt