Ep 16 - Hong Joong

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Trigger Warnung
sexueller Missbrauch/Gewalt
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10 Jahre zuvor

Mit meinem Privatlehrer saß ich am Esstisch. Seit einer halben Stunde rutschte er mir auf die Pelle. Ununterbrochen streichelte er meinen Oberschenkel. Ich sagte nichts, die Angst lähmte mich. Stattdessen konzentrierte ich mich auf die Grammatikaufgaben. Dies tat er nicht zum ersten Mal.
Heftig zuckte ich zusammen, als er mir in den Schritt fasste. Allerdings war ich zu perplex, um mich zu wehren. Mein Herz raste, sodass es in meinen Ohren rauschte.
An meinem Hals küsste er mich, kaute an meinem Ohrläppchen.
>> Du bist sooooo süß <<, flüsterte er.
Flink schlüpfte er mit der Hand unter den Bund meiner Joggers; es dauerte nicht lange, bis er dies bei meinen Briefs ebenfalls tat. Mir wurde speiübel. Er tastete sich vor zu meinem Penis und rieb an diesem. Leise stöhnte er auf.
Ich konnte mich nicht bewegen, ich befand mich in einer Art Trance. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie er mich mit einem Lächeln musterte. Noch vier Jahre musste ich ihn ertragen, dann war ich volljährig und benötigte keinen Unterricht mehr. Danach durfte ich auf eine richtige Uni.
Ich freute mich zu früh, als er seine Hand entfernte, denn er setzte sich auf meinen Schoß mit dem Gesicht in meine Richtung. Fest presste er seine Lippen auf meine. Den Kuss erwiderte ich nicht. Schnell hatte ich gelernt, dies nicht zu tun, da es ihn umso mehr aufgeilte. Es ekelte mich an, seine Erregung zu spüren. Nichts brachte ihn aus der Ruhe. Keine Bedienstete, nicht mal mein Vater. Nur vor einer Person hegte er Angst; meine Mutter. Aber er war sich so sicher, dass niemand hier hereinplatzte, weil jeder wusste, ich wurde unterrichtet.
Wie jedes Mal dissoziierte ich. Weit träumte ich mich weg. Aufs Meer. Zusammen mit Onkel Jack und meinen Freunden. Jay, Seth, Matty und Callum. Durch meinen Onkel hatte ich sie kennengelernt, da deren Väter in der Hafenstadt wohnten, wo Jacks Schiff parkte. Ich roch die Luft und versuchte, mich zu erinnern, wie mir diese durchs Haar wehte. Gedanklich breitete ich die Arme aus und schaute ins Meer. Ich lief übers Schiff, beobachtete Tiere-
Heftig zuckte ich zusammen, als seine kalte Hand meinen Oberkörper berührte. Ich atmete unkontrolliert, hyperventilierte fast. Sosehr hatte er mich hinaus gerissen. Unter meinen Lidern prickelten Tränen.
Plötzlich verharrte er. Vor der Tür ertönten Schritte. Stöckelschuhe. Meine Mutter. Nicht mal fünf Sekunden benötigte er, um von mir runter zu klettern. Das zeigte nur, wie viel Übung er hatte. Dennoch ließ er sich nicht nehmen, mir ein zweites Mal in den Schritt zu fassen. Ich zuckte zusammen.
Sobald die Türklinke hinabsank, fing er an, Grammatikregeln hinunter zu beten. Meine Mutter trat an den Tisch, ihr Blick schweifte von ihm zu mir und dann wieder zu ihm. In ihrem Gesicht erkannte ich, dass sie angeekelt war. Manchmal fragte ich mich, ob sie wusste, was während dem Unterricht ablief.
>> Reicht das nicht für heute? <<, fragte sie, was mehr nach einer Feststellung klang.
>> Klar <<
Prompt sprang ich auf, nachdem mein Lehrer dies gesagt hatte, und verschwand im Hausflur. Aus der Hosentasche zerrte ich mein Handy und wählte Elos Chat. Mit jemandem musste ich reden.
>> Können wir uns in einer halben Stunde im Coffee Shop treffen? <<
Obwohl er die Nachricht nicht las, verschwand ich in meinem Zimmer, um mich umzuziehen. Schon öfter hatte ich ihm Nachrichten geschrieben und er war immer aufgetaucht. Er war einer der Wenigen, dem ich vertrauen konnte. Ich wusste, dass er mir nicht wehtat.
Schnell zog ich mir irgendwas über und verließ den Palast. Keiner fragte, was ich tat, weil es allen egal war.
Auf der Bank an der Bushaltestelle ließ ich mich nieder und scrollte wahllos durch mein Handy. In der Leiste blinkte eine Nachricht auf. Elo. Einfach nur ein Okay. Ein ekliges Gefühl durchzuckte meinen Magen. Tief nistete es sich ein und wuchs immer größer heran. Bestimmt ging ich ihm auf die Nerven. Schon dreimal diese Woche hatte ich ihn darum gebeten.
Sobald der Bus in Sicht war, richtete ich mich auf und wartete, bis er zum Stehen kam. Ich scannte den QR-Code am Handy und ließ mich auf einem Platz Nähe der Tür nieder. Insgesamt fünf Stationen fuhr ich.
Als ich im Coffee Shop eintraf, war von Elo weit und breit keine Spur. Ich bestellte einen Smoothie und wählte einen Platz mit Sofa aus. Hier saß ich am Liebsten.
Verbissen klammerte ich mich an meinen Becher, als Elo bereits eine Viertelstunde zu spät war. Gerade, als ich beschloss zu gehen, kam er die Tür hinein. Statt seinem weißen Gewand trug er heute legere Jeans, Rollkragenpulli und eine Baseballjacke drüber. Kurz blickte er sich um, bis er mich entdeckte und die Stufen zum Platz hinauf stieg. Allein an seinem Gesichtsausdruck konnte ich sagen, dass er genervt war. Trotzdem war er umwerfend schön; ich spürte, dass mir Wärme in die Wangen kroch.
>> Jonah <<, sagte er leise. >> Das geht nicht. << Ein riesiger Ball türmte sich in meinem Magen auf. >> Du kannst mich nicht ständig herbeordern, wenn du nach Lust und Laune mit mir reden willst. Ich unterhalte mich gerne mit dir, aber du hast doch auch Freunde. Wenn du nichts zu tun hast- <<
Ich weiß, meine Reaktion war kindisch, aber ich knallte den Plastikbecher auf den Tisch und ging. Auf schnellstem Wege verließ ich den Coffee Shop und rannte Richtung Promenade. Mein Herz raste.
Auf einer Bank, die versteckt unter einer Brücke lag, ließ ich mich nieder. Durch Atemübungen und das Hinausschauen aufs Meer versuchte ich, mich zu beruhigen, aber es half nicht. Mit den Händen schirmte ich mein Gesicht ab und begann zu weinen. Es tat weh. Alles. Ich hasste mein Leben. Mein Vater interessierte sich erst für mich, wenn ich etwas leistete. Der Privatlehrer, welcher mich sexuell missbrauchte. Und nun auch Elo. Er war nur nett zu mir, weil es sein Job war.
Tief beugte ich mich hinunter und rieb mir über die Augen. Zwischen den Fingern fielen mir schwarze Sneakers auf. Prompt blickte ich hoch und sah Elo, der mich besorgt musterte.
Ich stand auf und wollte erneut wegrennen, aber er war schneller. Am Handgelenk packte er mich und zerrte mich zu sich in eine Umarmung. Automatisch zuckte ich zusammen, als er meine Taille mit seinem Arm streifte. Andere Bilder drängten sich in meinen Kopf. Der Privatlehrer, welcher mich-
>> Lass mich los <<, schrie ich, >> Lass mich los. <<
Unermüdlich strampelte ich herum, bis ich mich losriss. Sorge las ich in seinem Gesicht. Er streckte die Hand nach mir aus, aber ich wich zurück.
>> Jonah <<, sagte er ruhig. >> Atme tief ein und aus. <<
Zwar versuchte ich es, aber mir schlug mein Herz bis in den Hals, dass ich mich nicht auf etwas anderes konzentrieren konnte.
Er setzte sich auf die Bank und klopfte neben sich. Eine Armlänge nahm ich Abstand von ihm.
>> Was ist los? <<
Mir lag es auf der Zunge, aber ich schwieg. Es war schwierig, darüber zu sprechen. Außerdem hatte ich nicht das Gefühl, dass er es verstehen würde. Keine Ahnung. Ich war durcheinander. Irgendwie sah ich ihn nicht mehr so wie noch vor drei Jahren. Jedes Mal, wenn ich ihn anguckte, raste mein Herz. Ich bewunderte seine Schönheit. Ständig dachte ich über ihn nach. Ich war traurig, wenn er nicht in meiner Nähe war.
>> Jonah << Heftig zuckte ich zusammen, er hatte mich aus meinen Gedanken gerissen. >> Was ich dir eben sagen wollte; ich habe einfach nicht die Zeit, mich in deiner Freizeit mit dir zu treffen. Ich arbeite im Krankenhaus und du bist nicht der Einzige, über den ich wache. <<
Etwas bohrte sich tief in mein Herz. Für ihn war ich nur ein Job. Tränen bildeten sich erneut, die ich versuchte, wegzublinzeln. Im Augenwinkel merkte ich, dass er mir ein Stück näher rutschte.
>> Das heißt nicht, dass du mir egal bist. << Ich blickte hinunter, unsere Hände waren keinen Millimeter mehr voneinander entfernt. >> Aber mein ganzes Leben dreht sich nicht allein um dich. <<
Es fühlte sich an, als hätte er mir einen Korb gegeben, ohne dass ich ihn nach einen Date gefragt hatte. Jonah, schrie ich mich innerlich an, wie absurd.
Ich schaute zu ihm hoch. Mir kreiste der Kopf und ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Noch ein bisschen rückte er mir näher und sobald er den Arm um meine Schultern legte, versetzte sich mein Körper in eine Fluchtreaktion. Ich stieß ihn von mir weg. Meine Hände und Beine zitterten, mein Atem ging hektisch. Dann weinte ich erneut. Still saß Elo neben mir und beobachtete mich.
>> Was ist passiert? <<, fragte er nach einer Weile. >> Du hattest es noch nie gemocht, wenn ich dich umarmt hatte, aber diese Reaktion hattest du auch noch nicht gezeigt. Und ich mache mir Sorgen. <<
Leer blickte ich ihn an und richtete mich auf. Ich konnte es nicht über mich bringen. Schnell folgte er mir. Seine Pupillen zuckten nervös von rechts nach links.
>> Sprich mit mir. <<
>> Tut mir leid <<, erwiderte ich bloß. >> Ich- Ich kann nicht. <<
Ich stapfte durch den Sand davon und suchte nach der nächsten Bushaltestelle.

The Pirate's PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt